Mögliche Zusammenarbeit

CDU diskutiert über Umgang mit „Bündnis Sahra Wagenknecht“

  • VonTadhg Nagel
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Das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ könnte die Parteienlandschaft aufrütteln. Die CDU ringt derweil um den richtigen Umgang.

Berlin – Die CDU hatte sowohl zur Linkspartei als auch zur AfD stets eine eindeutige Haltung: Eine „Politik auf der Basis von Werten und Überzeugungen“ lasse eine Zusammenarbeit mit beiden Parteien „aus unterschiedlichen Gründen“ nicht zu, heißt es auf der Website der Christdemokraten. Dennoch, so steht es dort, wolle man sie nicht gleichsetzen und erkenne „die Unterschiede zwischen beiden Parteien“ an.

Mit der angekündigten Gründung des „Bündnis Sahra Wagenknecht“ durch die frühere Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht scheinen diese Unterschiede nun zu verschwimmen. Die neue Partei steht für eine linke Wirtschaftspolitik mit einem Augenmerk auf sozialer Gerechtigkeit. Gleichzeitig bringt sie sich für eine Begrenzung der Migration in Stellung, während Wagenknecht gegen „Konformitätsdruck“ und einen angeblich „verengten Meinungskorridor“ wettert. Gesellschaftspolitisch steht die Partei also rechts.

Die zukünftige Parteivorsitzende Wagenknecht hatte sich mit Blick auf die im nächsten Jahr anstehenden Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen sogleich offen für eine Koalition mit der CDU gezeigt. In der Zeit bot sie ein Bündnis für den Fall an, dass ohne die AfD keine Mehrheit zustande käme. Das sei im Zweifel „vielleicht besser, als wenn (Ministerpräsident Michael) Kretschmer mit der AfD regiert“.

Die CDU diskutiert über den Umgang mit dem „Bündnis Sahra Wagenknecht“. (Archivfoto)

Abwarten oder Unvereinbarkeitsbeschluss? „Bündnis Sahra Wagenknecht“ entzweit die CDU

In der CDU ist man sich derweil uneins, wie mit dem Phänomen umgegangen werden soll. CDU-Vize Andreas Jung mahnte gegenüber der Welt, die CDU dürfe mit Blick auf die Parteineugründung keine vorauseilenden Beschlüsse fassen. Stattdessen müsse man abwarten. Wenn Wagenknecht wirklich eine Partei gründe, werde sie „nicht umhinkommen, klare Antworten auf Herausforderungen zu geben – konkrete Lösungen statt nur Problembeschreibung und Protest“. Erst dann könne man Prognosen anstellen oder gar eine Entscheidung treffen.

Ganz anders beurteilt Julia Glöckner (CDU) die Situation. Die frühere Landwirtschaftsministerin verwies auf einen klaren Unvereinbarkeitsbeschluss. Was für AfD und Linke gelte, gelte „selbstverständlich auch für die Wagenknecht-Partei“, die Positionen der beiden Parteien verschmelze, so Glöckner gegenüber der Welt. Der niedersächsische CDU-Chef Sebastian Lechner warb in der Zeitung dafür, einen eigenen Beschluss für die neue Partei zu fassen. Man könne diese nicht unter den Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU mit Linken und AfD subsumieren, es gebe noch zu viel Klärungsbedarf. Ähnlich sieht das der Brandenburger CDU-Vorsitzende Jan Redmann.

Wähler in Thüringen wollen „Debatten unter den Parteien“ – Wird Sahra Wagenknecht „absahnen“?

Es gelte die Entwicklungen abzuwarten, da man „kaum etwas über die Wagenknecht-Partei“ wisse. „Weder über ihre inhaltliche Aufstellung, noch wer in den Ländern personell dafür aufgestellt werden soll“, so Redmann in der Bild. Der frühere Thüringer CDU-Vorsitzende Mike Mohring warb für einen demokratischen Diskurs. „Die Mehrheit der Wähler in Thüringen“ wolle „diese Debatten unter den Parteien erleben“, weshalb man Gespräche nicht von vornherein ausschließen dürfe, sagte er dem Tagesspiegel. Sein Nachfolger Mario Voigt befürwortet zwar grundsätzlich die Gesprächsfähigkeit unter Demokraten, hat in Bezug auf Wagenknecht jedoch Bedenken. Diese sei „bislang nicht dadurch aufgefallen, Politik für die bürgerliche Mitte zu machen.“

Auch wenn das letzte Wort bezüglich einer Zusammenarbeit der CDU mit dem angekündigten „Bündnis Sahra Wagenknecht“ also noch nicht gesprochen ist, wird die CDU wahrscheinlich nicht umhinkommen, sich zu positionieren. Die neue Partei könnte bei den ostdeutschen Landtagswahlen 2024 „kräftig absahnen“, prognostizierte der frühere Bundespräsident Joachim Gauck am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“. Gauck geht davon aus, dass das Bündnis sowohl Wähler der SPD, als auch der AfD abwerben könnte, da es „ausgewählte linke mit nationalpopulistischen Argumenten“ verbinde. Mit der AfD habe die Partei nicht zuletzt eine Verharmlosung der Bedrohung, die vom „russischen Kriegsbrandstifter“ Wladimir Putin ausgehe, gemein.

„Bündnis Sahra Wagenknecht“ könnte der AfD Stimmen wegnehmen – Merz warnt vor Populismus

Auch der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz traut dem Bündnis zu, „der rechtsextremen AfD einiges an Stimmen“ wegzunehmen. Das sagte Merz der Stuttgarter Zeitung. Damit könnte der Partei gelingen, was Merz gerne für sich selbst beansprucht hätte. Bei seiner Bewerbung auf den CDU-Parteivorsitz 2018 hatte er angekündigt, sich zuzutrauen, die Stimmen der AfD zu halbieren.

Das Verhältnis zur Linkspartei müsse die CDU angesichts der drei anstehenden Landtagswahlen im Osten trotzdem nicht überdenken. Schließlich „zerstöre“ Sahra Wagenknecht die Linkspartei gerade selbst. Gleichzeitig zeigte er sich jetzt beunruhigt, dass es mit dem „Bündnis Sahra Wagenknecht“ und der AfD „demnächst zwei populistische Parteien“ in der deutschen Parteienlandschaft geben könnte. (tpn)

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