Nahost, Ukraine, Sudan

Friedensnobelpreis: Anti-Atomwaffen-Organisation ausgezeichnet

  • Christian Stör
    VonChristian Stör
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Er ist die renommierteste politische Auszeichnung weltweit: Der Friedensnobelpreis 2024 geht an eine japanische Organisation.

Update, 11.35 Uhr: Die japanische Anti-Atomwaffen-Organisation Nihon Hidankyo wird mit dem diesjährigen Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Die Gruppe von Überlebenden der Atombombenabwürfe über Hiroshima und Nagasaki wird für ihren Kampf für eine atomwaffenfreie Welt geehrt, wie das Nobelkomitee in Oslo verkündete. Mit ihren Augenzeugenberichten verbreiteten die Überlebenden die Botschaft, „dass Atomwaffen nie wieder eingesetzt werden dürfen“. Man habe die Organisation noch nicht erreichen können, um ihr von ihrer Auszeichnung zu berichten, sagte der neue Vorsitzende des Komitees, Jørgen Watne Frydnes, bei der Preisbekanntgabe.

Japanische Kämpfer gegen Atomwaffen bekommen den diesjährigen Friedensnobelpreis (Archivbild)

Update, 11.02 Uhr: Der Friedensnobelpreis 2024 geht an die japanische Organisation Nihon Hidankyo. Diese Grassroots-Bewegung von Überlebenden der Atombombenabwürfe aus Hiroshima und Nagasaki, auch bekannt als Hibakusha, erhält den Friedenspreis für ihren Einsatz für eine atomwaffenfreie Welt und dafür, dass sie durch Zeugenaussagen demonstriert, dass Atomwaffen nie wieder eingesetzt werden dürfen.

Friedensnobelpreis wird in Norwegens Hauptstadt Oslo vergeben

Update, 10.50 Uhr: Der Friedensnobelpreis ist der einzige der Nobelpreise, der nicht in der schwedischen Hauptstadt Stockholm, sondern in Norwegens Hauptstadt Oslo vergeben wird. Dotiert sind die Auszeichnungen mit umgerechnet knapp 970.000 Euro. Die feierliche Übergabe findet am 10. Dezember statt, dem Todestag von Dynamit-Erfinder und Preisstifter Alfred Nobel (1833 bis 1896).

Update, 10.00 Uhr: Der Friedensnobelpreis gilt als die angesehenste politische Auszeichnung der Welt. Er wurde 1901 erstmals vergeben an den Schweizer Henri Dunant und den französischen Pazifisten Frederic Passy. Dunant gründete das Internationale Komitee vom Roten Kreuz. Berühmte Träger des Friedensnobelpreises waren unter anderen Nelson Mandela (1993), Willy Brandt (1971), Mutter Teresa (1979) und Albert Schweitzer (1952).

Wer kommt für den Friedensnobelpreis 2024 infrage

Update, 8.55 Uhr: Als weitere mögliche Anwärter auf den Friedensnobelpreis wurden im Vorfeld die palästinensische Menschenrechtsorganisation Al-Haq und die israelische Menschenrechtsgruppe B‘Tselem gehandelt. Auch UN-Generalsekretär António Guterres wird zu den Favoriten auf den Friedensnobelpreis gezählt.

Der Direktor des Osloer Friedensforschungsinstituts Prio, Henrik Urdal, hat vor allem internationale Institutionen auf seiner Favoritenliste stehen: außer dem BDIMR-Büro der OSZE, der ERR-Initiative, dem UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA mit Generalkommissar Philippe Lazzarini und dem IGH auch noch die Unesco und den Europarat.

