Um Ihnen ein besseres Nutzererlebnis zu bieten, verwenden wir Cookies.
Durch Nutzung unserer Dienste stimmen Sie unserer Verwendung von Cookies zu.
Weitere Informationen
Ampel-Chaos wegen Haushaltssperre: Union rüstet sich mit Geheimplan für Neuwahlen
VonJens Kiffmeier
schließen
Die Haushaltssperre stellt die Ampel vor den Kollaps. Die CDU will vorbereitet sein – und stellt sich auf Neuwahlen ein. Durchkreuzt Scholz noch den Plan?
Berlin – Er wirkt im Hintergrund, aber er ist noch kein bisschen leise: Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimafonds soll Altbundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) als erster Politiker das Ausmaß erkannt haben. Mit einer Brandrede habe er die Unionsfraktionen auf die kommende Zeit eingeschworen und dabei auch die Möglichkeit für einen Machtwechsel ins Spiel gebracht haben. „Aller Voraussicht nach wird die Union die nächste Bundesregierung anführen“, zitierte die Bild-Zeitung am Dienstag (21. November) den dienstältesten Bundestagsabgeordneten. Tatsächlich scheint die Union den Worten jetzt Taten folgen. Denn die Parteistrategen bereiten sich bereits auf Neuwahlen vor.
Haushaltssperre und die Folgen: Die Ampel-Koalition steht auf dem Prüfstand
Das Bundesverfassungsgericht hatte kürzlich die Finanzierung des Klimafonds für verfassungswidrig erklärt. Das Urteil hat ein politisches Beben in Deutschland ausgelöst. Am Montag (20. November) verhängte Finanzminister Christian Lindner (FDP) deswegen eine Haushaltssperre. Ohne seine Zustimmung darf kein Geld mehr ausgegeben werden. Die Folgen: Alle Großprojekte stehen auf dem Prüfstand. Plötzlich stehen Deutschlandticket, Energiepreisbremsen und viele andere Maßnahmen wieder auf der Kippe.
Haushaltssperre nach Karlsruhe-Urteil: CDU bereitet sich intern auf Neuwahlen vor
Für die Bundesregierung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist die Haushaltssperre ein Desaster. „Die Ampel hat fertig“, frohlockte Unionsvize Alexander Dobrindt (CSU) bereits kurz nach dem gefallenen Karlsruhe-Urteil. Doch ob die Koalition wirklich am Ende ist und Deutschland eine Neuwahl winkt, darüber streiten sich noch die Geister in einem Pro und Kontra. Denn bislang mangelt es vor allem an einer wirklichen Machtalternative für alle Beteiligten. Doch die Risse, die sich durch das Ampel-Bündnis in den vergangenen Monaten gezogen haben, sind jetzt nicht kleiner geworden. Es gilt nicht als völlig ausgeschlossen, dass daraus auch tiefe Gräben entstehen können. Bei einem Platzen der Koalition wäre Scholz der Kanzler mit der kürzesten Dienstzeit, wie folgende Übersicht zeigt:
Dienstzeiten für das Volk: Die deutschen Kanzler in der Übersicht
Konrad Adenauer (1949 - 1963)
Ludwig Ehrhard (1963 - 1966)
Karl-Georg Kiesinger (1966 - 1969)
Willy Brandt (1969 - 1974)
Helmut Schmidt (1974 - 1982)
Helmut Kohl (1982 - 1998)
Gehard Schröder (1998 - 2005)
Angela Merkel (2005 - 2021)
Olaf Scholz (seit Dezember 2021)
In der Union will man jedenfalls vorbereitet sein. Zumindest in der CDU plant man den Ernstfall. Laut Bild-Informationen soll die Bundesgeschäftsstelle bis spätestens zum Sommer so organisiert sein, dass sie ab diesem Zeitpunkt eine Bundestagswahlkampagne auf die Beine stellen kann. Dann steht ohnehin die Europawahl an, im Herbst folgen in Brandenburg, Thüringen und Sachsen gleich drei wichtige Landtagswahlen.
Bei Neuwahlen: Merz, Söder, Wüst – wer führt die Union dann als Kanzlerkandidat ins Rennen?
Doch davor stellt sich noch eine wichtige Frage: Wer führt dann die Union als Kanzlerkandidat ins Rennen? Parteichef Friedrich Merz, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) – oder doch NRW-Landesvater Hendrik Wüst? Das Haushaltssperren-Chaos könnte jetzt eine schnelle Entscheidung erzwingen.
Söder, der offiziell eine Kandidatur ausschließt und nach den herben Verlusten bei der bayerischen Landtagswahl auch nicht mehr als Top-Besetzung für den Posten gilt, hatte bislang für eine Kür im Herbst plädiert – also erst nach den Abstimmungen im Osten. Für Merz wäre dieser Zeitplan aber nicht von Vorteil, da die Union in allen drei Ländern keine Erdrutschsiege erwarten kann. Selbst in Sachsen, wo die CDU als Wahlsiegerin 2019 mit Michael Kretschmer den Ministerpräsidenten stellt, könnte es vielleicht nur noch für Platz zwei hinter der AfD reichen. Dies wäre kein gutes Empfehlungsschreiben für Merz, weswegen er eigentlich eine Entscheidung zur K-Frage bereits im Sommer haben will. Aber es erscheint jetzt als gut möglich, dass wegen der Aussicht auf Neuwahlen die Kandidatenfrage auch vorgezogen wird.
Kabinett Scholz: Nach dem Ampel-Aus kommt Rot-Grün ohne Mehrheit
Neuwahl nach Haushaltssperre: Zieht die Scholz-SPD die Reißleine?
Für die SPD ist die Entwicklung nach der Haushaltssperre ein Garaus. Bei Neuwahlen hätte sie laut Umfragen derzeit sehr schlechte Karten. In den Stimmungstests liegt die Kanzlerpartei nur noch an Platz drei – hinter CDU und AfD. Angesichts der vielen Ampel-Krisen waberte bereits vor Wochen ein wildes Gerücht durch Berlin: dass Scholz den Regierungspartner austauschen und die CDU vorübergehend zum Juniorpartner machen könnte. „Zu gegebener Zeit wäre es die einzige Chance, Neuwahlen zu vermeiden, die für die SPD katastrophal ausfielen“, sagte Politikexperte Heinrich Oberreuter von der Universität Passau damals der Bild und fügte hinzu: Scholz könnte diese Strategie seiner Partei als Bestandserhaltung verkaufen und als Verbesserung der Ausgangsposition für 2025.“
Die Deutschen zeigten sich in der Frage nach Neuwahlen jedenfalls zuletzt unentschieden. Die Hälfte der Deutschen wünschte sich laut einer Spiegel-Umfrage einen neuen Ampel-Koalitionsvertrag, 57 Prozent der Bevölkerung war offen ür Neuwahlen. (jeki)