Taiwanischer Soldat bei Militärübung in Kaohsiung
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Taiwanischer Soldat bei Militärübung in Kaohsiung (Archivbild).

Verdächtige Vorgänge

Hamstert China Gold, um für einen Angriff auf Taiwan gewappnet zu sein?

China will sich Taiwan einverleiben – aber wann? Aufschluss könnten einem Bericht zufolge Pekings massive Goldankäufe geben. Ein taiwanischer Experte hingegen nennt andere Kriterien.

Chinas Regierung lässt keinen Zweifel an ihren Plänen: Das demokratisch regierte Taiwan soll früher oder später Teil des eigenen Staatsgebiets werden – am besten auf friedlichem Wege, notfalls aber auch mit Gewalt. „Wir werden niemals versprechen, auf den Einsatz von Gewalt zu verzichten, und wir behalten uns die Möglichkeit vor, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen“, erklärte Staats- und Parteichef Xi Jinping etwa im vergangenen Jahr. Wann China Ernst macht mit seinen Drohungen, ist allerdings unter Experten heftig umstritten. Bisweilen wird das Jahr 2027 genannt, wenn Chinas Volksbefreiungsarmee 100 Jahre alt wird und laut Xi „Weltklasseniveau“ erreicht haben soll. Auch das Jahr 2049 – die Volksrepublik begeht dann den 100. Jahrestag ihrer Gründung – halten Analysten für ein mögliches Angriffsdatum.

Klar ist jedenfalls: Sollte China tatsächlich einen großangelegten Angriff auf Taiwan starten, würden schon Monate oder sogar Jahre vorher erste Anzeichen für entsprechende Vorbereitungen sichtbar werden. Ein solches Anzeichen ist laut einem Bericht des Fernsehsenders n-tv das Bestreben der chinesischen Regierung, ihre Goldvorräte aufzustocken. Diese Goldreserven könnte Peking benötigen, sollte das Land nach einem Angriff auf Taiwan mit Sanktionen der USA und ihrer Verbündeten belegt werden – ein äußerst wahrscheinliches Szenario, wie etwa der Ukraine-Krieg gezeigt hat.

