Gefangener von Rechtsextremen

Vorwürfe gegen Netanjahu: Kalkül wichtiger als Befreiung der Hamas-Geiseln?

  • Bedrettin Bölükbasi
    VonBedrettin Bölükbasi
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Netanjahus Beliebtheit sinkt seit Beginn des Kriegs. Das liegt laut Fachleuten aus Israel an den rechtsextremen Partnern des Premierministers.

Tel Aviv – Im Krieg mit der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen nennt Israel immer wieder zwei Hauptziele seiner Offensive: Die vollständige Zerstörung der Hamas sowie die sichere Rückkehr von Geiseln, die nach dem blutigen Angriff der Terrorgruppe vom 7. Oktober 2023 nach Gaza entführt worden waren.

Doch so wie es scheint, hat sich in den letzten Wochen ein drittes Ziel der israelischen Regierung beziehungsweise von Premierminister Benjamin Netanjahu herauskristallisiert: Sein politisches Überleben als Regierungschef von Israel. Doch dieses Ziel zu erreichen und sich gleichzeitig auf die Kriegsziele zu konzentrieren sowie ein Gleichgewicht innerhalb der komplexen politischen Verhältnisse in Israel aufrechtzuerhalten, erweist sich als schwierig.

Krieg in Israel: Politisches Überleben Netanjahus als neues Kriegsziel

In einer Analyse der liberalen und oft regierungskritischen Zeitung Haaretz wird ihm vorgeworfen, der Fortbestand seiner Koalition käme für Netanjahu an erster Stelle. Der Aspekt, der Netanjahu das Leben innerhalb dieser Koalition sehr schwer macht, ist dabei der rechtsextreme Flügel. Man könnte dies gewissermaßen als Wurzel allen Übels beschreiben.

Denn mit rechtsextremen Personen wie etwa dem Minister für Nationale Sicherheit Itamar Ben-Gvir oder Finanzminister Bezalel Smotrich lässt sich nur schwer verhandeln. Sie stellen radikale Forderungen, wollen etwa die komplette Einnahme und Kontrolle von Gaza durch Israel, den Wiederaufbau israelischer Siedlungen in Gaza nach dem Vorbild des Westjordanlands sowie die Migration von Palästinensern aus Gaza in andere Länder. Ihre Äußerungen und Forderungen setzen Netanjahu immer wieder unter Druck.

Gegen die Pläne und Wünsche des rechtsextremen Spektrums protestieren nicht zuletzt die USA oder moderate Vertreter Israels wie der ehemalige Außen- und Premierminister Yair Lapid. Auch Netanjahu selbst betont eigentlich immer wieder, man werde sich nach dem Krieg nicht in die zivilen Angelegenheiten des Gazastreifens einmischen. Einen finalen Vorschlag macht er zwar nicht, stellt aber klar, dass die Vorstellung der rechtsextremen Minister nicht Anwendung finden wird.

Israels rechtsextremistischer Finanzminister Bezalel Smotrich (l) neben Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. (Archivbild)

Krieg gegen die Hamas: Offenbar „Frustration“ bei Verhältnis zwischen USA und Israel

Beim Krieg in Israel ist Netanjahu auf die Hilfe der USA angewiesen, militärisch, aber besonders auch diplomatisch. Die USA haben Ende 2023 bereits Waffen und Munition für den Krieg geliefert, der laut dem israelischen Militär das gesamte Jahr über laufen könnte. Inmitten der Genozid-Vorwürfe gegen Israel vor dem Internationalen Gerichtshof ist die diplomatische Unterstützung aus den USA von großer Bedeutung.

Allerdings: Die Unterstützung ist nicht grenzenlos, sondern ganz im Gegenteil droht sie abzunehmen. In einem Bericht des US-Nachrichtenportals Axios unter Berufung auf US-Beamte hieß es, Präsident Joe Biden sei immer stärker frustriert über Netanjahu. „Die Situation ist schlimm und wir stecken fest, die Geduld des Präsidenten geht aus“, sagte ein US-Beamter dem Portal. Ein weiterer Beamter sprach von „immenser Frustration“.

Dem Bericht zufolge ist der Grund für die Frustration, dass Netanjahu den US-Forderungen, die das Leben für die Palästinenser in Gaza und im Westjordanland erleichtern sollten, nicht nachkommen will. Die Ursache dafür ist wiederum die Teilhabe rechtsextremer Politiker an der Regierung. Denn sie fordern einen harten Umgang mit den Palästinensern, was sich nicht mit den Forderungen der USA an Israel deckt.