Wer den Friedensnobelpreis 2024 erhalten könnte – die Favoriten

Update, 7.52 Uhr: Die Shortlist der möglichen Preisträger des Friedensnobelpreises 2024 bleibt weiter streng geheim. Doch Wettanbieter haben bereits einen klaren Favoriten: Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine und aktuell auf Staatsbesuch in Berlin. Insgesamt liegen dem Komitee in Oslo 286 Nominierungen vor, 89 davon sind Organisationen. Laut dem Time Magazine gibt es neben Selenskyj folgende weitere Favoriten:

  • Das Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte der OSZE (BDIMR)
  • Die Freiwilligen-Initiative Emergency Response Rooms (ERRs) aus dem Sudan
  • Der Internationale Gerichtshof (IGH)
  • Philippe Lazzarini, Leiter des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten
  • Swetlana Tichanowskaja, Oppositionspolitikerin in Belarus
  • Ilham Tohti, Uigure, Menschenrechtler und Regierungskritiker aus der Volksrepublik China
  • Greta Thunberg, Umweltaktivistin

Update vom 11. Oktober, 5.20 Uhr: Das Nobelkomitee in Oslo gibt heute um 11.00 Uhr bekannt, wer in diesem Jahr den Friedensnobelpreis erhält. Die Bekanntgabe findet inmitten einer Zeit besonders zahlreicher Kriege und Konflikte in der Welt statt. In diesem Jahr hat das Komitee 286 Kandidatinnen und Kandidaten dafür in Erwägung gezogen, davon 197 Einzelpersonen und 89 Organisationen.

Berit Reiss-Andersen, Leiterin des Friedensnobelpreises, bei der Verleihung 2023. (Archivbild)

In Kriegszeiten: Bekanntgabe des Friedensnobelpreises

Erstmeldung vom 10. Oktober: Oslo – Die Auszeichnung der Friedensnobelpreisträger des Jahres 1994 war mit großen Hoffnungen verbunden. Mit dem Abschluss des Osloer Abkommens und dessen Umsetzung hätten Palästinenserführer Jassir Arafat und die israelischen Politiker Schimon Peres und Izchak Rabin „wesentliche Beiträge zu einem historischen Prozess“ im Nahostkonflikt geleistet, durch den „Krieg und Hass“ durch „Frieden und Zusammenarbeit“ ersetzt werden könnten, verkündete das norwegische Nobelkomitee damals voller Zuversicht. 

Im Sinne des Testaments von Preisstifter Alfred Nobel (1833-1896) würdigte das Komitee den großen Mut der führenden palästinensischen und israelischen Politiker der damaligen Zeit. Sie hätten neue Möglichkeiten im Krieg in Israel für eine Art von Verbrüderung im Nahen Osten geschaffen hätten. „Es ist die Hoffnung des Komitees, dass der Preis all den Israelis und Palästinensern als eine Ermutigung dienen wird, die sich für einen anhaltenden Frieden in der Region einsetzen“, hieß es damals in Oslo.

Vor Friedensnobelpreis: Frieden im Nahen Osten in weiter Ferne

30 Jahre später ist diese Hoffnung auf Frieden erloschen. Infolge des Terrorangriffs der Hamas auf Israel herrschen in der Region erneut Krieg und Blutvergießen. Und vor der Bekanntgabe des diesjährigen Friedensnobelpreisträgers an diesem Freitag (11. Oktober) scheint ein Ende des Nahostkonflikts wieder in ganz weiter Ferne.

