Sergej Lawrow geht durch eine Tür, ein F16-Kampfjet macht eine Drehung in der Luft
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Bekommt beim Gedanken an F16-Kampfjets schlechte Laune: Russlands Außenminister Sergej Lawrow warnt und droht einmal mehr.

Übungen mit Belarus

F16-Kampfjets erzürnen Kreml: Putin-Scherge Lawrow droht mit atomarer Reaktion

  • Marcus Giebel
    VonMarcus Giebel
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Mit langem Anlauf landen wohl F16-Kampfjets in den Händen der ukrainischen Militärführung. Russlands Außenminister Sergej Lawrow reagiert mit einer Warnung.

Moskau – Öffentliche Drohungen gehören in der russischen Regierung beinahe schon zum guten Ton. Nicht nur, aber vor allem im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg. Adressaten sind dann zumeist die Unterstützer Kiews: der Westen im Allgemeinen und die USA im Besonderen.

Neben Kreml-Chef Wladimir Putin, der gerade erst bei einer seiner typischen Warnungen kleinere Nato-Staaten ins Visier nahm, tut sich vor allem Ex-Präsident Dmitri Medwedew hervor. Der stellvertretende Leiter des Sicherheitsrates, der dem Vorsitzenden Putin damit im Grunde doppelt unterstellt ist, zieht häufiger die Nuklearwaffen-Karte.

F16-Kampfjets für Ukraine? Lawrow sieht „Signalaktion der NATO im Nuklearbereich“

Nun tat es dem einstigen westlichen Hoffnungsträger auch der Außenminister gleich. In einem Interview mit der staatlichen Nachrichtenagentur RIA Novosti wurde Sergej Lawrow auf die über viele Monate angekündigten und wohl kurz bevorstehenden Lieferungen von F16-Kampfjets an die Ukraine angesprochen.

In diesem Zusammenhang fand auch der 74-Jährige schnell den Dreh hin zu den wohl tödlichsten Waffen, mit deren Einsatz Putin und seine Gefolgsleute immer wieder kokettieren. Laut Lawrow sind die F16 „seit langem das Haupttransportmittel im Rahmen der sogenannten gemeinsamen NATO-Atommissionen“.

Folglich wären für Moskaus obersten Diplomaten, seit mehr als 20 Jahren im Amt, die Lieferungen an Kiew „als eine bewusste Signalaktion der NATO im Nuklearbereich“ zu verstehen. Ähnlich hatte sich Lawrow bereits im vergangenen Sommer und auch vor wenigen Wochen geäußert. Er gewinnt nach eigener Aussage den Eindruck, „dass die USA und die NATO in der Ukraine buchstäblich zu allem bereit sind“.

Nur einer von beiden ist echt: Im Jahr 2019 demonstriert ein Mann mit Wladimir-Putin-Maske gegen Atomwaffen, Moskaus Machthaber hofft derweil für seine Mission in der Ukraine offenbar auf göttlichen Beistand.

Lawrow warnt vor F16-Lieferungen im Ukraine-Krieg: „Werden wie andere Arten von Waffen zerstört“

Beinahe im gleichen Atemzug erinnert Lawrow die Unterstützer der Ukraine daran, dass Moskau jederzeit Massenvernichtungswaffen zur Hand hätte: „Dennoch hoffen wir, dass die russisch-belarussischen Übungen, die in diesen Tagen durchgeführt werden, um den Einsatz nicht-strategischer Atomwaffen zu testen, unsere Gegner zur Besinnung kommen lassen und sie an die katastrophalen Folgen eines weiteren Fortschritts auf der Leiter der nuklearen Eskalation erinnern werden.“

Zugleich suggeriert der wichtige Putin-Vertraute aber auch, dass die Jets auf den Fortgang des Kriegs gar keinen Einfluss hätten: „Die Versorgung mit amerikanischen F-16-Kampfflugzeugen wird die Situation an der Kampfkontaktlinie nicht ändern. Diese Flugzeuge werden zerstört, ebenso wie andere Arten von Waffen, die NATO-Staaten an die Ukraine liefern.“ Allerdings würden die Lieferungen „das Desinteresse des Westens an einer Beendigung des Konflikts“ zeigen.