Krieg in Israel: Biden und Netanjahu sprechen seit längerem nicht miteinander

Das wirkt sich anscheinend uch auf das persönliche Verhältnis zwischen Biden und Netanjahu aus. Seit fast einem Monat haben die beiden Männer kein Telefongespräch mehr geführt, wie Axios berichtet. Als Biden beim letzten Gespräch im Dezember von Netanjahu forderte, Steuergelder der Palästinenser im Westjordanland freizugeben, lehnte Netanjahu ab. Darauf soll Biden das Telefonat mit den Worten „Das Gespräch ist beendet“ abgebrochen haben.

Die rechtsextremen Minister üben öffentlich keinerlei Zurückhaltung gegenüber den USA. Als Biden zuletzt die Siedlungsstrategie von Israel im Westjordanland kritisierte und Israel dabei „als Teil des Problems“ bezeichnete, erntete er Protest von Ben-Gvir. Die Debatte um Siedlungen ist besonders heikel, da die Rechtsextremen den gleichen Vorgang auch in Gaza fordern. „Ich bewundere die USA wirklich, aber bei allem Respekt, wir sind kein Stern auf der US-Flagge“, schrieb der Minister für Nationale Sicherheit im Kurznachrichtendienst X (ehemals Twitter).

Chris Van Hollen, ein demokratischer Senator, gab gegenüber Axios an, derzeit höre Netanjahu mehr auf das, was seine ultranationalistischen Minister sagen würden, anstatt US-Präsident Biden Gehör zu schenken. Die USA würden zwar Israel verteidigen, doch Israel zeige der Biden-Regierung „an jeder Kreuzung den Finger“.

Frustration in den USA über Israel: Rechtsextreme Minister fordern radikale Maßnahmen

Frustriert ist die US-Regierung auch deshalb, da Israel bislang keine bedeutende und finale Nachkriegsstrategie präsentiert habe. Die Diskussionen laufen zwar, bislang aber ohne konkrete Ergebnisse. Grund dafür soll wieder einmal der rechtsextreme Flügel sein. Die USA wollen eine erneute und permanente Besetzung von Gaza durch israelische Truppen verhindern. Stattdessen fordert Washington und der moderate Flügel in Israel eine Übernahme durch die Palästinensische Autonomiebehörde, die zunächst noch „reformiert“ werden solle.

Die Ultranationalisten aber würden den Streifen lieber zu israelischen Territorium machen wollen. So sei laut Finanzminister Smotrich das Problem, dass in Gaza zwei Millionen Palästinenser leben würden. Gäbe es etwa nur 100.000 bis 200.000 Palästinenser, so würde dies die Probleme beheben, meint Smotrich laut Haaretz. Denn die zwei Millionen Bewohner in Israel würden mit Hass auf Israel leben und darauf abzielen, den Staat Israel zu zerstören. Weniger Einwohner würden somit eine kleinere Gefahr bedeuten, wenn es nach Smotrich geht.

Rechtsextreme Minister in Israel: Netanjahu kämpft um politische Zukunft

All das zeigt: Der rechtsextreme Flügel wird für Netanjahu zu einem immer größeren Problem. Er blockiert Fortschritte, die ein Ende des Kriegs in Israel herbeiführen könnten und sorgt für Spannungen mit den USA. Wieso aber kann der Premierminister seine Koalitionspartner nicht in die Schranken weisen und hört auf sie? Die Antwort ist einfach: Er braucht sie. Netanjahus Regierungskoalition besitzt im Parlament nur noch eine hauchdünne Mehrheit. Die Popularität von Netanjahu sowie der Stimmanteil seiner eigenen Partei und seiner Koalition nehmen seit Beginn des Krieges ständig ab.

Wenn er seine Regierung fortsetzen und weiter an der Macht bleiben will, darf er Ben-Gvir und Smotrich, die kein Blatt vor den Mund nehmen, nicht verärgern. Frustriert sind dabei nicht nur die USA, sondern auch die israelischen Bürger. Einer jüngsten Umfrage der Zeitung Maariv zufolge sinkt der Anteil der Israelis, die an einen Sieg gegen die Hamas glauben. Gleichzeitig steigt der Anteil der israelischen Bürger, die Neuwahlen fordern, laut dem US-Sender CNN auf 70 Prozent. Es ist fast schon sicher, dass Netanjahu diese Wahl verlieren würde.

