Auftakt der Sommerinterviews
„Nase voll“: Merz macht im Sommerinterview Ampel für AfD-Erstarken verantwortlich
VonNail Akkoyunschließen
CDU-Chef Friedrich Merz steht im ZDF Rede und Antwort. Im Fokus stehen der Rechtsruck in Europa, die AfD und die Arbeit der Ampel.
Update vom 23. Juni, 18.15 Uhr: CDU-Chef Friedrich Merz sieht seine Partei bei den Landtagswahlen in Ostdeutschland als entscheidende Kraft gegen ein Erstarken der AfD und des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW). „Ich würde mich lieber mit der SPD, mit der FDP, mit den Grünen im Osten messen als mit der AfD“, sagte Merz am Sonntag im Sommerinterview der ZDF-Sendung „Berlin direkt“. Die Ampel-Parteien spielten im Osten aber kaum noch eine Rolle, während die CDU zweitstärkste Partei sei.
Daher sei sein Appell: Diejenigen, die erwögen, SPD, FDP oder Grüne zu wählen, „die allesamt einstellig sind und möglicherweise alle drei unter fünf Prozent bleiben, kann ich nur bitten, jetzt in dieser Situation die CDU zu wählen“, sagte Merz. Wenn Wählerinnen und Wähler klare Verhältnisse und eine stabile Regierung wollten, werde es in Thüringen und Sachsen nur die CDU geben, „die verhindert, dass es eine entsprechende schwierige Lage gibt“.
Merz hat vor dem Hintergrund der Umfragen und Wahlergebnisse bei der Europawahl erneut die Ampel-Parteien für das Erstarken der AfD verantwortlich gemacht. „Die Opposition kann die AfD nicht halbieren, wenn die Regierungspolitik die AfD verdoppelt.“ Die Mehrheit der Bevölkerung hätte „die Nase voll“ von der Bundesregierung, weshalb diese nicht weiter bestehen könne. Es sei zudem so, „dass wir im Osten ein Problem haben“. Er selbst sei viel im Osten unterwegs und versuche, die Menschen dort zu verstehen, fuhr Merz fort. Die ungelösten Probleme im Alltag, in der Flüchtlingspolitik sowie in Schulen, Betrieben und vielen weiteren Lebensbereichen „führen zu diesem Wählerverhalten“.
CDU-Chef Merz stellt sich im ZDF-Sommerinterview
Erstmeldung vom 23. Juni: Berlin – Zwei Wochen nach der Europawahl und zehn Wochen vor den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen stellt sich CDU-Chef Friedrich Merz den Fragen im ZDF-Sommerinterview. Im Fokus dürfte dabei unter anderem der Rechtsruck in Europa sowie die „Brandmauer“ zur AfD stehen. Denn während die AfD massive Gewinne bei der EU-Wahl einfahren konnte, profitierte die Union mit einem Gewinn von 1,1 Prozent nur einigermaßen von den schwächelnden Ampel-Parteien.
Schaut man in den Osten des Landes, dominiert die AfD derzeit – teils etwa gleichauf mit der CDU – die politischen Umfragen. Da ist es wenig verwunderlich, dass die CDU sich in Thüringen bereits für eine Zusammenarbeit mit dem BSW offen zeigt. Neben Landeschef Mario Voigt betonte auch Merz selbst, dass eine Koalition auf Landesebene denkbar wäre. „Da geht es etwa nicht um die Frage der Bundeswehr, da geht es auch nicht um die Wirtschaftspolitik des Bundes – das wird in Berlin entschieden und nicht in den Ländern“, sagte 68-Jährige Mitte Juni gegenüber MDR Aktuell.
Das Sommerinterview im ZDF
Die „Berlin direkt – Sommerinterviews“ bieten während der parlamentarischen Sommerpause seit rund 36 Jahren eine Plattform für den Bundespräsidenten, den Bundeskanzler sowie die Parteispitzen, die im Bundestag mit Fraktionsstärke vertreten sind. Die acht Interviews finden zwischen Sonntag, dem 23. Juni 2024, und Sonntag, dem 8. September 2024, statt. Geleitet werden die Gespräche vom „Berlin direkt“-Moderationsteam Diana Zimmermann und Shakuntala Banerjee sowie Wulf Schmiese.
Das 20-minütige Gespräch mit Friedrich Merz steht am Sonntag (23. Juni) bereits ab 18 Uhr in der ZDFmediathek zur Verfügung. Im Fernsehen wird das Sommerinterview um 19.10 Uhr ausgestrahlt.
Friedrich Merz im Sommerinterview: Wie steht es um die „Brandmauer“ zur AfD?
Wenige Tage zuvor erklärte Merz in der ARD jedoch, dass eine Zusammenarbeit eigentlich keine Option sei. „Das ist völlig klar, das haben wir auch immer gesagt. Wir arbeiten mit solchen rechtsextremen und linksextremen Parteien nicht zusammen“, so Merz. Für Sahra Wagenknecht gelte beides: „Sie ist in einigen Themen rechtsextrem, in anderen wiederum linksextrem.“
Will man eine AfD-Regierung auf Landesebene verhindern, muss sich die CDU aber nicht nur mit der Wagenknecht-Partei BSW arrangieren. Teils könnte auch die Linke zum Königsmacher werden; in Brandenburg (Landtagswahl am 22. September) teilen sich SPD und CDU aktuellen Erhebungen zufolge gar den zweiten Platz hinter der AfD. Spätestens im September dieses Jahres wird sich zeigen, was hinter den Aussagen von Merz steckt. Verdient die „Brandmauer“ ihren Namen, oder handelt es sich am Ende doch nur um ein leicht entflammbares Mäuerchen?
In der Vergangenheit hatte Merz das Erstarken der AfD mit der Politik der Ampel-Koalition begründet; die Ergebnisse bei der Europawahl in ganz Deutschland müssten eigentlich „ein allerletzter Weckruf“ für die Bundesregierung sein. Gleichzeitig inszenierte der mögliche Kanzlerkandidat seine Partei als wahre Alternative zur Ampel und brachte – wie auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) – Neuwahlen ins Spiel. „Maximal vier Jahre Ampel sind genug. Jeder Tag früher, den dieses Schauspiel ein Ende findet, ist ein guter Tag für unser Land“, sagte der CDU-Vorsitzende beim Auftakt des CDU-Parteitags in Berlin am 6. Mai.
K-Frage innerhalb der Union noch ungeklärt: Merz, Söder oder doch Wüst?
Was die K-Frage angeht, hieß es seitens der Union mehrfach, dass man sich spätestens im Herbst für einen Kanzlerkandidaten entschieden haben werde. Als Parteichef werden Merz beste Chancen ausgerechnet; erstmals lag Merz jüngst in einer Umfrage sogar vor Amtsinhaber Olaf Scholz (SPD). Doch auch dem CSU-Vorsitzenden Söder werden nach wie vor Kanzlerambitionen nachgesagt – ebenso wie NRW-Ministerpräsidenten Hendrik Wüst. Der sagte nach der Europawahl in der ARD, dass die K-Frage noch offen sei, er sogar „eher fünf als zehn“ potenzielle Kanzlerkandidaten sehe.
Sollte die CDU bei den anstehenden Ost-Landtagswahlen schlechter als derzeit erwartet abschneiden, dürfte die Debatte rund um Merz und eine mögliche Kanzlerkandidatur noch einmal aufflammen. Und spätestens dann dürfte ein Markus Söder auch wieder seinen Hut in den Ring werfen. (nak/dpa)
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