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USA und Großbritannien attackieren Huthi-Stellungen: „Klare Botschaft“ – auch an den Iran
VonTadhg Nagel
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Eine militärische Koalition führt einen Angriff auf die Huthi-Miliz durch. So soll ein Signal gesendet werden. Den Rebellen könnte dies sogar nutzen.
Washington – Die USA und Großbritannien haben am Freitag (12. Januar) mit weiteren Verbündeten Stellungen der Huthi im Jemen angegriffen. Damit soll laut US-Verteidigungsminister Lloyd Austin ein klares Signal gesetzt werden. Seit Ausbruch des Kriegs in Israel attackieren die jemenitischen Huthi-Rebellen immer wieder Schiffe im Roten Meer, die angeblich eine Verbindung zu Israel haben sollen. Dadurch kommt es zu teils erheblichen Störungen des weltweiten Seehandels.
Als Reaktion auf die wiederholten Überfälle erfolgte in der Nacht zum Freitag ein Militärschlag, bei dem laut CNN 60 Ziele mit 100 Raketen beschossen wurden. Großbritannien und die USA wurden dabei von Kanada, Bahrain und den Niederlanden unterstützt. Dieser „heutige Einsatz der Koalition“ sei eine „klare Botschaft an die Huthi, dass sie einen Preis dafür zahlen werden, wenn sie ihre illegalen Angriffe nicht einstellen“, so Austin am Donnerstag (11. Januar; Ortszeit) in einer Mitteilung aus dem Pentagon. Bereits im Dezember hatten die USA angekündigt, zum Schutz des Seehandels eine internationale Operation mit dem Namen „Prosperity Guardian“ (zu Deutsch: Wohlstandshüter) initiieren zu wollen.
„Illegale, gefährliche und destabilisierende“ Angriffe – Militärschlag laut Baerbock Selbstverteidigung
In einer gemeinsamen Erklärung, die auch von der Bundesregierung mitgetragen wird, hieß es, die Mission sei eine Reaktion auf die „illegalen, gefährlichen und destabilisierenden“ Angriffe der Huthi-Miliz auf Schiffe im Roten Meer. Daher beruhe sie auf dem Recht der Selbstverteidigung. „Die Reaktion hat unsere politische Unterstützung“, so Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne). Sie sei „im Einklang mit dem individuellen und dem kollektiven Recht auf Selbstverteidigung der Charta der Vereinten Nationen“.
Der UN-Sicherheitsrat hatte die Huthi am Donnerstag (11. Januar) zur „sofortigen Einstellung“ der Angriffe aufgefordert. Die Miliz hatte die UN-Resolution als „politisches Spiel“ bezeichnet und den USA vorgeworfen, selbst das Völkerrecht zu verletzen.
Für den Militärschlag drohten die Rebellen postwendend Vergeltung an. „Amerika und Großbritannien werden bereit sein müssen, einen hohen Preis zu zahlen“, so Mohammed Ali al-Huthi vom obersten politischen Rat der Huthi. Gleichzeitig verurteilte er das Vorgehen Koalition als barbarisch. Auf X (vormals: Twitter) befand ein Sprecher der Rebellen, Mohammed Abdulsalam, dass es für keine Rechtfertigung für die gemeinsame Militäraktion gebe. Daher seien die Huthi nicht bereit, ihre Angriffe auf Schiffe mit dem Ziel Israel einzustellen.
Sorge vor einer Ausweitung vom Krieg in Israel: Die Huthi und der Iran sind seit langem verbündet
Neben den Angriffen auf Handelsschiffe im Suezkanal hat die Rebellengruppe auch schon Drohnen und Raketen auf Israel abgefeuert. Erklärtes Ziel ist es, ein Ende der israelischen Angriffe im Gazastreifen zu erzwingen. Damit wächst die Sorge, dass sich der Konflikt zwischen Israel und der Hamas auf die gesamte Region ausweiten könnte. Die Huthi sind mit dem Iran verbündet und werden von ihm militärisch unterstützt. Beide teilen ein Motto: „Tod den USA, Tod Israel“.