Daher decken sich die Interessen der Rechtsextremen und Netanjahu eigentlich in dem Punkt, dass sie den Krieg fortsetzen wollen. Denn wenn Netanjahu die Sicherheitsblamage vom 7. Oktober wiedergutmachen und das Vertrauen des Volkes wiedergewinnen will, dann muss er liefern. Bislang gibt es keine allzu großen Fortschritte trotz drei Monaten Krieg. Mehr als 130 Geiseln befinden sich noch in den Händen der Hamas. Militärische Rettungsoperationen scheiterten laut CNN, zudem wurden drei Geiseln versehentlich von israelischen Soldaten erschossen. Gideon Sa‘ar, ein Minister im Kriegskabinett, sagte gegenüber dem israelischen Militärradio GLZRadio, von einer Zerstörung der Hamas sei man noch weit entfernt.

Vor dem Gaza-Krieg: Die Geschichte des Israel-Palästina-Konflikts in Bildern 

Vor 60. Gründungstag von Israel
Die Generalversammlung der Vereinten Nationen entschied 1947 über die Teilung Palästinas in zwei Staaten, einen jüdischen und einen arabischen. Im Teilungsplan wurde auch festgelegt, dass die Briten ihr Mandat für Palästina bis August 1948 niederlegen. Großbritannien hatte nach dem Ersten Weltkrieg das Gebiet besetzt und war 1922 offiziell mit dem Mandat über Palästina beauftragt worden. Am 14. Mai 1948 wurde auf Grundlage des UN-Beschlusses der jüdische Staat gegründet. © dpa
Proklamation des Staates Israel
Nach der Unterzeichnung der Proklamationsurkunde am 14. Mai 1948 im Stadtmuseum von Tel Aviv hält eine nicht identifizierte Person das Schriftstück mit den Unterschriften in die Höhe. Links ist David Ben Gurion zu sehen, der erste Ministerpräsident Israels. © dpa
Israelischer Unabhängigkeitskrieg
Ein historisches Datum für den Staat Israel. Doch die arabischen Staaten Libanon, Syrien, Jordanien, Ägypten und Irak erkannten die Gründung nicht an und überschritten nur einen Tag später mit ihren Armeen die Grenzen. So begann der Palästina-Krieg, der im Januar 1949 mit dem Sieg Israels endete. Das Foto zeigt israelische Mitglieder der paramilitärischen Organisation Haganah im August 1948.  © AFP
Operation Yoav
Die israelische Armee konnte während des Krieges 40 Prozent des Gebiets erobern, das eigentlich laut dem ursprünglichen UN-Plan zur Teilung für die arabische Bevölkerung vorgesehen war. So wurde auch der westliche Teil von Jerusalem von Israel besetzt.  © Imago
Waffenstillstand Israel Palästina 1949
Die Vereinten Nationen vermittelten zwischen Israel und Ägypten, und so kam es zwischen den beiden Ländern am 24. Februar 1949 zu einem Waffenstillstandsvertrag. Andere arabische Kriegsgegner folgten mit Waffenstillständen bis Juli 1949. Laut Schätzungen starben bei dem Krieg, den die arabischen Länder gestartet hatten, mehr als 6000 Israelis und 6000 Araber.  © ACME Newspictures/afp
Arafat. Geschichte des Krieges in Israel
Jassir Arafat gründete 1959 die Fatah, eine Partei in den palästinensischen Autonomiegebieten. Laut ihrer Verfassung war ihr Ziel, auch mit terroristischen Mitteln die Israelis aus Palästina zu vertreiben und Jerusalem als Hauptstadt zu installieren. Ebenfalls als Ziel rief die Fatah die „Ausrottung der ökonomischen, politischen, militärischen und kulturellen Existenz des Zionismus“ aus.  © PPO/afp
Arafat
1993 erkannte die Fatah mit ihrem Vorsitzenden Jassir Arafat das Existenzrecht Israels im Osloer-Friedensprozess an, und wollte den Terror als Waffe nicht mehr nutzen. Allerdings gab es immer wieder Bombenattentate in Israel. 2011 suchte Arafat den Schulterschluss mit der Hamas. Gemeinsam planten sie, eine Übergangsregierung zu bilden, was bis heute nicht umgesetzt wurde. Innerhalb der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) ist die Fatah die stärkste Fraktion. © Aleksander Nordahl/Imago
1974 Arafat vor UN
Im Oktober 1974 erkannte die Vollversammlung der Vereinten Nationen die PLO als Befreiungsbewegung an. Daraufhin wurde Arafat als Vertreter eingeladen. Am 13. November 1974 eröffnete Arafat die Debatte in der Vollversammlung. Er beendete die Rede mit dem Satz: „Ich bin mit einem Olivenzweig in der einen und dem Gewehr des Revolutionärs in der anderen Hand hierhergekommen. Lasst nicht zu, dass der grüne Zweig aus meiner Hand fällt!“ © dpa