Video: Kreml-Sprecher nennt Schweizer Friedenskonferenz ohne Russland „absurd“

Lawrow über Frieden in der Ukraine: „Vorerst keine andere Möglichkeit als militärische Spezialoperation“

In dem Interview darf Lawrow auch aufzeigen, wie ein Frieden nach seinen und wohl auch Putins Vorstellungen aussieht. Voraussetzung ist wenig überraschend, dass die Regierung von Wolodymyr Selenskyj abtreten müsste. Wobei er auch erwähnt, dass die Amtszeit des 2019 gewählten Staatsoberhauptes im Mai abgelaufen wäre.

„In Kiew regiert die ‚Kriegspartei‘, die zumindest in Worten danach strebt, Russland ‚auf dem Schlachtfeld‘ zu besiegen. Unter solchen Bedingungen ist ein Dialog über Frieden kaum vorstellbar“, schießt Lawrow gegen Selenskyj, der aus Moskauer Sicht offenkundig zu europafreundlich regiert.

Zudem erweckte er einmal mehr den Eindruck, die Mehrheit der Ukrainer würde sich wieder eine Annäherung an Russland wünschen: „Hoffen wir, dass in der Ukraine früher oder später politische Kräfte auftauchen, denen die Interessen des Volkes am Herzen liegen. Vorerst gibt es keine andere Möglichkeit, als die militärische Spezialoperation fortzusetzen, bis ihre Ziele erreicht sind.“