Bilder zeigen, wie der Krieg in Israel das Land verändert

Massive Raketenangriffe aus Gazastreifen auf Israel
Am 7. Oktober 2023 feuern militante Palästinenser aus dem Gazastreifen Raketen auf Israel ab. Die im Gazastreifen herrschende islamistische Hamas, die von Israel, der EU und den USA als Terrororganisation eingestuft wird, hatte den Beginn einer „Militäroperation“ gegen Israel verkündet. © Hatem Moussa/ dpa
Massive Raketenangriffe aus Gazastreifen auf Israel
Nach einem Raketenangriff aus dem Gazastreifen ist Rauch aus einem Wohnhaus zu sehen.  © Ilia Yefimovich/ dpa
Israelischer Soldat mit Hund im Israel Krieg
Ein israelischer Soldat geht mit seinem Hund zwischen Autos in Deckung.  © Ohad Zwigenberg/ dpa
Israelische Polizisten evakuieren Frau und Kind im Israel Krieg
Israelische Polizisten evakuieren eine Frau und ein Kind von einem Ort, der von einer aus dem Gazastreifen abgefeuerten Rakete getroffen wurde. © Tsafrir Abayov/ dpa
Militante Palästinenser fahren im Israel Krieg mit einem Pickup, auf dem womöglich eine entführte deutsch-israelische Frau zu sehen ist.
Militante Palästinenser fahren mit einem Pickup, auf dem möglicherweise eine deutsch-israelische Frau zu sehen ist, in den Gazastreifen zurück. Die islamistische Hamas hatte mitgeteilt, ihre Mitglieder hätten einige Israelis in den Gazastreifen entführt. © Ali Mahmud/ dpa
Massive Raketenangriffe aus Gazastreifen auf Israel
Angehörige der Feuerwehr versuchen, nach einem Raketenangriff aus dem Gazastreifen das Feuer auf Autos zu löschen. © Ilia Yefimovich/ dpa
Menschen suchen in Trümmern nach Überlebenden nach massive Raketenangriffen aus Gazastreifen auf Israel.
Menschen suchen zwischen den Trümmern eines bei einem israelischen Luftangriff zerstörten Hauses nach Überlebenden.  © Omar Ashtawy/ dpa
Verlassene Stätte des Festivals Supernova nach dem Angriff der Hamas
Bei dem Rave-Musikfestivals Supernova im israelischen Kibbuz Re’im sterben rund 270 Besucher:innen. So sieht die verlassene Stätte nach dem Angriff aus.  © JACK GUEZ / AFP
Feiernde Palästinenser nach Angriff der Hamas auf Israel
Palästinenserinnen und Palästinenser feiern in Nablus nach der großen Militäroperation, die die Al-Qassam-Brigaden, der militärische Flügel der Hamas, gegen Israel gestartet haben.  © Ayman Nobani/ dpa
Hamas-Großangriff auf Israel - Gaza-Stadt
Das israelische Militär entgegnete mit dem Beschuss von Zielen der Hamas im Gazastreifen. Nach einem Angriff steigen bei einem Hochhaus in Gaza Rauch und Flammen auf. © Bashar Taleb/ dpa
Mann weint in Gaza bei Israel Krieg
Ein Mann umarmt einen Familienangehörigen im palästinensischen Gebiet und weint.  © Saher Alghorra/ dpa
Israelischer Soldat im Israel Krieg steht neben Frau
Am 8. Oktober beziehen israelische Soldaten Stellung in der Nähe einer Polizeistation, die am Tag zuvor von Hamas-Kämpfern überrannt wurde. Israelische Einsatzkräfte haben dort nach einem Medienbericht bei Gefechten in der an den Gazastreifen grenzenden Stadt Sderot mehrere mutmaßliche Hamas-Angehörige getötet. © Ilan Assayag/ dpa
Nach Hamas Großangriff - Sa'ad
Israelische Streitkräfte patrouillieren in Gebieten entlang der Grenze zwischen Israel und Gaza, während die Kämpfe zwischen israelischen Truppen und islamistischen Hamas-Kämpfern weitergehen. © Ilia Yefimovich/ dpa
Palästinensisches Kind in einer Schule, die im Israel Krieg als Schutz dient
Ein palästinensisches Kind steht auf dem Balkon einer Schule, die von den Vereinten Nationen betrieben wird und während des Konfliktes als Schutzort dient.  © Mohammed Talatene/ dpa

Nun ist kein Konflikt, so komplex er auch sein mag, unlösbar. „Frieden ist eine Frage des Willens. Alle Konflikte können beigelegt werden, und es gibt keine Entschuldigung dafür, sie ewig währen zu lassen“, sagte der finnische Friedensnobelpreisträger Martti Ahtisaari 2008 in seiner Nobelvorlesung. Für Frieden braucht es jedoch eine andere Politik in Israel und in seinen Nachbarstaaten. Und Politiker, die – in den Worten des damals zuständigen Komiteevorsitzenden Francis Sejersted über Arafat, Peres und Rabin – stark genug sind, um aus dem Teufelskreis aus Hass und Gewalt auszubrechen und einen Weg zur Versöhnung aufzuzeigen.

