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Nach Schlacht um Mariupol: 22 Asow-Kämpfer in Russland vor Gericht
VonNail Akkoyun
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In Russland erwarten mehr als 20 Kriegsgefangene ihr Urteil. Schon seit über einem Jahr befinden sich die Mitglieder des Asow-Regiments in Gefangenschaft.
Rostow am Don – Im Süden Russlands standen am Mittwoch (14. Juni) 22 ukrainische Soldatinnen und Soldaten vor Gericht, die nach Kämpfen im Ukraine-Krieg gefangen genommen worden waren. Bei den Personen soll es sich um Mitglieder des sogenannten Asow-Bataillons handeln, eine Eliteeinheit der ukrainischen Armee, die in der Hafenstadt Mariupol gegen russische Truppen kämpfte. Nach einer rund dreimonatigen Schlacht hatte Moskau die Stadt am Asowschen Meer eingenommen – und dabei größtenteils in Schutt und Asche gelegt.
Internationale Aufmerksamkeit erlangte der Kampf um Mariupol insbesondere, weil sich die letzten ukrainischen Verteidigerinnen und Verteidiger in einem riesigen Stahlwerk nahe der Großstadt verschanzt hatten, ehe diese sich im Mai 2022 ergaben. Russische Behörden stufen die Mitglieder des Asow-Bataillons jedoch nicht als normale Streitkräfte ein, sondern als Teil einer „terroristischen Vereinigung“.
Ukraine-Krieg: Asow-Bataillon hat rechtsextreme Wurzeln – ein gefundenes Fressen für Moskau
Auch wenn das Asow-Regiment inzwischen in die ukrainische Armee eingegliedert wurde, handelt es sich tatsächlich um ein ehemaliges Freiwilligenbataillon mit rechtsextremen Wurzeln. Schon im vergangenen August urteilte der Oberste Gerichtshof in Russland, dass die Mitglieder eine „neonazistische“ Ideologie vertreten würden. Aktuell wird den Angeklagten neben der Mitgliedschaft einer Terrorvereinigung auch die Teilnahme an einer Aktion zum Sturz der von Russland unterstützten „Volksrepublik Donezk“ im ukrainischen Donbass vorgeworfen.
In der Ukraine werden die Männer und Frauen derweil als Nationalhelden wegen der monatelangen Verteidigung Mariupols als Heldinnen und Helden geehrt. In der Hauptstadt Kiew gibt es bereits seit August 2022 eine „Straße der Helden des Regiments Asow“. „Das ist ein wichtiger Schritt dazu, um die verlogenen Manipulationen und den Einfluss des russischen Aggressors auf die Auslegung unserer Geschichte zu verringern“, sagte Bürgermeister Vitali Klitschko damals.
Vor allem in den ersten Monaten nach Kriegsausbruch propagierte Moskau, dass es sich bei der ukrainischen Regierung um „Neonazis“ handeln würde. Dem russischen Narrativ zufolge will man die annektierten Gebiete in der Ukraine – Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson – „entnazifizieren“ und die russischsprachigen Minderheiten vor Übergriffen schützen. Auch wenn diese Rhetorik inzwischen weniger gebraucht wird, bezeichnet der Kreml die Regierung rund um Präsident Wolodymyr Selenskyj nach wie vor als „Kiewer Regime“.
Ukraine-Krieg: Die Ursprünge des Konflikts mit Russland
Asow-Kämpfer entgehen Todesstrafe: Lebenslänglich gilt als wahrscheinlich
Von den ursprünglich 24 angeklagten Personen wurden zwei im Rahmen eines Gefangenenaustauschs gegen russische Kriegsgefangene ausgetauscht. Von den übrigen 22 Angeklagten, die sich vor Gericht verantworten müssen, sind acht Frauen. Fotos, die am Mittwoch im Gerichtssaal aufgenommen wurden, zeigen die Beschuldigten blass und abgemagert – sowie die Männer mit kahlgeschorenen Köpfen – hinter einer Glasscheibe sitzend. Im Falle einer Verteilung drohen den Angeklagten Haftstrafen zwischen 15 Jahren oder sogar lebenslänglich. Eine Todesstrafe müssen die Angeklagten hingegen nicht befürchten, da diese im Jahr 1999 vom Verfassungsgericht der Russischen Föderation verboten wurde – noch im letzten Jahr wurde in Russland öffentlich über Hinrichtungen debattiert.
Inzwischen freigelassene Kriegsgefangene des Asow-Regiments hatten Russland allerdings „schwere Folter“ vorgeworfen. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow beteuerte hingegen, dass man die Gefangenen nach „internationalen Standards“ behandeln würde. Wolodymyr Selenskyj hatte dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) zuletzt vorgeworfen, sich nicht genügend um den Zugang zu den ukrainischen Kriegsgefangenen zu bemühen. (nak)