Mehr Kraft als Hiroshima-Bombe

USA planen neues Atomwaffen-Modell – mit gewaltiger Zerstörungskraft

  • Lukas Rogalla
    VonLukas Rogalla
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Das US-Verteidigungsministerium will eine Atomwaffe weiterentwickeln – betont aber, dass dies nicht als Antwort auf aktuelle Ereignisse geschehe.

Washington, D.C. – Die USA arbeiten an einem neuen Atomwaffenmodell. Das gab das Verteidigungsministerium der Regierung um Präsident Joe Biden bekannt. Demnach soll eine neue Variante der Freifallbombe B61 entstehen, die zu einer Serie von Waffen gehört, die zuerst in den 1960er-Jahren im Zuge des Wettrüstens gegen die Sowjetunion hergestellt wurden.

Die B61-13 soll „die Abschreckung von Gegnern und die Sicherheit von Verbündeten stärken“, indem sie „dem Präsidenten zusätzliche Optionen gegen bestimmte härtere und großflächige militärische Ziele“ bietet, heißt es in einer Pentagon-Mitteilung von Ende Oktober. Die Entwicklung sei jedoch „keine Reaktion auf ein bestimmtes aktuelles Ereignis“ – gemeint sind wohl der Ukraine-Krieg oder Spannungen mit China – „sondern spiegelt eine kontinuierliche Bewertung eines sich verändernden Sicherheitsumfelds wider“.

Zerstörungskraft der B61-13 im Vergleich zur Atombombe in Hiroshima

Pentagon-Beamte behaupten, dass die Bombenvariante eine ähnliche Sprengkraft wie ein älteres Modell, die B61-7, haben soll. Diese Bombe hatte eine Sprengkraft von 360 Kilotonnen TNT. Zum Vergleich: Die Bombe, die US-Streitkräfte zum Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 über Hiroshima abgeworfen hatten, hatte eine Sprengkraft von ungefähr 13 Kilotonnen.

Grafiken des Wissenschafts- und Nukleartechnikhistorikers Alex Wellerstein, veröffentlicht auf dem Onlineportal Newsweek, zeigt die weitaus größere Zerstörungskraft der B61-13 im Vergleich zur Atombombe „Little Boy“ in Hiroshima. Explodiert eine B61-13 mit maximaler Sprengkraft über New York City, würde dies „einen erheblichen Teil von Manhattan vollständig zerstören und die Haut derjenigen, die sich meilenweit von der ersten Explosion entfernt befinden, schmelzen“, berichtet Newsweek mit Verweis auf die Grafik Wellersteins.

Ein Atompilz steigt nach der Explosion einer Atombombe über dem Testgelände in der Wüste von Nevada auf: Die USA planen die Weiterentwicklung einer ihrer Atomwaffen. (Undatiertes Foto)

Menschen und Gebäude in einem Radius von fast einem Kilometer würden durch die Hitzestrahlung sofort verdampfen. In einem Radius von etwa 1,5 Kilometern würden voraussichtlich alle Menschen sterben. Die Strahlung könnte auch Kilometer weiter für schwere Verbrennungen und Tote sorgen. Eine weitere Grafik Wellersteins auf Newsweek zeigt, dass eine Strahlungswolke von New York bis in den Norden des Bundesstaats Massachusetts, nordöstlich von New York City, reichen würde. Laut Wellersteins Simulation würde die Bombe über 778.000 Menschen töten und über eine Million verletzen. Auf dicht besiedelten Gebieten hätte sie also verheerende Folgen.

US-Atomwaffen in Europa gelagert

Die Produktion der B61-13 solle außerdem die Gesamtzahl der Waffen im US-Atomwaffenarsenal nicht erhöhen, betonte das Pentagon. Die neue Variante einige Bomben des Typs B61-7 ersetzen. Zudem sollen, abhängig von der Herstellung der B61-13, weniger B61-12 (50 Kilotonnen) produziert werden. Atomwaffen vom Typ B61 zählen seit Jahrzehnten zu den Beständen der USA und werden regelmäßig weiterentwickelt – Bomben des Typs lagern auch in Deutschland.

Laut Futurezone.at werde die B61-13 vermutlich begrenzte Fähigkeiten haben, bei der Landung in die Erde einzudringen, um sie effektiv gegen befestigte Stellungen und Bunkeranlagen zu machen. „Durch den sogenannten Effekt des Ground-Shock Couplings würde die B61-13 bei Zielen unter der Erde eine Zerstörungskraft erreichen, die der einer Oberflächenexplosion mit mehr als einer Megatonne gleichkommt“, heißt es im Bericht von Futurezone.at. Damit könnte die B83, die derzeit stärkte Kernwaffe im US-Arsenal mit einer Sprengkraft von 1,2 Megatonnen, „in den Ruhestand geschickt werden“.

Die „Federation of American Scientists“ (FAS), die sich für atomare Abrüstung ausspricht, sprach in einer Erklärung von einer „politischen Atombombe“, die die USA entwickeln, um die B83-1 zu ersetzen, da das Militär derzeit überhaupt keine stärkere Waffe im Arsenal benötige. Die erste B61-13 soll 2025 einsatzbereit sein. (lrg/dpa)

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