Internationaler Strafgerichtshof

„Notfalltreffen“ israelischer Minister: Netanjahu besorgt vor möglichem Haftbefehl?

  • Paula Völkner
    VonPaula Völkner
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Israels Führung scheint besorgt zu sein. Grund dafür soll die Nachricht über einen mutmaßlich drohenden Haftbefehl gegen Netanjahu sein. Die Regierung habe sich vorbereitet.

Jerusalem – Der Internationale Gerichtshof in Den Haag befasst sich bereits in mehreren Verfahren mit dem Vorgehen Israels im Nahen Osten. Die israelische Führung scheint nun in Sorge zu sein vor einem drohenden Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) gegen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Einem Bericht der Times of Isael zufolge habe der israelische Außenminister Israel Katz gegenüber der Zeitung bestätigt, dass es eine „Notfall-Diskussion“ darüber gegeben habe, dass der Internationale Strafgerichtshof einen Haftbefehl gegen Netanjahu erlassen könnte.

Times of Israel berichtete infolge eines Berichts des israelischen Senders Channel 12 am Donnerstag (18. April). Darin hieß es, dass sich drei Minister und juristische Vertreter der Regierung mit Netanjahu am Dienstag getroffen haben sollen, um zu besprechen, wie ein möglicher Haftbefehl abgewehrt werden könne. Ohne Quellen zu nennen, berichtete der israelische Fernsehsender, dass das Treffen als Reaktion auf eine Nachricht an die israelische Regierung stattgefunden haben soll. In der Nachricht soll ein drohender Haftbefehl in naher Zukunft in Aussicht gestellt worden sein.

Benjamin Netanjahu, Ministerpräsident Israels, kommt zu einem Gespräch mit der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock (Archivbild)

Katz bestätigte gegenüber Times of Israel, dass es bei dem Treffen auch darum gegangen sein soll, dass Haftbefehle gegen Offiziere der israelischen Streitkräfte erlassen werden könnten. Dem Bericht des israelischen Senders zufolge solle bei dem Treffen beschlossen worden sein, dass sich Israels Regierung an den Gerichtshof sowie an „diplomatisch einflussreiche Personen“ wenden wolle, um den möglichen Haftbefehl zu verhindern.

Berichte über mutmaßlich drohenden Haftbefehl aufgrund der humanitären Lage im Gazastreifen

Die israelische Führung befürchte den Berichten zufolge, dass die Haftbefehle aufgrund der humanitären Krise im Gazastreifen beantragt werden könnten. Länder, die Israel vorwerfen, gegen das Völkerrecht und die Vierte Genfer Konvention zu verstoßen, sollen demzufolge die mutmaßlichen Bemühungen des Gerichtshofs angeführt haben.

Chefankläger ermahnte Israel: „Alle Beteiligten müssen das humanitäre Völkerrecht wahren“

Im Dezember 2023 ermahnte der Chefankläger des IStGH Karim Khan Israel und die Hamas nach einem viertägigen Besuch in Israel. „Alle Beteiligten müssen das humanitäre Völkerrecht wahren. Wenn sie es nicht tun, dürfen sie sich nicht wundern, dass wir gezwungen sind zu handeln“, sagte Kahn Tagesschau zufolge. Der Strafgerichtshof ermittelt bereits seit 2021 gegen die Hamas und Israel wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen im Gazastreifen. Im Gegensatz zu den palästinensischen Gebieten ist Israel kein Vertragsstaat des Gerichts.

Was würde Netanjahu im Falle eines Haftbefehls des Strafgerichtshofs drohen?

Sollte tatsächlich ein Haftbefehl gegen Israels Präsidenten erlassen werden, wäre der Spielraum des Gerichtshofes bei der Vollstreckung dennoch begrenzt. Das hat sich am Beispiel von Russlands Präsident Wladimir Putin gezeigt. Im März 2023 erließ der Gerichtshof in Den Haag einen Haftbefehl gegen den Kreml-Chef. Auch Russland gehört nicht zu den Vertragsstaaten, die den Gerichtshof anerkannt haben. Die Haftbefehle haben für Putin, solange dieser Russland nicht verlässt, eher eine symbolische Wirkung. In Russland kann Putin nicht festgenommen werden – jedenfalls nicht, solange er an der Macht ist.