Nawalny verlängert die Liste der Opfer Putins – ein Überblick

Alexej Nawalny
Alexej Nawalny war über Jahre der markanteste Kopf der russischen Opposition. Schon früh prangerte der Rechtsanwalt das Machtlager von Präsident Wladimir Putin offen als „Partei der Gauner und Diebe“ an.  © Andrei Zhilin/afp
Wahlen 2012 in Russland: Nawalny protestiert gemeinsam mit Schach-Großmeister Garry Kasparow (l.) für faire Wahlen in Russland – am Ende gewann Wladimir Putin.
Wahlen 2012 in Russland: Nawalny protestiert gemeinsam mit Schach-Großmeister Garry Kasparow (l.) für faire Wahlen in Russland – am Ende gewann Wladimir Putin. © Anatoly Maltsev / dpa
Alexej Nawalny
2013 trat er als Bürgermeisterkandidat in Moskau an und erreichte mit 27 Prozent der Stimmen den zweiten Platz. Später organisierte er Massenproteste im ganzen Land, besonders aber in Moskau. 2018 wollte Nawalny selbst Präsident werden, doch die Justiz schob ihm einen Riegel vor. Wiederholt wurde er wegen Betrugs- und Diebstahlsvorwürfen vor Gericht gestellt und verurteilt. © Kirill Kudryavtsev/afp
Nawalny – damals bereits sozusagen der Superstar der Protestbewegung in Russland – mit seiner Ehefrau Julija, vor Gericht. Nach seinen Protesten kam er damals vorerst frei.
Nawalny – damals bereits sozusagen der Superstar der Protestbewegung in Russland – mit seiner Ehefrau Julija, vor Gericht. Nach seinen Protesten kam er damals vorerst frei. © Valentina Svistunova / dpa
Kreml-Kritiker Nawalny 2017 nach einer Farbattacke vor seinem Büro.
Kreml-Kritiker Nawalny 2017 nach einer Farbattacke vor seinem Büro. © Evgeny Feldman / dpa
Nawalny vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte im Jahr 2018. Dort war Russland zuvor wegen Festnahmen des Kreml-Kritikers verurteilt worden.
Nawalny vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte im Jahr 2018. Dort war Russland zuvor wegen Festnahmen des Kreml-Kritikers verurteilt worden. © Jean-Francois Badias / dpa
Ein großes Portrait von Alexej Nawalny mitten in St. Petersburg. Nach nur wenigen Minuten ließ man es wieder überstreichen.
Ein großes Portrait von Alexej Nawalny mitten in St. Petersburg. Nach nur wenigen Minuten ließ man es wieder überstreichen. © Alexander Demianchuk / Imago
Alexej Nawalny
Im August 2020 brach Nawalny bei einer Reise zusammen und fiel ins Koma. Grund war eine Vergiftung mit dem Nervenkampfstoff Nowitschok, wie Untersuchungen an der Charité in Berlin bewiesen. © Instagram account @navalny/afp
Alexej Nawalny
Im Januar 2021 kehrte Nawalny nach Russland zurück, wo er erneut vor Gericht gestellt und unter anderem wegen angeblichem „Extremismus“ zu 19 Jahren Lagerhaft verurteilt wurde. Im Dezember 2023 folgte die Verlegung in ein Lager hinter dem Polarkreis. Am 16. Februar 2024 starb Nawalny nach Justizangaben in dem Straflager. Er sei nach einem Hofgang zusammengebrochen, teilte die Gefängnisverwaltung mit.  © Vera Savina/afp
Am 16. Februar 2024 kommt überraschend dann die Info aus Russland, Nawalny sei im Strafgefangenenlager gestorben
Am 16. Februar 2024 kommt überraschend dann die Info aus Russland, Nawalny sei im Strafgefangenenlager gestorben. Weltweit wird um den Kreml-Kritiker getrauert. © IMAGO/Vuk Valcic / ZUMA Wire
Jewgeni Prigoschin
Jewgeni Prigoschin war in Russland als skrupelloser Unternehmer mit krimineller Vergangenheit bekannt. Er und Putin kannten sich lange. Als der heutige Präsident noch in der St. Petersburger Stadtverwaltung arbeitete, soll er in Prigoschins Restaurant eingekehrt sein. Deshalb war Prigoschin, der mehrere Jahre wegen Raubs in Haft saß, auch als „Putins Koch“ bekannt. Niemand sonst in Russland traute sich solche Kritik wie Prigoschin © ITAR-TASS/Imago
Jewgeni Prigoschin
Über Monate hinweg legte sich Jewgeni Prigoschin mit der Militärführung in Moskau an. Immer wieder warf der Chef der russischen Privatarmee Wagner dem Verteidigungsministerium und dem Generalstab der Armee vor, Präsident Wladimir Putin zu belügen. Mit einem bewaffneten Aufstand seiner Privatarmee forderte Prigoschin aber auch Putin selbst heraus. © Sergey Pivovarov/Imago
Jewgeni Prigoschin
Nach seinem gescheiterten Aufstand sahen Fachleute den Söldnerchef aber dem Tode geweiht. Kremlchef Putin hatte die Kämpfer um seinen Ex-Vertrauten als Verräter bezeichnet. Tatsächlich starb Prigoschin zwei Monate nach seiner Meuterei gegen die russische Staatsmacht im August 2023 bei einem Flugzeugabsturz in Russland. © Imago
Boris Nemzow
Der Oppositionspolitiker Boris Nemzow galt als einer der schillerndsten und mutigsten Politiker Russlands. Feinde machte er sich vor allem mit seiner Kritik an der Ukraine-Politik von Kremlchef Wladimir Putin. Er wurde zur Galionsfigur der zersplitterten Opposition und galt als Unterstützer der Richtung Westen strebenden Ukraine. © Oxana Onipko/afp
Boris Nemzow
Nemzow wurde im Februar 2015 durch mehrere Schüsse in den Rücken aus einem Auto heraus erschossen. Der Mord wirft noch immer viele Fragen auf. Die EU drängte Russland wiederholt dazu, den Fall weiter aufzuklären. Ein Gericht in Moskau verurteilte 2017 den mutmaßlichen Mörder und vier Komplizen aus dem Nordkaukasus zu langen Haftstrafen. Nemzows Familie beklagte, dass nach den Drahtziehern nie wirklich gesucht worden sei. © afp
Boris Nemzow
In den 1990er Jahren hatte sich Nemzow als liberaler Reformer in Russland einen Namen gemacht. Präsident Boris Jelzin (rechts im Bild) holte ihn einst in die Regierung nach Moskau. Nemzow war zeitweilig auch als Präsidentenanwärter gehandelt worden. „Ich bin liberal, was Wirtschaftsfragen angeht, aber für eine starke Staatsmacht in der Politik“, sagte er einmal. © TASS/afp
Alexander Litwinenko
Der Putin-Kritiker Alexander Litwinenko starb im November 2006 in London nach einem Anschlag mit dem radioaktiven Gift Polonium 210. Einem Untersuchungsbericht zufolge soll ihm das Strahlengift in einem Londoner Hotel in den Tee gemischt worden sein. Unter den Augen der Weltöffentlichkeit siechte Litwinenko tagelang dahin. Vom Krankenhausbett beschuldigte er Putin, hinter dem Anschlag zu stecken. Die britische Justiz sieht es ebenfalls als bewiesen an, dass die Spur in hohe politische Kreise in Moskau führt. Russland weist dies zurück. © Sergei Kaptilkin/dpa
Anna Politkowskaja
Die Journalistin Anna Politkowskaja machte sich als Kritikerin der Kriege in Tschetschenien einen Namen. Die Mitarbeiterin Oppositionszeitung Nowaja Gaseta berichtete über Kriegsverbrechen der russischen Armee und der verbündeten tschetschenischen Gruppen und sprach von einem „schmutzigen Krieg“. Häufig musste sie sich gegen Drohungen wehren. Am 7. Oktober 2006 wurde sie vor ihrer Wohnung in Moskau erschossen. Politkowskajas Familie vermutet ein politisches Motiv für die Tat.  © Imago
Boris Beresowski
Die Serie von mitunter rätselhaften Todesfällen, hinter denen russische staatliche Stellen vermutet werden, ist noch sehr viel länger. Der Oligarch Boris Beresowski (Mitte) fiel nach dem Machtantritt Putins in Ungnade und floh nach Großbritannien. Am 23. März 2013 wurde Beresowski tot im Bad seines Hauses in Ascot gefunden.  © Shaun Curry/afp
Pawel Scheremet
Im Juli 2016 kam der russische Exil-Journalist Pawel Scheremet in Kiew durch eine Autobombe ums Leben. Scheremet engagierte sich während der Maidan-Proteste 2013/2014 in Kiew aufseiten der prowestlichen Kräfte und wurde später Redakteur beim renommierten Internetportal Ukrainskaja Prawda. © Dmytro Larin/afp
Denis Woronenkow
2017 wurde der abtrünnige russische Abgeordnete Denis Woronenkow auf offener Straße in Kiew erschossen. Auch sein Fall wurde nie aufgeklärt. © ITAR-TASS/Imago
Sergej Magnizki
Sergej Magnizki starb 2009 unter ungeklärten Umständen in einem Moskauer Gefängnis. Angeblich wurde der Anwalt, der nach eigenen Angaben einen Steuerbetrug aufgedeckt hatte, zu Tode geprügelt. Medizinische Hilfe wurde im verweigert.  © HO/Hermitage Capital Management/afp
Baburowa/Markelow
Die Journalistin Anastassija Baburowa und der Menschenrechtsanwalt Stanislaw Markelow wurden 2009 auf der Straße in Moskau erschossen. Für die Tat wurden ein Rechtsextremist und eine Komplizin zu langen Haftstrafen verurteilt. Sie hatten ihre Schuld bestritten. © ITAR-TASS/Imago
Natalia Estemirowa
Die Menschenrechtlerin Natalia Estemirowa wurde 2009 in der Konfliktregion Nordkaukasus erschossen aufgefunden. Mit Berichten über das Verschwinden von Zivilpersonen in dem Gebiet hatte sie sich wiederholt den Zorn der Machthaber zugezogen. © Memorial/afp
Sergej Juschenkow
Eines der ersten Todesopfer war Sergej Juschenkow. Der Duma-Abgeordnete wurde im April 2003 in Moskau erschossen. Juschenkow war der Staatsführung ein Dorn im Auge, wenngleich der Politiker über wenig Macht und Einfluss verfügte.  © Roman Mukhamedzanov/Vremya Novos/afp