China und Taiwan: Darum geht es in dem Konflikt

Taiwans F-16-Kampfjet (links) überwacht einen der beiden chinesischen H-6-Bomber, die den Bashi-Kanal südlich von Taiwan und die Miyako-Straße in der Nähe der japanischen Insel Okinawa überflogen.
Seit Jahrzehnten schon schwelt der Taiwan-Konflikt. Noch bleibt es bei Provokationen der Volksrepublik China; eines Tages aber könnte Peking Ernst machen und in Taiwan einmarschieren. Denn die chinesische Regierung hält die demokratisch regierte Insel für eine „abtrünnige Provinz“ und droht mit einer gewaltsamen „Wiedervereinigung“. Die Hintergründe des Konflikts reichen zurück bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. © Taiwan Ministry of Defence/AFP
Chinas letzter Kaiser Puyi
Im Jahr 1911 zerbricht das viele Jahrtausende alte chinesische Kaiserreich. Der letzte Kaiser Puyi (Bild) wird abgesetzt, die Xinhai-Revolution verändert China für immer. Doch der Weg in die Moderne ist steinig. Die Jahre nach der Republikgründung waren von Wirren und internen Konflikten geprägt.  © Imago
Porträt von Sun Yatsen auf dem Tiananmen-Platz in Peking
Im Jahr 1912 gründet Sun Yat-sen (Bild) die Republik China. Es folgen Jahre des Konflikts. 1921 gründeten Aktivisten in Shanghai die Kommunistische Partei, die zum erbitterten Gegner der Nationalisten (Guomindang) Suns wird. Unter seinem Nachfolger Chiang Kai-shek kommt es zum Bürgerkrieg mit den Kommunisten. Erst der Einmarsch Japans in China ab 1937 setzt den Kämpfen ein vorübergehendes Ende. © Imago
Mao Zedong ruft die Volksrepublik China aus
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs und der Kapitulation Japans flammt der Bürgerkrieg wieder auf. Aus diesem gehen 1949 die Kommunisten als Sieger hervor. Mao Zedong ruft am 1. Oktober in Peking die Volksrepublik China aus (Bild).  © Imago Images
Chiang Kai-shek
Verlierer des Bürgerkriegs sind die Nationalisten um General Chiang Kai-shek (Bild). Sie fliehen 1949 auf die Insel Taiwan. Diese war von 1895 bis 1945 japanische Kolonie und nach der Niederlage der Japaner an China zurückgegeben worden. Auf Taiwan lebt seitdem die 1912 gegründete Republik China weiter. Viele Jahre lang träumt Chiang davon, das kommunistisch regierte Festland zurückzuerobern – während er zu Hause in Taiwan mit eiserner Hand als Diktator regiert. © Imago
Richard Nixon und Zhou Enlai 1972
Nach 1949 gibt es zwei Chinas: die 1949 gegründete Volksrepublik China und die Republik China auf Taiwan, die 1912 gegründet wurde. Über Jahre gilt die taiwanische Regierung als legitime Vertreterin Chinas. Doch in den 70er-Jahren wenden sich immer mehr Staaten von Taiwan ab und erkennen die kommunistische Volksrepublik offiziell an. 1972 verliert Taiwan auch seinen Sitz in den Vereinten Nationen, und Peking übernimmt. Auch die USA brechen mit Taiwan und erkennen 1979 – sieben Jahre nach Richard Nixons legendärem Peking-Besuch (Bild) – die Regierung in Peking an. Gleichzeitig verpflichten sie sich, Taiwan mit Waffenlieferungen zu unterstützen. © Imago/UIG
Chiang Ching-Kuo in Taipeh
Im Jahr 1975 stirbt Taiwans Dikator Chiang Kai-shek. Neuer Präsident wird drei Jahre später dessen Sohn Chiang Ching-kuo (Bild). Dieser öffnet Taiwan zur Welt und beginnt mit demokratischen Reformen. © imago stock&people
Chip made in Taiwan
Ab den 80er-Jahren erlebt Taiwan ein Wirtschaftswunder: „Made in Taiwan“ wird weltweit zum Inbegriff für günstige Waren aus Fernost. Im Laufe der Jahre wandelt sich das Land vom Produzenten billiger Produkte wie Plastikspielzeug zur Hightech-Nation. Heute hat in Taiwan einer der wichtigsten Halbleiter-Hersteller der Welt - das Unternehmen TSMC ist Weltmarktführer. © Torsten Becker/Imago
Tsai Ing-wen
Taiwan gilt heute als eines der gesellschaftlich liberalsten und demokratischsten Länder der Welt. In Demokratie-Ranglisten landet die Insel mit ihren knapp 24 Millionen Einwohnern immer wieder auf den vordersten Plätzen. Als bislang einziges Land in Asien führte Taiwan 2019 sogar die Ehe für alle ein. Regiert wurde das Land von 2016 bis 2024 von Präsidentin Tsai Ing-wen (Bild) von der Demokratischen Fortschrittspartei. Ihr folgte im Mai 2024 ihr Parteifreund Lai Ching-te. © Sam Yeh/AFP
Xi Jinping
Obwohl Taiwan nie Teil der Volksrepublik China war, will Staats- und Parteichef Xi Jinping (Bild) die Insel gewaltsam eingliedern. Seit Jahrzehnten droht die kommunistische Führung mit der Anwendung von Gewalt. Die meisten Staaten der Welt – auch Deutschland und die USA – sehen Taiwan zwar als einen Teil von China an – betonen aber, dass eine „Wiedervereinigung“ nur friedlich vonstattengehen dürfe. Danach sieht es derzeit allerdings nicht aus. Die kommunistiche Diktatur Chinas ist für die meisten Taiwaner nicht attraktiv. © Dale de la Rey/AFP
Militärübung in Kaohsiung
Ob und wann China Ernst macht und in Taiwan einmarschiert, ist völlig offen. Es gibt Analysten, die mit einer Invasion bereits in den nächsten Jahren rechnen – etwa 2027, wenn sich die Gründung der Volksbefreiungsarmee zum 100. Mal jährt. Auch das Jahr 2049 – dann wird die Volksrepublik China 100 Jahre alt – wird genannt. Entscheidend dürfte sein, wie sicher sich China ist, einen Krieg auch zu gewinnen. Zahlenmäßig ist Pekings Armee der Volksrepublik den taiwanischen Streitkräften überlegen. Die Taiwaner sind dennoch gut vorbereitet. Jedes Jahr finden große Militärübungen statt; die Bevölkerung trainiert den Ernstfall, und die USA liefern Hightech-Waffen.  © Sam Yeh/AFP
Xi Jinping auf einem chinesischen Kriegsschiff
Analysten halten es für ebenso möglich, dass China zunächst nicht zu einer Invasion Taiwans blasen wird, sondern mit gezielten Nadelstichen versuchen könnte, den Kampfgeist der Taiwaner zu schwächen. So könnte Xi Jinping (Bild) eine Seeblockade anordnen, um die Insel Taiwan vom Rest der Welt abzuschneiden. Auch ein massiver Cyberangriff wird für möglich gehalten.  © Li Gang/Xinhua/Imago
Protest in Taiwan
Auch wenn die Volksrepublik weiterhin auf eine friedliche „Wiedervereinigung“ mit Taiwan setzt: Danach sieht es derzeit nicht aus. Denn die meisten Taiwaner fühlen sich längst nicht mehr als Chinesen, sondern eben als Taiwaner. Für sie ist es eine Horrorvorstellung, Teil der kommunistischen Volksrepublik zu werden und ihre demokratischen Traditionen und Freiheiten opfern zu müssen. Vor allem das chinesische Vorgehen gegen die Demokratiebewegung in Hongkong hat ihnen gezeigt, was passiert, wenn die Kommunistische Partei den Menschen ihre Freiheiten nimmt. © Ritchie B. Tongo/EPA/dpa