Friedensnobelpreis für Arafat, Peres und Rabin hält Friedensforscher rückblickend für gerechtfertigt

Bereitschaft dafür gebe es derzeit aber auf keiner Seite, sagt der Direktor des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri, Dan Smith. Um eine friedliche Koexistenz zu schaffen, brauche es grundlegenden Respekt füreinander und auch Führungen, die sich zusammen an einen Tisch setzen und auf Frieden hinarbeiten wollten. „Man sollte niemals sagen, dass Frieden nicht möglich ist“, sagt Smith zwar. Nur ob dies tatsächlich eines Tages – oder gar in absehbarer Zukunft – in Nahost der Fall sein werde, da ist er deutlich skeptischer.

Den Nobelpreis für Arafat, Peres und Rabin hält der Friedensforscher rückblickend dennoch für gerechtfertigt. Damals habe es einen großen Durchbruch gegeben und noch dazu die Hoffnung, sich ein Jahr nach dem vorangegangenen Friedensnobelpreis an Nelson Mandela und Frederik Willem de Klerk für die Beendigung der Apartheid in Südafrika gleich den nächsten großen Friedensprozess vorzunehmen. Vergebens, wie sich zeigen sollte. „Vielleicht sind die Hoffnungen hier zu weit gegangen“, bilanziert Smith heute.

Neben dem Konflikt in Nahost toben Kriege gegen die Ukraine und im Sudan

Die Frage, ob der Nobelpreis diesmal erneut an führende Nahost-Politiker gehen könnte, erübrigt sich. Aber auch insgesamt scheint sich die Welt in einem verheerenden Zustand zu befinden: Neben dem Konflikt in Nahost tobt weiterhin auch der Ukraine-Krieg. Im Sudan und an Dutzenden anderen Orten der Erde herrschen weitere gewalttätige Auseinandersetzungen. Gibt es in diesen Zeiten überhaupt Kandidaten, die für den wichtigsten Friedenspreis der Erde infrage kommen?

Schaut man auf die Zahl der Nominierungen, dann lässt sich sagen: Ja, es gibt sie, aber deutlich weniger als in den Vorjahren. 197 Persönlichkeiten und 89 Organisationen sind diesmal von den Nominierungsberechtigten ins Rennen geschickt worden. Verglichen mit den insgesamt 351 Nominierten des Vorjahres ist das Kandidatenfeld damit innerhalb eines Jahres um fast ein Fünftel geschrumpft.

Dabei sah die Weltlage auch in den Vorjahren nicht gerade rosig aus. Das Nobelkomitee entschied sich vor diesem Hintergrund zuletzt mehrmals dafür, Menschenrechtler statt klassischer Friedensstifter auszuzeichnen: 2023 ging der Preis an die inhaftierte Iranerin Narges Mohammadi, 2022 an den ebenso in Haft sitzenden Belarussen Ales Bjaljazki und die Organisationen Memorial aus Russland und Center for Civil Liberties aus der Ukraine.

