Sorge vor Eskalation
Hamas-Anführer bei Explosion getötet: Verdacht fällt auf Israel – Warnung „vor Risiken“ aus Palästina
VonFlorian Naumannschließen
Eskaliert der Konflikt Israels mit der libanesischen Hisbollah? Nun wurde ein Hamas-Anführer offenbar gezielt getötet. Der Verdacht richtet sich auf Israel.
Beirut – Bei einer Explosion in Beirut soll der stellvertretende Leiter des Politbüros der islamistischen Hamas, Saleh al-Aruri, ums Leben gekommen sein. Das erfuhr die dpa am Dienstagabend aus Kreisen der Hisbollah-Miliz. Auch der Hisbollah-nahe Fernsehsender Al-Manar berichtete, dass Al-Aruri tot sei. Insgesamt wurden mindestens drei Menschen getötet, wie die staatliche Nachrichtenagentur NNA berichtete.
Detonation vor Hams-Büro: Netanjahu hatte Al-Aruri indirekt gewarnt
Die Explosion ereignete sich vor einem Büro der Hamas – Polizeikreisen zufolge in einem südlichen Stadtteil Beiruts, in dem die Hisbollah stark vertreten ist. Die genauen Hintergründe der Explosion blieben zunächst unklar. Schnell kam aber der Verdacht auf, dass es sich um eine gezielte Tötung handeln könnte, möglicherweise durch Israels Armee oder im Auftrag Israels.
Die Hamas gab am Abend Israel direkt die Schuld. Al-Aruri sei am Dienstag bei einer Attacke „der zionistischen Besatzung“ ums Leben gekommen, teilte die Islamistenorganisation mit. Israels Militär wollte die Berichte über den Tod Al-Aruris auf Anfrage nicht kommentieren. Der bewaffnete Arm der Fatah-Partei des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas im Westjordanland teilte mit, die Al-Aksa-Brigaden trauerten um den Getöteten. Sie drohten, auf „alle Verbrechen des Feindes gegen unser Volk zu reagieren“ – ohne Israel namentlich zu erwähnen.
Der palästinensische Ministerpräsident Mohammed Schtajjeh verurteilte die „Ermordung“ der Nummer zwei der radikalislamischen Hamas. „Dieses Verbrechen“ sei durch „bekannte Kriminelle“ verübt worden, hieß es in einer am Dienstagabend von seinem Büro veröffentlichten Erklärung. Al-Aruri sei zusammen mit zwei Begleitern in einem südlichen Vorort der libanesischen Hauptstadt Beirut getötet worden, erklärte Schtajjeh weiter. Er warnte vor „den Risiken und Konsequenzen“ dieses Angriffs. Die Palästinensische Autonomiebehörde im Westjordanland, der Schtajjeh angehört, sowie die im Gazastreifen herrschende Hamas sind verfeindet.
Al-Aruri, den Israel als Drahtzieher von Anschlägen im Westjordanland sah, galt schon länger als mögliches Ziel für einen Anschlag. Ihm wird die Verantwortung für die Aktivitäten des militärischen Hamas-Arms im Westjordanland zugeschrieben. Israel und die Hamas hatten im Sommer 2023 – schon vor Beginn ihres laufenden Kriegs – Drohungen ausgetauscht. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu sagte, Al-Aruri wisse „sehr genau, warum er und seine Freunde sich versteckt halten“.
Explosion im Libanon – am dritten Jahrestag der Soleimani-Tötung
Videos nach der Explosion in Beirut zeigten mindestens ein brennendes Auto nahe einer belebten Straße. Auch Sirenen von Krankenwagen waren zu hören. Über der Gegend stieg weißer Rauch auf.
Die Explosion ereignete sich am Abend vor dem dritten Jahrestag der Tötung von General Ghassem Soleimani der iranischen Revolutionswächter (IRGC). Die USA hatten ihn 2020 im Irak durch einen Drohnenangriff getötet. Kürzlich war zudem der ranghohe iranische General Sejed-Rasi Mussawi bei einem mutmaßlich israelischen Luftangriff in Syrien getötet worden.
Zuletzt kursierte auch die These der Terror der Hamas vom 7. Oktober sei eine Vergeltung für Soleimanis Tötung – die Hamas widersprach. Das Blutbad vom 7. Oktober hatte den Krieg in Israel und Gaza ausgelöst. (dpa/fn)
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