Kampfflugzeug im Sechs-Tage Krieg
Vom 5. Juni bis 10. Juni 1967 fand der Sechstagekrieg zwischen Israel auf der einen und Ägypten, Jordanien und Syrien auf der anderen Seite statt. Auslöser war die ägyptische Blockade der Seestraße von Tiran für die Israelis, die so abgeschnitten waren. Außerdem hatte der ägyptische Präsident den Abzug der Blauhelme erzwungen, die die nördliche Grenze Israels sicherten. Als Drohung schickte Ägypten dann 1000 Panzer und 100.000 Soldaten an die Grenzen zu Israel. Als Reaktion auf die Bedrohung flogen die Israelis einen Präventiv-Schlag. Auf dem Foto sieht man ein ägyptisches Kampfflugzeug. Während des Krieges konnte Israel die Kontrolle über den Gazastreifen, die Sinai-Halbinsel, die Golanhöhen, das Westjordanland und Ostjerusalem erlangen. Weil Israel seine Angreifer besiegen konnte, machte der Staat am 19. Juni 1967, neun Tage nach seinem Sieg, Ägypten und Syrien ein Friedensangebot. Darin enthalten die Aufforderung, Israel als Staat anzuerkennen. © AP/dpa
Arabisch-israelischer Krieg
Am 6. Oktober 1973, dem höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur, startete eine arabische Militärkoalition unter Führung Ägyptens und Syriens einen Überraschungsangriff, gleichzeitig auf die Sinai-Halbinsel und die Golanhöhen. Nach anfänglichem Erfolg der arabischen Kriegsparteien gelang es Israel, sich zu behaupten. Erst mit dem Friedensvertrag sechs Jahre später am 26. März 1979, normalisierten sich die Beziehungen zwischen Ägypten und Israel. Ägypten war der erste arabische Staat, der das Existenzrecht Israels anerkannte. © afp
Friedensvertrag zwischen Israel und Ägypten, Jimmy Carter schüttelt dem ägyptischen Präsidenten Anwar al-Sadat die Hand.
Das Friedensabkommen vom 26. März. 1979 war ein wichtiger Meilenstein. US-Präsident Jimmy Carter gratulierte damals dem ägyptischen Präsidenten Anwar al-Sadat und dem israelischen Premierminister Menachem Begin vor dem Weißen Haus. Nach den Camp-David-Verhandlungen unterzeichneten sie den Friedensvertrag zwischen den beiden Ländern dort. © Consolidated News Pictures/afp
Beschuss im Libanonkrieg
1982 begann mit dem Libanonkrieg der erste große israelisch-arabische Konflikt, der von Israel gestartet wurde. Die Kriegsparteien waren die israelische Armee und verbündete Milizen auf der einen, die PLO und Syrien auf der anderen Seite. Israel besetzte im Rahmen des Krieges zwischen 1982 und 1985 den Süden Libanons. Später richtete Israel daraufhin dort eine „Sicherheitszone“ ein, die aber Angriffe der Hisbollah aus dem Libanon auf nordisraelische Städte nicht verhindern konnte. Am 25. Mai 2000 zog die israelische Armee aus dem Südlibanon ab.  © Dominique Faget/afp
Soldaten und Kinder bei der Intifada 1987
Am 8. Dezember 1987 brach im Westjordanland und im Gazastreifen ein gewaltsamer Aufstand der Palästinenser gegen die israelische Besatzung aus. Diesen Aufstand nennt man Intifada. Auf dem Foto ist zu sehen, wie israelische Soldaten Kinder anweisen, das Gebiet zu verlassen, als Hunderte von Demonstranten Steine und Flaschen schleudern.  © Esaias Baitel/afp
Hamas-Kundgebung im Gaza-Streifen
Die PLO (Palästinensische Befreiungsorganisation), die ihre Zentrale in Tunis hatte, wollte einen eigenen palästinensischen Staat ausrufen, hatte aber keine Kontrolle über die entsprechenden Gebiete. Im Zuge dessen kam es zu einem Gewaltausbruch, der erst 1991 abnahm. 1993 wurde schließlich mit dem Osloer Abkommen die erste Intifada beendet. © Ali Ali/dpa
Der PLO-Führer Yasser Arafat und der israelischen Premierminister Yitzahk Rabin schütteln sich 1993 die Hände.
Nach Jahrzehnten von Gewalt und Konflikten unterschrieben am 13. September 1993 Israels Außenminister Shimon Peres und Mahmoud Abbas, Verhandlungsführer der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), unter Aufsicht der russischen und amerikanischen Außenminister die „Osloer Verträge“. Das Foto des Händedrucks zwischen Palästinenservertreter Jassir Arafat und dem israelischen Ministerpräsident Yitzhak Rabin und US-Präsident Bill Clinton wurde weltberühmt. © J. David Ake/afp
Yasir Arafat, Shimon Peres und Yitzhak Rabin erhalten den Friedensnobelpreis