Bilder des Ukraine-Kriegs: Großes Grauen und kleine Momente des Glücks

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Der Krieg begann Ende Februar mit Angriffen Russlands auf zahlreiche Städte der Ukraine. Die Truppen aus Moskau nahmen frühzeitig auch Kiew, die Haupstadt des Landes, unter Raketenbeschuss. Eine der russischen Raketen wurde als Teil einer Ausstellung vor dem Nationalmuseum für Militärgeschichte platziert. Kurator Pavlo Netesov wollte nach eigener Aussage mit der Ausstellung der zerstörten Ausrüstung die Bewohnerinnen und Bewohner Kiews an die Straßenkämpfe erinnern, die in anderen Städte der Ukraine tobten, von denen die Hauptstadt aber verschont blieb. © Sergei Supinsky/afp
Wolodymyr Selenskyi in Donezk
Eine dieser Städte war Donezk. Im Mai 2022 besuchte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die einstige Millionenmetropole und hörte sich dort den Bericht von Frontsoldaten an. In Donezk tobt der Krieg zwischen Russland und der Ukraine bereits seit 2014. Seitdem herrscht dort ein von Moskau installiertes Regime, das sich selbst Volksrepublik Donezk nennt. Nach einigen vorübergehenden Waffenstillstandsabkommen ist die Stadt im Südosten nun wieder Ort erbitterterte Kämpfe. © Uncredited/dpa
Menschen suchen Deckung in Lyssytschansk
Es ist vor allem die Zivilbevölkerung, wie diese beiden Kinder und Seniorinnen in Lyssytschansk, die unter dem Ukraine-Krieg leiden. Die Großstadt liegt mitten im Donbass, die seit Kriegsausbruch am schwersten umkämpfte Region in der Ukraine. Die Bewohnerinnen und Bewohner, die nicht fliehen oder konnten, müssen nun regelmäßig Schutz vor Artilleriebeschuss suchen. © Aris Messinis/afp
Tschassiw Jar, Kleinstadt der Ukraine in der Nähe Lyssytschansk
Unweit von Lyssytschansk liegt die Kleinstadt Tschassiw Jar. Dort räumen Arbeiter die Trümmer eines Hauses von der Straße, das von einer russischen „Hurrikan“-Rakete getroffen wurde. Im Juli 2022 feierte Russland vor allem in der Donbass-Region militärische Erfolge. Zahlreiche Städte und Gemeinden wurden erobert. Die Truppen Wladimir Putins schienen die Ukraine im Sturm zu erobern. © Anatolii Stepanov/afp
brennendes Weizenfeld in der Region Saporischschja
Dieser Mann in Militäruniform ist in einem brennenden Weizenfeld in der Region Saporischschja, während russische Truppen Felder beschießen, um die örtlichen Landwirte an der Getreideernte zu hindern. Die Ukraine auszuhungern und die Ernte zu stehlen, war von Anfang an Teil der russischen Strategie © Uncredited/dpa
Das sechsmonatige Jubiläum im August war ein trauriger Abschnitt im russischen Angriffs-Krieg
Das sechsmonatige Jubiläum des UKraine-Kriegs im August war ein trauriger Abschnitt der russischen Invasion. Doch die ukrainischen Streitkräfte leisteten mit Herz und allen Mitteln weiter Widerstand und feierten ihre Nation, wie hier mit Drohne und ukrainischer Flagge über dem „Monument des Mutterlands“ in Kiew. © Dimitar Dilkoff/afp
Hier wurde im September in der Stadt Kupiansk in der Kharkiv Region eine Brücke bombadiert
Im September begannen die Truppen Wladimir Putins, die Infrastruktur der ukrainischen Städte unter Beschuss zu nehmen. In der Stadt Kupiansk in der Region Kharkiw bombardierte Moskau eine Brücke. An vielen anderen Städten versuchten die russischen Streitkräfte, die Energieversorgung zu stören. © Yasuyoshi Chiba/afp
Statt eines kurzen Angriffskriegs, den der russische Präsident Wladimir Putin geplant hatte, dauert der Krieg immer noch an.
Weil die Erfolge in der Ukraine ausblieben, benötigten die russischen Truppen immer mehr Rekruten für die Front. Präsident Wladimir Putin verkündete deshalb eine Teilmobilisierung im eigenen Land. Tausende junger Männer mussten sich wie dieser Mann in der Stadt Kineschma von ihren Müttern verabschieden und in den Ukraine-Krieg ziehen. © Vladimir Smirnov/imago