Bilder zeigen, wie der Krieg in Israel das Land verändert

Massive Raketenangriffe aus Gazastreifen auf Israel
Am 7. Oktober 2023 feuern militante Palästinenser aus dem Gazastreifen Raketen auf Israel ab. Die im Gazastreifen herrschende islamistische Hamas, die von Israel, der EU und den USA als Terrororganisation eingestuft wird, hatte den Beginn einer „Militäroperation“ gegen Israel verkündet. © Hatem Moussa/ dpa
Massive Raketenangriffe aus Gazastreifen auf Israel
Nach einem Raketenangriff aus dem Gazastreifen ist Rauch aus einem Wohnhaus zu sehen.  © Ilia Yefimovich/ dpa
Israelischer Soldat mit Hund im Israel Krieg
Ein israelischer Soldat geht mit seinem Hund zwischen Autos in Deckung.  © Ohad Zwigenberg/ dpa
Israelische Polizisten evakuieren Frau und Kind im Israel Krieg
Israelische Polizisten evakuieren eine Frau und ein Kind von einem Ort, der von einer aus dem Gazastreifen abgefeuerten Rakete getroffen wurde. © Tsafrir Abayov/ dpa
Militante Palästinenser fahren im Israel Krieg mit einem Pickup, auf dem womöglich eine entführte deutsch-israelische Frau zu sehen ist.
Militante Palästinenser fahren mit einem Pickup, auf dem möglicherweise eine deutsch-israelische Frau zu sehen ist, in den Gazastreifen zurück. Die islamistische Hamas hatte mitgeteilt, ihre Mitglieder hätten einige Israelis in den Gazastreifen entführt. © Ali Mahmud/ dpa
Massive Raketenangriffe aus Gazastreifen auf Israel
Angehörige der Feuerwehr versuchen, nach einem Raketenangriff aus dem Gazastreifen das Feuer auf Autos zu löschen. © Ilia Yefimovich/ dpa
Menschen suchen in Trümmern nach Überlebenden nach massive Raketenangriffen aus Gazastreifen auf Israel.
Menschen suchen zwischen den Trümmern eines bei einem israelischen Luftangriff zerstörten Hauses nach Überlebenden.  © Omar Ashtawy/ dpa
Verlassene Stätte des Festivals Supernova nach dem Angriff der Hamas
Bei dem Rave-Musikfestivals Supernova im israelischen Kibbuz Re’im sterben rund 270 Besucher:innen. So sieht die verlassene Stätte nach dem Angriff aus.  © JACK GUEZ / AFP
Feiernde Palästinenser nach Angriff der Hamas auf Israel
Palästinenserinnen und Palästinenser feiern in Nablus nach der großen Militäroperation, die die Al-Qassam-Brigaden, der militärische Flügel der Hamas, gegen Israel gestartet haben.  © Ayman Nobani/ dpa
Hamas-Großangriff auf Israel - Gaza-Stadt
Das israelische Militär entgegnete mit dem Beschuss von Zielen der Hamas im Gazastreifen. Nach einem Angriff steigen bei einem Hochhaus in Gaza Rauch und Flammen auf. © Bashar Taleb/ dpa
Mann weint in Gaza bei Israel Krieg
Ein Mann umarmt einen Familienangehörigen im palästinensischen Gebiet und weint.  © Saher Alghorra/ dpa
Israelischer Soldat im Israel Krieg steht neben Frau
Am 8. Oktober beziehen israelische Soldaten Stellung in der Nähe einer Polizeistation, die am Tag zuvor von Hamas-Kämpfern überrannt wurde. Israelische Einsatzkräfte haben dort nach einem Medienbericht bei Gefechten in der an den Gazastreifen grenzenden Stadt Sderot mehrere mutmaßliche Hamas-Angehörige getötet. © Ilan Assayag/ dpa
Nach Hamas Großangriff - Sa'ad
Israelische Streitkräfte patrouillieren in Gebieten entlang der Grenze zwischen Israel und Gaza, während die Kämpfe zwischen israelischen Truppen und islamistischen Hamas-Kämpfern weitergehen. © Ilia Yefimovich/ dpa
Palästinensisches Kind in einer Schule, die im Israel Krieg als Schutz dient
Ein palästinensisches Kind steht auf dem Balkon einer Schule, die von den Vereinten Nationen betrieben wird und während des Konfliktes als Schutzort dient.  © Mohammed Talatene/ dpa

Der Gerichtshof ist mangels einer eigenen Polizei auf die Kooperation der Vertragsstaaten angewiesen. Ähnlich würde dies auch im Falle Netanjahu aussehen. Die Reisefreiheit wäre demnach einschränkt, weil 123 Staaten weltweit den Gerichtshof anerkannt haben. Den Haftbefehl vollstrecken könnte der IStGH jedoch nicht. (pav)

Rubriklistenbild: © IMAGO/Kira Hofmann

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