Nach der Unterzeichnung der Osloer Verträge bekamen Jassir Arafat, Schimon Peres und Yitzhak Rabin den Friedensnobelpreis für 1994. Hier die Preisträger zusammen mit ihrer Medaille und ihrem Diplom im Osloer Rathaus. Die Friedensverträge wurden damals als wichtiger Startpunkt für Frieden in der Region gesehen. © Aleksander Nordahl/Imago
Bill Clinton, König Hussein und Rabin bei der Friedenssitzung
1994 folgten Friedensverhandlungen zwischen Jordanien und Israel 1994 im Weißen Haus. Auf dem Foto ist zu sehen, wie der jordanische König Hussein und der israelische Premierminister Yitzahk Rabin bei der Friedenssitzung sich die Hände schütteln. © Imago/ ZUMA Press
Sarg von Yitzhak Rabin, Geschichte des Kriegs in Israel
Mit der Hoffnung auf Frieden in der Region wurde der Hass von israelischen Extremisten größer. Diese wollten Abkommen mit den arabischen Staaten und der PLO nicht akzeptieren. So wurde Yitzhak Rabin zur Zielscheibe und wurde 1995 im Anschluss an eine große Friedenskundgebung in Tel Aviv von einem rechtsextremen Juden ermordet. Das Foto zeigt den Sarg des Premierministers in Jerusalem bei seiner Beerdigung.  © Jim Hollander/dpa
Junge schießt mit Katapult bei der zweiten Intifada, Geschichte des Krieges in Israel
Obwohl es in den 1990er Jahren mit den Osloer Verträgen große Hoffnung auf Frieden gab, hatte sich die Situation nach der Ermordung von Yitzhak Rabin massiv aufgeheizt. 2000 kam es zur zweiten Intifada, dem gewaltvollen Aufstand der Palästinenser mit Straßenschlachten. Die zweite Intifada dauerte bis 2005. © Imago/UPI Photo
Israelische Soldaten 2006, Geschichte des Krieges in Israel
2006 kam es wieder zwischen Israel und dem Libanon zum Krieg. Die Auseinandersetzung wird auch 33-Tage-Krieg oder zweiter Libanon-Krieg genannt, weil sie nach gut einem Monat am 14. August 2006 mit einem Waffenstillstand endete. Das Foto zeigt einen israelischen Soldaten im Libanon-Krieg im Jahr 2006. Eine israelische Artillerieeinheit hatte soeben an der libanesisch-israelischen Grenze in den Libanon gefeuert. Fast 10.000 israelische Soldaten kämpften in der Nähe von etwa einem Dutzend Dörfern im Südlibanon gegen Hisbollah-Kämpfer.  © Menahem Kahana/afp
Israelisches Militär feuert auf Ziele im Libanon
Auslöser des Libanon-Kriegs waren anhaltende Konflikte zwischen der Terrororganisation Hisbollah und der israelischen Armee. Um die Angriffe zu stoppen, bombardierte die israelische Luftwaffe die Miliz aus der Luft und verhängte eine Seeblockade. Die Hisbollah antwortete mit Raketenbeschuss auf den Norden Israels. Später schickte Israel auch Bodentruppen in den Süden von Libanon.  © Atef Safadi/dpa
Angriff im Süden von Beirut
Die libanesische Regierung verurteilte die Angriffe der Hisbollah und forderte internationale Friedenstruppen, um den Konflikt zu beenden. Am 14. August 2006 stimmten schließlich nach einer UN-Resolution die Konfliktparteien einem Waffenstillstand zu. Sowohl die Hisbollah als auch Israel sahen sich als Sieger.  © Wael Hamzeh/dpa
Krieg in Israel
2014 startete die israelische Armee (IDF) mit der Operation Protective Edge am 8. Juli eine Militäroperation, weil die Hamas aus dem Gazastreifen immer wieder Israel beschoss. Ab dem 26. Juli 2014 folgte eine unbefristete Waffenruhe, die kanpp neun jahre währte.  © Abir Sultan/dpa
Jahrestag der Angriffe auf Israel am 7. Oktober
Am 7. Oktober 2023 startete die Hamas einen Überraschungsangriff auf Israel mit Raketenbeschuss und Bodeninfiltrationen aus dem Gazastreifen, was zu schweren Verlusten und der Entführung zahlreicher Geiseln führte. Hier ist eine Gesamtansicht der zerstörten Polizeistation in Sderot nach den Angriffen der Hamas-Terroristen zu sehen.  © Ilia Yefimovich/dpa
Jahrestag der Angriffe auf Israel am 7. Oktober
Bei dem Überfall der Hamas und anderer extremistischer Gruppierungen auf Israel wurden rund 1200 Menschen getötet und mehr als 250 Israelis als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Seitdem wurden laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde im Gazastreifen Zehntausende Menschen getötet, darunter auch viele Frauen und Minderjährige. © Ilia Yefimovich/dpa