Hier sieht man Putin bei einer Ansprache auf einem großen Screen auf dem Roten Platz anlässlich der Annexion von vier Regionen der Ukraine, die von russischen Truppen im September besetzt waren
Im Osten der Ukraine schuf Wladimir Putin Ende September Tatsachen. Vier Regionen des Landes, die zuvor ihre Unabhängigkeit erklärt hatten, wurden annektiert. Anlässlich der Gebietsgewinne richtete sich Putin in einer TV-Ansprache an die Bevölkerung Russlands. Zumindest auf dem Roten Platz in Moskau wurde Putins Rede frenetisch bejubelt. © Alexander Nemenov/afp
Nach der Explosion eines Lastwagens in der Nähe von Kertsch am 8. Oktober 2022 steigt schwarzer Rauch aus einem Feuer auf der Brücke von Kertsch auf
Nach der Explosion eines Lastwagens in der Nähe von Kertsch am 8. Oktober 2022 steigt schwarzer Rauch aus einem Feuer auf der Brücke von Kertsch auf. Sie ist die einzige Landverbindung zwischen Russland und der annektierten Krim-Halbinsel. Russland versprach, die Täter zu finden, ohne die Ukraine sofort zu beschuldigen. © Uncredited/afp
Ukrainische Artilleristen feuern eine 152-mm-Schleppgeschütz-Haubitze (D20) auf eine Stellung an der Frontlinie in der Nähe der Stadt Bakhmut in der ostukrainischen Region Donezk Ende Oktober während des russischen Einmarsches in die Ukraine
Ebenfalls im Oktober gelingt es der Ukraine, an vielen Frontabschnitten vorzurücken. Das gelingt den Streitkräften vor allem dank der Unterstützung aus dem Westen, die immer mehr schweres Gerät in den Konflikt liefert. Hier feuern ukrainische Artilleristen eine 152-mm-Schleppgeschütz-Haubitze (D20) auf eine Stellung an der Frontlinie in der Nähe der Stadt Bakhmut in der ostukrainischen Region Donezk ab. © Dimitar Dilkoff/afp
Ein Einwohner von Cherson hebt seinen Daumen zur Unterstützung der Ukraine auf dem Hauptplatz der Stadt nach der Befreiung von den russischen Besatzern
Mitte November gelingt den ukrainischen Truppen ein großer Erfolg. Sie können die Hafenstadt Cherson im Südosten des Landes zurückerobern. Die Millionenmetropole besitzt neben hohem strategischem auch symbolischen Wert im Kampf gegen Russland. Ein Bewohner feiert die Befreieung mit erhobenem Daumen im Zentrum der Stadt. © Celestino Arce Lavin/dpa
An diesem Tag hielt die Welt den Atem an: Eine Luftaufnahme zeigt den Ort, an dem am 15. November 2022 zwei Männer im ostpolnischen Dorf Przewodow, nahe der Grenze zur kriegszerstörten Ukraine, durch einen Raketeneinschlag getötet wurden
An diesem Tag hielt die Welt den Atem an: Eine Luftaufnahme zeigt den Ort, an dem am 15. November 2022 zwei Männer im ostpolnischen Dorf Przewodow, nahe der Grenze zur kriegszerstörten Ukraine, durch einen Raketeneinschlag getötet wurden. Russland attackierte die Ukraine mit einem massiven Angriff auf die zivile Infrastruktur, wodurch Millionen von Haushalten ohne Strom blieben. Unmittelbar nach dem Vorfall gab es Befürchtungen, dass es sich um eine neue Eskalation des Konflikts handeln könnte, doch am 16. November 2022 gab Polen bekannt, dass das Geschoss wahrscheinlich von der ukrainischen Luftabwehr stammte. Diese Theorie wurde dann auch von Washington bestätigt. © Wojtek Radwanski/Damien Simonart/afp
ein Werk des britischen Straßenkünstlers Banksy auf einer mit Schnee bedeckten Panzerabwehrkonstruktion
Auch Banksy besuchte die Ukraine inmitten des Krieges. Ein am 17. November 2022 aufgenommenes Foto zeigt ein Werk des britischen Straßenkünstlers auf einer mit Schnee bedeckten Panzerabwehrkonstruktion auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew. Zu diesem Zeitpunkt war bereits klar, dass die Ukraine sich auf einen Winter des Krieges einstellen wird müssen. © Sergei Supinsky/afp