Vor dem Gaza-Krieg: Die Geschichte des Israel-Palästina-Konflikts in Bildern
Die Verbindung geht auf die Mitte der 1980er Jahre zurück, wie Politikwissenschaftlerin Elham Manea gegenüber der ARD-„tagesschau“ erklärte. Zunächst seien es eher kulturelle Beziehungen gewesen, „aber die politischen und militärischen Beziehungen zwischen Iran und den Huthi wurden wirklich stark nach den arabischen Aufständen“, so Manea. Der 2014 im Jemen ausgebrochene Bürgerkrieg habe die enge Zusammenarbeit endgültig offenbart. Laut Magdalena Kirchner von der Friedrich-Ebert-Stiftung ist die Lieferung von Waffen und Technologien zur Entwicklung von Raketen und Drohnen dokumentiert. Zudem sollen iranische Militärberater laut Berichten seit einiger Zeit im Norden des Landes aktiv sein.
Huthi-Miliz kein Werkzeug des Iran? Trotzdem nutzen die Beziehungen dem Land
Laut Kirchner seien die Huthi allerdings darauf bedacht, nicht als Werkzeug des Iran im Jemen gesehen zu werden, sondern als nationale Organisation. Wie eng die Beziehungen tatsächlich seien, lasse sich nicht sagen. Dies sei für den Iran vorteilhaft, da man so „sozusagen Macht und Einfluss in den arabischen Golf hineinzuprojizieren“ könne, ohne in die direkte Konfrontation mit Saudi-Arabien zu gehen. Das mache den Iran jetzt auch zum politischen Gewinner, da nun „viele westliche Staaten beim Iran anklopfen“ würden, damit er Einfluss ausübe. Gleichzeitig sei das Risiko für den Iran begrenzt, da er weder selbst aktiv werden, noch sich selbst angreifbar machen müsse.
Und tatsächlich forderte Nato-Sprecher Dylan White den Iran am Freitag dazu auf, seiner besonderen Verantwortung nachzukommen, die er habe, weil er die Huthis unterstütze, versorge und ausrüste. Das schreibt die Plattform yahoo. Das Land müsse seine „Stellvertreter“ kontrollieren, damit die Angriffe „ein Ende haben“, so White. Nach einem Bericht von CNN geht aus freigegebenen US-Geheimdienstinformationen zweifelsfrei hervor, dass der Iran maßgeblich an der Koordinierung der Angriffe der Huthi auf Handelsschiffe beteiligt war. Er habe unter anderem Informationen über die durch die Wasserstraße fahrenden Schiffe geliefert.
„Enormer Prestigegewinn für die Huthi“ – Botschaft der USA könnte nach hinten losgehen
Der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Nasser Kanaani, verurteilte den Angriff der Militärkoalition auf die Rebellen indes scharf. In einer Mitteilung hieß es, man werte diesen „als klare Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität des Jemens sowie als Verstoß gegen internationale Gesetze, Vorschriften und Rechte.“
Letztlich könnte der Angriff der Huthi Miliz aber sogar zugutekommen, wie Jemen-Experte Jens Heibach gegenüber der ARD-„tagesschau“ zu bedenken gab. Einerseits stärke es die Huthi gegenüber ihren innenpolitischen Gegnern. Andersseins stelle die Situation „einen enormen Prestigegewinn für die Huthi in der arabischen und der weiteren islamischen Welt“ dar, schließlich torpediere sie „damit die Normalisierungsbestrebungen arabischer Staaten“. Mit Sicherheit sei dies für die Huthi ein Ziel mit hoher Priorität. Der Versuch, eine Botschaft an den Iran und die Rebellen zu senden, könnte also nach hinten losgehen. (tpn)