Analyse

Experte zu AfD-Überraschung bei Wahlen in Hessen und Bayern: „Junge Menschen wählen oft radikaler“

  • Anne-Christine Merholz
    VonAnne-Christine Merholz
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Klimaschutz als oberstes Gebot: In den Medien sieht man oft junge Menschen mit dieser Position. An der Urne stimmte die Jugend anders ab. Das liegt an einem bestimmten Phänomen.

Wiesbaden/ München – Sowohl in Hessen wie in Bayern hat die AfD sehr starke Ergebnisse erzielt. Auch die Freien Wähler konnten in Bayern kräftig feiern. Schaut man bei der Wahlanalyse genauer hin, schnitten beide Parteien bei den alten Wählern gut ab, aber bei den sehr jungen Wählern zwischen 18 und 24 auch. Warum ist das so?

Bei Wählern zwischen 18 und 24 liegt die AfD in Hessen vor den Grünen

In Hessen ist das Bild laut ARD, die Ergebnisse des Forschungsinstitut Infratest dimap nutzen, deutlich: Die AfD ist bei den jungen Wählerinnen und Wählern mit 18 Prozent klar zweitstärkste Kraft. Und die in Hessen noch unbekannten Freien Wähler bekommen immerhin vier Prozent. Hätten in Bayern nur junge Menschen bis 24 gewählt, hätte die CSU 22 Prozent, die Grünen 18 Prozent und dicht gefolgt die AfD 16 und FW 13 Prozent geholt. FDP und SPD sind weit abgeschlagen. „Die jungen Menschen sind bei den Parteienpräferenzen weniger festgelegt als man denkt. Sie haben noch keine langjährige Parteibindung. Und sie reagieren schneller und sensibler auf drängende Themen. Außerdem haben Jüngere die Tendenz, radikaler zu wählen“, sagt Professor Jürgen Falter (Universität Mainz) zu Ippen.Media.

Und weiter: „Bei den Wahlen scheint das Thema Migration für viele, gerade auch für Jüngere eine wichtige, wenn nicht entscheidende Rolle gespielt zu haben, und dementsprechend hat ein Teil der Jungwähler für die AfD oder die Freien Wähler gestimmt.“

Warum können CDU und CSU bei den Jungen nicht punkten?

Wenn man die Wahl der Jungen mit dem Gesamtergebnis vergleicht, fällt auf: Die CDU in Hessen und die CSU in Bayern schneiden mehr als zehn Prozentpunkte schlechter ab. Laut Professort Falter haben „die Jungwähler nicht häufiger die CDU oder CSU gewählt, weil das eben in ihren Augen ebenfalls etablierte Parteien sind. Und bei der Migrationspolitik hat damals Angela Merkel die Grenzen gegen manchen Rat offengehalten. Diejenigen unter ihnen, die der Migration kritisch gegenüber stehen, wählen deshalb nicht die Unions-Parteien.”

„Es gibt eine Diskrepanz zwischen der veröffentlichten und der öffentlichen Meinung“

Die Grünen sind bei den jungen Wählern zwar etwas stärker als im Gesamtergebnis, aber nicht so deutlich, wie man im Vorfeld hätte denken können. Nur in Bayern liegen sie bei den Wählerinnen und Wählern zwischen 18 und 24 auf dem zweiten Platz. In Hessen ist die AfD in dieser Altersgruppe sogar laut ARD vor den Grünen.

Rechnet man in Bayern SPD und Grüne als linke Parteien zusammen, sind es 27 Prozent. Dagegen haben 29 Prozent die konservativen Freien Wähler und die Rechtsaußen-Partei AfD gewählt. In Hessen zeigt sich ein ähnliches Bild. Bei den jungen Leuten kommen AfD und FW, die in diesem Bundesland kaum bekannt sind, auf 22 Prozent. Die Grünen, die in der hessischen Regierung sind, und die Sozialdemokraten mit ihrer langen Geschichte in Hessen, kommen auf 27 Prozent. In beiden Ländern ist CDU bzw. CSU die stärkste Kraft.

Somit hat in Hessen und Bayern die Jugend wesentlich konservativer gewählt als einige im Vorfeld vermutet hätten. Professor Falter:  „Es gibt eine Diskrepanz zwischen der veröffentlichten und der öffentlichen Meinung, das haben diese Wahlen wieder einmal gezeigt. In den Talkshows beispielsweise sieht man überproportional viele junge Menschen mit linken und grünen Überzeugungen, dafür nur wenige mit konservativen Meinungen. Das kommt daher, dass manche Talkshow-Redaktionen Gäste nach ihren eigenen politischen Präferenzen einladen. Die Talkshowteilnehmer sind deswegen nur selten repräsentativ für die Bevölkerung.“

Rubriklistenbild: © Fabian Sommer /dpa