Dmitri Schewtschenko, Mitarbeiter von Rosenergoatom, inspiziert einen Tank mit destilliertem Wasser, um den Betrieb des vierten Blocks des Kernkraftwerks Saporischschja zu gewährleisten
Weitere harte Angriffe auf die ukrainische Infrastruktur. Sogar Kernkraftwerke werden zum Ziel russischer Raketen. Dmitri Schewtschenko, Mitarbeiter von Rosenergoatom, inspiziert einen Tank mit destilliertem Wasser, um den Betrieb des vierten Blocks des Kernkraftwerks Saporischschja zu gewährleisten, der durch Beschuss im Zuge der russischen Militäroperation in der Ukraine in Enerhodar beschädigt wurde. © Alexey Kudenko/imago
Eine Frau spielt Gitarre in einer Kneipe während eines Stromausfalls in Lemberg am 2. Dezember 2022
Kleine Momente des Glücks im Wahnsinn des Krieges: Eine Frau spielt Gitarre in einer Kneipe während eines Stromausfalls in Lemberg am 2. Dezember 2022, als die Stadt nach den jüngsten massiven russischen Luftangriffen auf die ukrainische Energieinfrastruktur von einem geplanten Stromausfall betroffen ist. © Yuriy Dyachyshyn/afp
Hier trifft sie auf den Heiligen Mykola (Heiliger Nikolaus) am 19. Dezember 2022 in Cherson, inmitten der russischen Invasion in der Ukraine
Für einen Augenblick darf dieses Mädchen einfach Kind sein. Hier trifft sie auf den Heiligen Mykola (Heiliger Nikolaus) am 19. Dezember 2022 in Cherson, inmitten der russischen Invasion in der Ukraine © Dimitar Dilkoff/afp
Ukraine-Krieg - Jahrestag Kriegsbeginn- Kiew
Ukrainische Soldaten erinnern am 24. Februar 2023 an der Sophienkathedrale in Kiew an den Beginn des Ukraine-Kriegs ein Jahr zuvor. © Kay Nietfeld/dpa
Ukraine-Krieg - Orthodoxe Ostern in Saporischschja
Die kirchlichen Rituale werden in der Ukraine auch im April 2023 befolgt: Orthodoxe christliche Priester und Gläubige bei der Segnung der traditionellen Osterkörbe am Ostersonntag in der St. Nikolaus-Kirche in Saporischschja. © Andriy Andriyenko/dpa
Ukraine-Krieg - Ukrainische Gegenoffensive im Süden des Landes
Ukrainische Soldaten gestikulieren im September 2023 auf ihrem Bradley Fighting Vehicle (BFV) in der Frontstadt Orichiw. Aus ihrem amerikanischen Schützenpanzer berichten sie von schweren Gefechten. Seit Kriegsbeginn stand Orichiw unter ständigem Beschuss der russischen Armee. © Oliver Weiken/dpa
Ukraine-Krieg - Kupjansk
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (Mitte) wird am 30. November 2023 während eines Besuchs in einem Gefechtsstand an der Front in Kupjansk über die Kriegssituation informiert. © dpa
Lwiw
Auch im Dezember 2023 feiern die Menschen in der Ukraine Weihnachten. In Lwiw besuchen sie den Gottesdienst an Heiligabend und bereiten sich darauf vor, den ersten Weihnachtsfeiertag am 25. Dezember zu feiern.  © Yuriy Dyachyshyn/AFP
Ukraine-Krieg - Charkiw
Ein großer Haufen Trümmer mit Resten von russischen Raketen liegt in der Stadt Charkiw. In den frühen Morgenstunden des 15. Februar 2024 schlug eine russische Rakete in einem Wohngebiet von Chugugyv ein und tötete eine 67-jährige Frau. © Ximena Borrazas/dpa
Charkiw
Trotz Gesprächen über eine Waffenruhe dauert der Ukraine-Blick auch im Jahr 2025 weiter an. Charkiw steht mehrmals schwer unter russischem Beschuss. Das Kunstwerk „Kreuz des Friedens“ mit einem Kruzifix aus 20.000 Fragmenten russischer Artilleriegeschosse wurde vom amerikanisch-ukrainischen Künstler Sergey Melnikoff (besser bekannt als MFF) und dem ukrainischen Künstler Viktor Belchik geschaffen. © Sergey Bobok/AFP
Ukraine-Krieg - Sumy
Bei einem schweren russischen Luftschlag mit ballistischen Raketen gegen die Stadt Sumy kommen am Palmsonntag 2025 mehr als 30 Menschen ums Leben. Mehr als 100 Zivilpersonen werden verletzt. Unter den Toten sind auch Kinder. © Evgeniy Maloletka/dpa

