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Putins „verlässliche Freunde“: Wer sind Russlands Verbündete im EU-Parlament?
VonKilian Beck
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Eine Analyse zeigt: Die AfD steht beinahe geschlossen gegen Kritik an Putins Regime. Die Europäische Rechte ist hingegen gespalten.
Brüssel – Im EU-Parlament wird häufig im Akkord abgestimmt. Häufig ist kaum ein Überblick zu behalten, vieles ist auch kleinteilige Bürokratie, um das Zusammenleben in der Union am Laufen zu halten. Dazwischen mischen sich allerdings auch große Fragen. Eine davon: Wie hältst du es mit Russland und seinem Präsidenten Wladimir Putin?
Das US-Portal Politico hat vor der Europawahl das Abstimmungsverhalten der Europa-Abgeordneten zu 16 gegen Russland gerichteten Resolutionen seit 2020 ausgewertet und bemerkt: Russlands verlässliche Partner sitzen vor allem am rechten Rand des Parlaments. Hinzu kommt eine Handvoll Abgeordnete der Linksfraktion, die häufig gegen Resolutionen stimmten, die auf Konfrontation mit Putin aus sind.
Umgang mit Putin spaltet Europas Rechte: AfD verfolgt klare Linie
Die Auswertung zeigten noch einmal eine bereits bekannte doppelte Bruchlinie innerhalb der Rechten Europas auf. Die rechtskonservative Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) – in der unter anderem die polnische PiS, die spanische Vox und die Fratelli d‘Italia von Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni sitzen – trug den außenpolitischen Kurs der EU in den letzten Jahren weitgehend mit. Vor der EU-Wahl am Sonntag (9. Juni) war diese Haltung eine der drei Voraussetzungen, die von der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) für mögliche Bündnispartner am rechten Rand ausgegeben wurden.
Aus der Rechtsaußen-Fraktion Identität und Demokratie (ID) hingegen kamen gemischte Signale: Zwölf Abgeordnete stimmten regelmäßig gegen die Russland-Politik der EU. Die allermeisten Abgeordneten der AfD stimmten gegen Sanktionen und die Verurteilung von Menschenrechtsverletzungen durch Putins Regime in der Ukraine, Georgien und Russland. Marine Le Pens Rassemblement National, unterstützte lediglich ein Viertel der Resolutionen. Die italienische Lega hingegen unterstützte demnach einen Großteil der Anträge. Parteichef Matteo Salvini ließ sich noch 2017 mit Putins Konterfrei auf der Brust auf dem Roten Platz in Moskau ablichten.
Ex-AfD-Abgeordnete im EU-Parlament trat wegen „Putin-Fanboys“ aus Partei aus
Inzwischen schloss die ID-Fraktion die AfD-Abgeordneten aus. EU-Wahl-Spitzenkandidat Maximilian Krah hatte die Nazi-Verbrecherorganisation SS relativiert. Das brachte wohl insbesondere bei den französischen Rechtsradikalen das Fass zum Überlaufen. Eine gemeinsame Analyse des Abstimmgutsverhaltens deutscher Abgeordneter der Transparenz-NGO abgeordnetenwatch.de und unserer Redaktion zeigt, eine Abweichlerin in den Reihen der AfD: Sylvia Limmer stimmte für eine Resolution gegen russische Einflussnahme. Wenig später trat sie aus der Partei aus, und begründete dies auch mit „Putin-Fanboys“, die sie in der Partei sehe.
Wandel in Europa: Die Geschichte der EU in Bildern
Die europäische Linke ist der Politico-Auswertung nach weniger gespalten. Insgesamt stimmten acht Abgeordnete gegen Resolutionen, die russische Politik kritisierten. Im Gegensatz zur ID-Fraktion gab es allerdings keine klaren Muster dahingehend, dass eine ganze Landesdelegation eine klare Linie verfolgte. Einzig zwei Abgeordnete einer irischen Splitterpartei, die auch kein Mitglied der Europäischen Linken ist, verfolgten eine kohärente Parteilinie gegen den außenpolitischen Kurs der EU.
Aus Antimilitarismus: EU-Linken-Abgeordnete lehnt Resolution gegen Russland ab
Auffällig unter den Abgeordneten etablierten Linksparteien war die deutsche Abgeordnete Özlem Demirel (Linke), die auf dem dritten Listenplatz auch bei der EU-Wahl 2024 zur Wiederwahl antritt. Sie stimmte seit 2021 gegen neun Anträge, die Russlands Aggressionen gegenüber seinen Nachbarländern verurteilten. Gegenüber dem linken Magazin Jacobin betonte sie, sie habe in den Einzelabstimmungen für die Verurteilung des Ukraine-Kriegs gestimmt. Ihre Ablehnung der Gesamtresolution begründete sie damit, dass das Leid der Menschen in der Ukraine „missbraucht“ werde, um die EU zu einer „schlagkräftigen Militärunion“ umzubauen.
Zu Menschenrechtsfragen stimmte Demirel der Auswertung nach nur einmal ab: Einer Resolution, die die Entführung, Folter und Strafverfolgung von zwei ukrainischen Teenagern durch den russischen Staat verurteilte, stimmte Demirel im Juni 2023 zu.
Ideologische Überschneidung: Putin und seine „verlässlichen Freunde“ in der EU
Putin hat also, wie Politico kommentierte, zwei bis drei Dutzend „verlässliche Freunde“ unter den 705 Abgeordneten im aktuellen EU-Parlament. Diese sitzen hauptsächlich am rechten Rand des Parlaments. Das liegt wohl auch an den ideologischen Überschneidungen zwischen den europäischen Rechtsaußenparteien und Putin in der Ablehnung des westlichen Liberalismus.
Die Auswertung zeigte allerdings auch, dass der Antiliberalismus der Lega und der gesamte EKR-Fraktion nicht automatisch in einer kritischen Haltung gegenüber der vom Westen präferierten Sicherheitsordnung in Europa führte. In der Linken dürfte das Abstimmungsverhalten in der Regel eher aus einem Antimilitarismus begründet sein, wie ihn Demirel pflegt. (kb)