„Auf Finanzsanktionen vorbereiten“: Plant China für den Angriff auf Taiwan?

Vor Russlands Angriff auf sein Nachbarland hatte Moskau große Goldreserven angelegt, laut der Branchen-Organisation World Gold Council wuchs der Goldschatz der russischen Zentralbank von 400 Tonnen im Jahr 2007 bis Kriegsbeginn Anfang 2022 auf 2298,5 Tonnen. Mit den Hamsterkäufen kam Russland internationalen Sanktionen zuvor. China legt nun ebenfalls größere Reserven des teuren Edelmetalls an. Anfang November berichtete der Wirtschaftsdienst Bloomberg, dass Peking in den zurückliegenden zwölf Monaten große Mengen an Gold gekauft habe, zuletzt im Oktober 23 Tonnen. Insgesamt verfügt das Land demnach über 2215 Tonnen Gold.

Eine Auswertung der Nachrichtenagentur Reuters ergab zudem unlängst, dass „Hunderte von chinesischen Ökonomen, Finanzfachleuten und geopolitischen Analysten“ damit beschäftigt sind, die Auswirkungen der Sanktionen auf Russland zu analysieren, um herauszufinden, was ähnliche Strafmaßnahmen für China bedeuten könnten. „Vor dem Hintergrund des verschärften strategischen Wettbewerbs zwischen China und den USA und des Konflikts um die Straße von Taiwan sollten wir darauf vorbereitet sein, dass die USA dieses Modell der Finanzsanktionen gegen China wiederholen“, zitiert Reuters einen wissenschaftlichen Mitarbeiter von Chinas Zentralbank.

„Grauzonen-Aktivitäten“: China erhöht den Druck auf Taiwan

Hinweise also auf einen bevorstehenden chinesischen Angriff auf Taiwan? Sheu Jyh-Shyang, Militärexperte am Institute for National Defense and Security Research in Taipeh, glaubt das nicht. Zwar wolle China sich mit Ankäufen von Gold unabhängiger vom Westen und dem US-Dollar machen; einen Zusammenhang mit dem Taiwan-Konflikt will Sheu aber nicht herstellen. „Wenn China sich für eine Invasion rüstet, dann indem es entsprechendes Material vorbereitet, etwa Munition“, sagt Sheu zu IPPEN.MEDIA. Auch gäbe es beispielsweise ein Urlaubsverbot für Offiziere und Soldaten. Zudem, so Sheu, würde China „Truppen und Material in die Provinzen, die Taiwan gegenüberliegen, transportieren.“ All das erkenne man derzeit aber nicht.

Dennoch: Peking erhöht unverkennbar den Druck auf Taiwan. Fast täglich überqueren Kampfjets und Kriegsschiffe die Medianlinie, also die inoffizielle Grenze zwischen den beiden Ländern. Solche „Grauzonen-Aktivitäten“ – angesiedelt irgendwo im Grenzbereich zwischen Krieg und Frieden – sollen die Moral der Taiwaner brechen und die Bereitschaft Chinas unterstreichen, notfalls Gewalt gegen die Insel anzuwenden. Zudem mischt sich China in den laufenden taiwanischen Präsidentschaftswahlkampf ein, etwa mit Desinformationskampagnen. So will Peking einen Sieg des Kandidaten der regierenden Demokratischen Fortschrittspartei, Lai Ching-te, verhindern. China betrachtet Lai als „Separatisten“, der Taiwan in eine formelle Unabhängigkeit von China führen wolle.

Laut Charles Q. Brown, dem neuen Generalstabschef der US-Streitkräfte, ist in jedem Fall Wachsamkeit geboten. In einem Interview mit dem US-Nachrichtenmagazin Newsweek sagte der General kürzlich über einen möglichen Angriff der Volksrepublik auf Taiwan: „Wir wollen und sollten besorgt darüber sein, ob es nun passiert oder nicht.“ (sh)