Skurriler Auftritt
Russischer Politiker hält mysteriöse Trauerrede auf Putin - „Er glaubte an die Menschen“
VonPatrick Mayerschließen
Der russische Politiker und Putin-Vertraute Nikolai Patruschew spricht in einer Rede in Vergangenheitsform vom Kremlchef. Die Hintergründe sind unklar.
Moskau - Um Russlands Autokraten Wladimir Putin ranken sich viele Gerüchte. Eines, das immer wieder auftaucht, ist die Spekulation über den nahenden Tod Putins. Ein anderes, dass er Doppelgänger für Auftritte in der Öffentlichkeit habe. Was so von russischer Seite aber jeweils nie bestätigt wurde.
Wladimir Putin: Russland-Politiker spricht wie in Trauerrede über Moskau-Machthaber
Neue Mutmaßungen über den Gesundheitszustand Putins hat mitten im Ukraine-Krieg nun der ehemalige Chef des Geheimdienstes FSB, Nikolai Patruschew, ausgelöst. Er betätigt sich mittlerweile als Politiker und steht Putin nahe. Im Internet kursiert ein Video-Clip (siehe Tweet unten), der Patruschew bei einer Art Trauerrede auf den russischen Präsidenten zeigt. Er spricht dabei von Putin immer wieder in der Vergangenheit.
„Er glaubte an die Menschen und an die Verlässlichkeit ihrer Unterstützung, erkannte und übernahm bewusst alle Verantwortung für die Rettung des Vaterlandes“, sagte Patruschew etwa. Aber warum?
Patruschew sagte in der Rede weiter: „Die Gesellschaft war der gewalttätigen 1990er-Jahre überdrüssig und wartete auf Lösungen für sozioökonomische Probleme und auf die Stärkung der nationalen Sicherheit. Es brauchte einen Führer, der das Wohlergehen des Volkes in den Mittelpunkt der Tagesordnung stellen konnte. Putin wurde solch ein Anführer. Er hatte detaillierte Kenntnisse über die Situation im Land, ein klares Aktionsprogramm, eine Vision.“
Wladimir Putin: Immer wieder Gerüchte in Russland über angeblichen Tod
Warum der 72-jährige Patruschew schwarz gekleidet in Vergangenheitsform sprach, ist unklar. Der Politiker wurde wie Putin in Sankt Petersburg geboren und wuchs in der zweitgrößten russischen Stadt (rund fünf Millionen Einwohner) auf. Er gehört den „Silowiki“ an, dem Kreis von Putins Vertrauten aus dem russischen Militär- und Sicherheitsapparat. Er gilt als Hardliner und europafeindlich. Für seine Rede musste er allerdings selbst Kritik einstecken.
«Спи спокойно, дорогой товарищ! Мы продолжим твое дело!» - Патрушев в черном произносит речь о великом товарище Путине в прошедшем времени: был, стал, вел, вдохновлял... Панихида началась? «Василич» на троне?Неужели сбылись предсказания Валерия Соловья?! pic.twitter.com/TXh4x5JIpH
— Геннадий Гудков. (@gudkov_g) November 9, 2023
„Hat der Gedenkgottesdienst begonnen? (...) Haben sich Waleri Soloweis Vorhersagen bewahrheitet?“ schrieb zum Beispiel der russische Oppositionspolitiker Gennady Gudkow bei X (vormals Twitter). Der russische Analyst Solowei hatte laut Nachrichtenportal t-online kürzlich behauptet, dass Putin am 26. Oktober gestorben sei. Wofür es jedoch keine Beweise gibt.
Wladimir Putin: Kreml-Sprecher Dmitri Peskow dementierte Todesmeldung
Anfang November hatten zudem Kommentatoren in russischen Netzwerken vermeldet, der wahre Putin sei tot und es würden öffentlich nur seine Doppelgänger auftreten. Dmitri Peskow, der Sprecher des russischen Präsidenten, wies nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters Spekulationen zurück, wonach der Autokrat tot sei und das Regime nur noch mit seinen Doppelgängern arbeite.
Dennoch erregen die Gerüchte zwischen Sankt Petersburg, Moskau und Sibirien offenbar ordentlich Aufsehen – während Russland im Weißen Meer atomwaffenfähige Interkontinental-Raketen testet. Das US-Magazin Newsweek berichtete, dass im Oktober 417.000 Russen bei der bekannten russischen Suchmaschine Yandex Begriffe wie „toter Putin“, „sterbender Putin“ oder „Putin gestorben“ eingegeben hätten. Der britische Historiker und Kreml-Kenner Mark Galeotti sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Wir sehen hier ein deutliches Zeichen wachsenden Misstrauens in der russischen Gesellschaft.“ (pm)
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