IPPEN.MEDIA-Gespräch
Juncker warnt nach Irans Angriff auf Israel: „Müssen auch Russlands Aggression Einhalt gebieten“
VonFlorian Pfitznerschließen
Nach der Reaktion auf Irans Schlag gegen Israel deutet die Ukraine Unmut über Ungleichbehandlung an. Der frühere EU-Kommissionschef Juncker hält dagegen.
Berlin – Die Bedrohung durch den Iran und die Angst vor einem Flächenbrand im Nahen Osten hält die Welt in Atem. Auch die Ukraine, die sich erbittert gegen Russlands Angriffskrieg verteidigt, blickt in Richtung Israel. Allerdings mit einer weiteren Sorge: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj monierte zuletzt indirekt, dass es in der Ukraine-Hilfe weniger europäische Einigkeit gebe als bei Israel.
Diese Kritik weist der frühere EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker zurück: „Das Wort der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten gilt“, sagte er im Gespräch mit IPPEN.MEDIA. „Wir stehen auf Dauer solidarisch zur Ukraine – gleichzeitig weiß aber auch jeder, dass wir unsere Anstrengungen verstärken müssen, um der russischen Aggression Einhalt zu gebieten.“
Ukraine blickt auf Israel-Iran-Konflikt: Ex-Kommissionschef Juncker gibt klaren Rat
Nach dem auch mit internationaler Hilfe weitgehend abgewehrten ersten direkten iranischen Angriff auf Israel hatte Selenskyj seine Verbündeten aufgefordert, gegenüber der Ukraine die gleiche „Einigkeit“ zu zeigen wie gegenüber Israel. „Mit der Verteidigung Israels hat die freie Welt bewiesen, dass eine solche Einigkeit nicht nur möglich, sondern auch hundertprozentig wirksam ist“, erklärte Selenskyj auf Telegram. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba ergänzte: „Wir sehen, dass keine einzige Rakete ihr Ziel erreicht, wenn die Verbündeten an einem Strang ziehen und koordiniert handeln.“
Selenskyj hob zudem hervor, dass die Ukraine wie Israel nicht Mitglied der Nato sei. Den Vorwurf, dass bei der militärischen Unterstützung für die beiden Länder mit zweierlei Maß gemessen werde, hält Juncker für abwegig. Im Gespräch riet er dazu, die kriegerischen Auseinandersetzungen im Nahen Osten und in der Ukraine streng voneinander zu trennen. „Das sind zwei verschiedene Konflikte mit unterschiedlichen Akteuren“, sagte der Christdemokrat. „Dass man Israel in der Stunde der Not beigestanden hat, war gut und richtig.“
Ukraine-Krieg im Hintergrund? Juncker warnt
Der Iran hatte in der Nacht zum vergangenen Sonntag (14. April) erstmals von seinem Staatsgebiet aus direkt Israel angegriffen. Nach israelischen Angaben wurden fast alle der von der Islamischen Republik Iran gestarteten Drohnen und Raketen abgewehrt. Dabei wurde Israel von Verbündeten wie den USA, Großbritannien, Frankreich und Jordanien unterstützt.
Der ehemalige EU-Kommissionschef Juncker warnte davor, dass der Ukraine-Krieg nach den jüngsten Ereignissen in den Hintergrund gerät. „Angesichts der Zuspitzungen im Nahen Osten sollten wir nicht vergessen, was in der Ukraine vor sich geht“, sagte er. Juncker würdigte die Bemühungen westlicher Staaten. „Trotzdem müssen wir der Ukraine noch mehr helfen, als dies bisher der Fall war. Wir in Europa müssen unsere Solidarität steigern.“
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