„Die Welt befindet sich in großen Schwierigkeiten“: Keine Grundlage für Nobelpreis dieses Jahr?

Und diesmal? Ist der vermutlich prominenteste Menschenrechtler dieser Zeit, der Russe Alexej Nawalny, seit acht Monaten tot. Friedensaussichten in einem laufenden Konflikt gibt es zudem kaum.

„Die Welt befindet sich in großen Schwierigkeiten“, stellt Smith fest. Das gelte nicht nur mit Blick auf die Situationen im Gazastreifen, in der Ukraine und im Sudan, sondern auch auf die anderen rund 50 bewaffneten Konflikte, die derzeit herrschten. Das Nobelkomitee könnte diese bedauerliche Weltlage nun abbilden, indem es erstmals seit mehr als 50 Jahren einen ganz bestimmten Preisträger benennt – nämlich gar keinen.

JahrPreisträger
2018Denis Mukwege und Nadia Murad
2019Abiy Ahmed
2020Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP)
2021Maria Ressa und Dmitri Muratow
2022Ales Bjaljazki, Memorial und Center for Civil Liberties
2023Narges Mohammadi

„Nicht annähernd genug wird in der heutigen Welt für den Frieden getan“, moniert Smith. „Vielleicht wäre es diesmal die stärkste Botschaft des Nobelkomitees, zu sagen, dass es in diesem Jahr einfach keine Grundlage für die Vergabe des Preises gibt.“ Solch ein Schritt würde ein Zeichen an die Welt senden, dass es Zeit zum Aufwachen und Handeln sei.

BDIMR und OSZE ganz oben auf Favoritenliste für Friedensnobelpreis

Ein Novum wäre solch ein Schritt nicht, ein besonderer aber schon: Seit der ersten Vergabe 1901 wurde in 19 Jahren kein Friedensnobelpreis verliehen, darunter allein 13 Mal während und zwischen den Weltkriegen und zuletzt 1972.

Beim Osloer Friedensforschungsinstitut Prio kann man sich derweil vorstellen, dass eine internationale Organisation für ihre Arbeit geehrt werden könnte: Prio-Direktor Henrik Urdal hat das Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR) der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ganz oben auf seiner Favoritenliste. Auch der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag, das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA und die UN-Kulturorganisation Unesco finden sich in Urdals engerer Auswahl. 

Wie sich das Nobelkomitee letztlich entscheidet? Das bleibt wie immer bis zur Verkündung ein großes Geheimnis. Die Namen der Nominierten werden traditionell 50 Jahre lang geheim gehalten. Der oder die Auserwählte wird dann an Nobels Todestag am 10. Dezember in Oslo mit dem Nobelpreis und einem Preisgeld in Höhe von elf Millionen schwedischen Kronen (rund 970.000 Euro) geehrt – wenn es denn diesmal einen gibt. (sot/dpa)

Rubriklistenbild: © Uncredited/Kyodo News/AP/dpa

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