Moldaus Präsidentin Maia Sandu
+
Strebt baldmöglichst in die EU: Moldaus prowestliche Präsidentin Maia Sandu ist Russland ein Dorn im Auge

EU-Beitrittskandidat

Moldau in Angst vor Fake News aus Russland: Wie sich das kleine Land im Informationskrieg wappnet

  • VonLisa-Martina Klein
    schließen

Je mehr sich der Ukraine-Nachbarstaat Moldau dem Westen zuwendet, desto stärker verwickelt Russland ihn in einen hybriden Krieg. Doch das Land wehrt sich – auch mithilfe der EU.

Lichtblick für Moldau: Die EU-Kommission hat kürzlich grünes Licht zur Aufnahme der Beitrittsverhandlungen zur EU gegeben, „sobald die Bedingungen dafür erfüllt sind“. Im Dezember müssen noch die Mitgliedstaaten zustimmen, dann könnten die Verhandlungen im kommenden Jahr beginnen, zwei Jahre nach dem offiziellen Antrag. Moldaus Präsidentin Maia Sandu begrüßte die Bewertung als einen „wichtigen Meilenstein“. Die Regierung werde weiterhin unermüdlich dafür arbeiten, die Bedingungen zu erfüllen, schrieb Sandu auf X.

Auf Moldau kommt damit ein Kraftakt zu. Neben weiteren Reformen, allen voran im Bereich der Korruptionsverhinderung, in der Justiz, bei der Finanzregulierung und bei der Deoligarchisierung, muss die Regierung der ehemaligen Sowjetrepublik auch gegen hybride Angriffe aus Russland in nie dagewesenem Ausmaß ankämpfen. 

So bekommen Sie den Newsletter von Table.Media

Diese Analyse liegt IPPEN.MEDIA im Zuge einer Kooperation mit dem Security.Table Professional Briefing vor – zuerst veröffentlicht hatte sie Security.Table am 09. November 2023.

Erhalten Sie 30 Tage kostenlos Zugang zu weiteren exklusiven Informationen der Table.Media Professional Briefings – das Entscheidende für die Entscheidenden in Wirtschaft, Wissenschaft, Politik, Verwaltung und NGOs.

50 Millionen Euro aus Russland für Einflusskampagne zur Wahl in Moldau

Die als ärmstes Land Europas geltende Republik befindet sich erst seit der Wahl von Sandu zur Präsidentin im Jahr 2020 auf einem konstanten, wenn auch fragilen pro-westlichen Kurs. Seither versucht Russland das Land mit allen Mitteln der hybriden Kriegsführung wie Propaganda und Desinformation in den Medien, fingierte anti-westliche Demonstrationen, illegale Parteienfinanzierung durch pro-russische Oligarchen und Stimmenkauf zur Wahlbeeinflussung zu destabilisieren.

Umgerechnet rund 50 Millionen Euro investierte Russland in die Bezahlung anti-westlicher Demonstranten in diesem Frühjahr und die Beeinflussung der Kommunalwahlen am vergangenen Wochenende, sagte der Chef der moldawischen Sicherheits- und Informationsbehörde, Alexandru Musteata kürzlich. Dazu kommen Cyberattacken auf Kritische Infrastruktur und Verwaltung.

Moldau zwischen prowestlichen und prorussischen Gruppen umkämpft

Der Druck aus Moskau dürfte vor den Präsidentschaftswahlen im kommenden Jahr und den Parlamentswahlen in 2025 noch einmal zunehmen. Vor allem die von der Regierung in Chișinău unabhängigen Regionen Gagausien und Transnistrien, sowie der Norden des Landes sind fast vollständig pro-russisch eingestellt. Aber auch in der Hauptstadt, bei der regierenden „Partei der Aktion und Solidarität“ (PAS) und an der Spitze der Regierung ist eine dauerhafte europäisch orientierte Regierung nicht gesichert. 

Um das Land auf Kurs zu halten und resilient gegen Desinformation und Cyberattacken zu machen, setzt Sandu auf die Beratung durch internationale Experten, unter anderem aus den Vereinigten Staaten, Großbritannien, Japan, der Nato und vor allem der EU.

Die Europäische Union ist mit zwei Missionen vor Ort. Das „Schnelle Cyber-Reaktionsteam“ unterstützt im Rahmen der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (Permanent Structured Cooperation, PESCO) bei der militärischen Sicherung ihres Nationalen Cyberraums. Vor allem zu Beginn der russischen Invasion in der Ukraine, als viele Hunderttausende Menschen über die Grenze nach Moldau flüchteten, hatten Cyberattacken die Verwaltung unvorbereitet getroffen. Auch die Nato hatte damals ein „Cyber Support Team“ geschickt.

Strategische Kommunikation als wichtigster Hebel

Die zweite Mission, die EU-Partnerschaftsmission Moldau (EUPM Moldau), nahm im Mai dieses Jahres ihre Arbeit auf und ist bis Mai 2025 mandatiert. Die 40 Expertinnen und Experten beraten, unter der Leitung des Rumänen Cosmin Dinescu, die Regierung und zivile Organisationen. Dem Land mit gut 2,5 Millionen Einwohnern fehlt es hauptsächlich an geschulten Fachkräften, im Bildungswesen sowie in der Kommunikation mit der Bevölkerung, an Netzwerken und Austauschplattformen. Es ist die erste Beratungsmission der EU, die sich auf hybride Bedrohungen und Cyberattacken spezialisiert hat.

Eines der sichtbarsten Ergebnisse bislang ist der Aufbau eines Zentrums für die Strategische Kommunikation, das Desinformation früh erkennen, eine richtige Kommunikationsstrategie dagegen erarbeiten soll und die EU sichtbarer machen soll. Denn häufig werden von der EU bezahlte Infrastrukturprojekte als von Russland finanzierte ausgegeben, und so das Narrativ von Russland als Investor bedient.

Falschinformationen wie diesen muss Moldau künftig früh gegensteuern, will es verhindern, dass bei den anstehenden Wahlen wieder eine anti-westliche Stimmung aufkommt.

Mehr zum Thema