Hochexplosiv und panzerbrechend
Insider berichten: Hisbollah droht US-Schiffen mit russischen „Jachont“-Raketen
VonPatrick Mayerschließen
Die Hisbollah soll über russische Anti-Schiffsraketen verfügen. Die schiitische Terrormiliz richtet eine Drohung an die US-Kriegsschiffe vor der Küste des Libanon. Was dahinter stecken soll.
Beirut - Die schiitische Terrormiliz hält sich im Krieg in Israel weitgehend zurück. Zumindest was große aktive Kampfhandlungen gegen die israelischen Streitkräfte betrifft. Harsche Drohungen gibt es dennoch aus dem Süden des Libanon, wo die von Iran gestützte Organisation im staatsfreien Raum herrscht.
Krieg in Israel: USA haben Flugzeugträger ins östliche Mittelmeer geschickt
„Alle Szenarien sind möglich“, meinte Hisbollah-Anführer Hassan Nasrallah in einer öffentlichen Rede und warnte Israel neben den Kämpfen in Gaza gegen die Hamas vor einer zweiten Front. „Was an unserer Front passiert, ist sehr wichtig“, sagte er. So sei Israel wegen der Bedrohung durch die Hamas dazu gezwungen, ein Drittel seines Heeres, ein Viertel seiner Luftwaffe und die Hälfte der Iron-Dome-Luftverteidigung an die libanesische Grenze zu verlegen.
Wegen der Hisbollah und des Iran hatten die USA zwei Flugzeugträgergruppen um die USS Gerald R. Ford und USS Eisenhower ins östliche Mittelmeer entsandt. Sie haben sich irgendwo zwischen Zypern und libanesischer Küste stationiert, mitsamt etwa 150 Kampfjets auf den Flugdecks. Genau jenen Kriegsschiffen drohte die Hisbollah verklausuliert. Denn: Die radikalislamistische Terrororganisation soll über russische Seezielflugkörper vom Typ P-800 Oniks verfügen. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf namentlich nicht genannte libanesische Quellen.
US-Kriegsschiffe vor Libanon: Hat die Hisbollah russische „Jachont“-Raketen?
Demnach handelt es sich um sogenannte „Jachont“-Raketen, die vor mehr als einem Jahrzehnt in Syrien stationiert worden waren, um Machthaber Bashar al-Assad bei der Niederschlagung des Bürgerkriegs zu unterstützen. Über Syrien kamen die fast neun Meter langen Raketen demnach in den Libanon. Das autokratische Regime in Syrien gilt als mit der Hisbollah verbündet. Wieviele dieser Raketen im Besitz der Hisbollah sein sollen, geht aus dem Bericht indes nicht hervor. Auch nicht, womit die Hisbollah diese abschießen würde.
Die „Jachont“-Rakete braucht als Träger- und Abschussplattform eigentlich ein Kriegsschiff, ein U-Boot oder große Militärfahrzeuge wie die russische Küstenbatterie K-300 Bastion. Ob die Hisbollah derart große Waffensysteme hat, ist nicht überliefert. Laut des in Washington ansässigen Center for Strategic and International Studies (CSIS) nähert sich die Yakhont einem Ziel in geringer Höhe von etwa zehn bis 15 Metern. Wird die Rakete vom Boden aus als Marschflugkörper eingesetzt.
P-800 Oniks
Die Streitkräfte Russlands haben 1998 einen Seezielflugkörper vom Typ P-800 Oniks in Dienst gestellt, auf Russisch „Jachont“ genannt (Englisch: Yakhont). Die Rakete kann als Seezielflugkörper gegen große Überwasserschiffe und als Marschflugkörper gegen Landziele eingesetzt werden. Die P-800 Oniks ist fast neun Meter lang und hat einen Durchmesser von 72 Zentimetern. Das Gefechtsgewicht beträgt drei Tonnen, während der hochexplosive und panzerbrechende Gefechtskopf bis zu 300 Kilogramm schwer sein soll. Die russische Armee verschießt die Raketen vorrangig aus K-300-Bastion-Systemen zur Küstenverteidigung oder aus den Fregatten der Admiral-Gorschkow-Klasse.
„Jachont“-Rakete Russlands: Die P-800 Oniks hat eine Reichweite von 300 Kilometern
Und: Sie kann bei einer Reichweite von 300 Kilometern angeblich 2700 km/h schnell fliegen. Was eine Verteidigung gegen sie umso schwieriger macht. Drei derzeitige und ein ehemaliger US-Beamter würden bestätigen, dass die Hisbollah ein beeindruckendes Waffenarsenal gebaut habe, schreibt Reuters weiter, darunter seien auch Anti-Schiffs-Raketen.
„Wir schenken dem offensichtlich große Aufmerksamkeit. Und wir nehmen die Fähigkeiten, über die sie verfügen, ernst“, erklärte einer der Beamten laut der Nachrichtenagentur. Weder die US-Regierung noch die US Navy bestätigten dagegen offiziell, dass die Hisbollah ihren Erkenntnissen zufolge „Jachont“-Raketen hat. Reine Drohgebärden? Oder eine ernsthafte Gefahr?
US-Flugzeugträger vor Libanon und Israel: USS Gerald R. Ford und USS Eisenhower samt Begleitschiffen
Eine Carrier Strike Group der US Navy (Deutsch: Flugzeugträgerkampfgruppe) hat neben den eigentlichen Trägern in der Regel Lenkwaffenkreuzer und/oder Lenkwaffenzerstörer als Begleitschiffe, die die Luftraumüberwachung übernehmen (zum Beispiel gegen Seezielflugkörper) und selbst Marschflugkörper verschießen können. Hinzukommen in der Regel zwei Jagd-U-Boote für den Unterwasserschutz sowie Trossschiffe für Ausrüstung und Proviant bei teils wochenlangen Einsätzen auf See. Entsprechend viele US-Kriegsschiffe dürften sich aktuell vor der Küste des Libanon befinden. (pm)
Rubriklistenbild: © IMAGO/Russian Defence Ministry