Krieg in Israel: Errungenschaften Israels stehen vor „Erosion“

Netanjahu ist also zwischen mehreren Fronten gefangen. Würde er eine moderatere Position einnehmen, würde er sein politisches Überleben riskieren. Daher ist es nahezu Tabu für ihn, den Forderungen von Kriegskabinett-Ministern wie Benny Gantz oder Gadi Eisenkot nachzukommen, Verhandlungen mit der Hamas zu erwägen, um die Geiseln zu retten. Das würde bedeuten, dass er einen Sieg der Hamas akzeptieren und ein wichtiges Kriegsziel nicht erfüllen könnte. Hält er sich weiterhin auf der Linie seiner rechtsextremen Minister, dann droht er die USA weiter zu verärgern. Wegen der radikalen Art könnten außerdem diplomatische Bestrebungen zur Befreiung von Geiseln scheitern.

Hinzu kommen weitere Probleme, die sich bei einer Fortsetzung des Israel-Krieges verschärfen dürften. Laut dem Sender Reshet 13 warnte Generalstabschef Herzi Halevi, Israel benötige dringend eine Ausgangsstrategie für den Gazastreifen. Ohne eine derartige Strategie stehe eine „Erosion“ der bisherigen Errungenschaften gegen die Hamas bevor. „Wir müssen vielleicht in Bezirke ziehen, wo wir die Zusammenstöße für beendet erklärt haben, und erneut operieren“, warnte er demnach. Auch weitere israelische Beamte sagten, man befürchte einen Wiederaufbau der Hamas im Norden des Gazastreifens.

Kritik an Netanjahu: „Er hat nur einen Plan für sein politisches Überleben“

Die schwierige politische Situation von Netanjahu verhinderte bisher, dass eine derartige Strategie formuliert werden konnte. Er muss sich entscheiden, was ihm wichtiger ist: Seine politische Zukunft oder die Kriegsziele, dabei besonders die Befreiung der Geiseln. Aus der israelischen Politik kommt immer stärkere Kritik. Oppositionschef Lapid kritisierte auf X (ehemals Twitter), es sei von Beginn an falsch gewesen, ohne eine Strategie in den Krieg zu ziehen.

Der Abgeordnete der liberalen Partei Yesh Atid, Merav Cohen, schrieb ebenfalls im Kurznachrichtendienst, das Fehlen einer Nachkriegsstrategie bringe die Errungenschaften der israelischen Armee in Gefahr. „Aber Netanjahu hat Angst vor Ben-Gvir und Smotrich“, so Cohen. Ähnlich äußerte sich die Vorsitzende der israelischen Arbeiterpartei Awoda, Merav Michaeli: „Vom ersten Tag an haben wir gesagt, dass wir einen politischen Plan haben. Aber Netanjahu hat nur einen Plan für sein politisches Überleben.“ Die Geiseln könnten nicht in Gefahr gebracht werden, „damit er überlebt“. Die Politikerin forderte in ihren Aussagen Neuwahlen. (bb)

Rubriklistenbild: © RONEN ZVULUN/AFP

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