Lawrow will nicht nur Waffenstillstand: „Feind darf sich nicht neu gruppieren und aufrüsten“

Verhandlungen sind in seinen Augen nur möglich, wenn klar sei, „dass es sich um Frieden und nicht um einen Waffenstillstand handelt. Es hat keinen Sinn, dem Feind eine Pause zu gönnen, die er erneut nutzen wird, um sich neu zu gruppieren und aufzurüsten.“ Damit liefert Lawrow den gleichen Vorwurf, der andersherum auch aus Kiew und von den ukrainischen Unterstützern zu hören ist: Schweigen auf beiden Seiten die Waffen, könnte Putin seine Armee weiter hochrüsten, um nach einer Feuerpause erneut vorzustoßen und weitere Gebiete einzunehmen.

Lawrow nutzt derweil auch die Gelegenheit, sich artig für Chinas Friedensbemühungen zu bedanken und lobt „Pekings konstruktive Linie im Kontext der Ukraine-Krise“. Konkreter betont er mit Blick auf die Initiative des wohl wichtigsten und mächtigsten Partners: „Wir teilen die Position, dass es zunächst notwendig ist, die Grundursachen zu beseitigen, die legitimen Interessen aller Parteien zu wahren und dann Vereinbarungen zu treffen, die auf dem Prinzip der gleichen und unteilbaren Sicherheit basieren.“

Dabei müsse jedoch immer bedacht werden: „Dies setzt Respekt vor den Realitäten voraus, die sich ‚auf der Erde‘ entwickelt haben und den Willen der dort lebenden Menschen widerspiegeln.“ Also den Willen, den Moskau wahrnimmt. (mg)