Völkermord-Vorwurf

Warum Südafrika Israel einen Völkermord vorwirft und vor Gericht zerrt

  • Robert Wagner
    VonRobert Wagner
    schließen

Erstmals muss sich Israel für seine Politik gegen die Palästinenser vor Gericht verantworten. Es ist kein Zufall, dass die Klage von Südafrika kommt.

Den Haag – Seit Donnerstag (11. Januar) muss Israel sich vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag verantworten. Südafrika reichte mit einem Eilantragsverfahren am 29. Dezember Klage gegen Israel ein. Der Vorwurf: Israel würde sich mit seinem harten militärischen Vorgehen im Gazastreifen „völkermörderischen Handelns“ schuldig machen und gegen die Völkermordkonvention der UN verstoßen.

Dem Staat, der erst als Konsequenz des Völkermords der deutschen Nazis an den Juden entstanden ist, wird nun also vorgeworfen, selber einen Völkermord zu verüben. Auf 84 Seiten geht Südafrika in seiner Klageschrift auf die Gewalt Israels gegen die Menschen im Gazastreifen ein und beschreibt diese als Taten mit einem „genozidalen Charkater“.

Tal Becker, Rechtsberater des Außenministeriums von Israel, sitzt bei einer Anhörung vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH). Am 12. Januar nahm Israel erstmals Stellung zu dem Vorwurf des Völkermordes.

Tatsächlich sind nach Angaben des von der Hamas kontrollierten, aber als glaubwürdig eingeschätzten Gesundheitsministeriums von Gaza mittlerweile mehr als 20.000 Menschen in dem Krieg Israels gegen die Hamas gestorben. Die große Mehrheit davon Zivilisten. Die UN bezeichnet den Gazastreifen mittlerweile als „unbewohnbar“. Eine Niederlage vor dem IGH wäre für Israel eine große symbolische Niederlage, auch wenn das UN-Gericht selbst keine Handhabe hat, ein Urteil auch zu vollstrecken.

Vorwürfe gegen Israel

Der Vorwurf, Israel betreibe einen Völkermord gegen die Palästinenser, ist nicht neu. Seit dem 7. Oktober wird er auf Demonstrationen auf der ganzen Welt erhoben, insbesondere in der arabischen Welt. An diesem Tag begannen die großflächigen Luftangriffe Israels gegen den Gazastreifen, nachdem die dort herrschende Hamas in einem nie dagewesenen terroristischen Großangriff über 1200 Menschen ermordet und rund 250 als Geiseln verschleppt hatte. Aber warum ergreift nun das weit entfernte Südafrika die Initiative und geht diesen spektakulären Schritt?

Bereits vor seinen Gang vor das höchste UN-Gericht hat Südafrika in Reaktion auf Israels Krieg in Gaza viele Brücken zu Israel abgebrochen. Sein diplomatisches Personal hat es im November 2023 aus dem Land abgezogen, wie die Jüdische Allgemeine berichtete. Im selben Monat beschloss das südafrikanische Parlament die Schließung der israelischen Botschaft in Pretoria.

Schon Anfang März 2023, ein halbes Jahr vor dem Krieg in Israel, beschloss das Parlament in Pretoria überdies eine Herabstufung der südafrikanischen Botschaft im israelischen Ramat Gan. Südafrika könne nicht länger tatenlos zusehen, während „auf palästinensischen Menschenrechten herumgetrampelt wird“, sagte damals laut dem Nachrichtenportal israelnetz ein Abgeordneter der Partei Nationalen Freiheitspartei (NFP), die die Resolution eingebracht hatte.

Israel und Südafrika haben ein historisch belastetes Verhältnis

Mit der Klage vor dem IGH hat das Verhältnis zwischen Südafrika und Israel nun einen neuen Tiefpunkt erreicht. Es war aber schon seit langer Zeit ein sehr belastetes Verhältnis, was nur verständlich wird, wenn man bis zur Zeit der Apartheid zurückgeht. In den 1960er Jahren sympathisierten afrikanische Länder, die damals reihenweise ihre Unabhängigkeit erklärten, noch mit Israel. Sie sahen in dem jungen Staat der Juden, der letztlich das Ergebnis einer rassistischen Vernichtungspolitik durch eine weiße Macht war, einen potenziellen Verbündeten.

Das galt auch für den heute regierenden ANC (African National Congress), der seine politische Existenz als Widerstandsbewegung gegen das Apartheidsregime begann. Die Kriege, die Israel bald darauf gegen arabische Mächte führen musste, änderten diese Sichtweise aber. Mit dem Sechstagekrieg 1967 und dem Jom-Kippur-Krieg 1973 eroberte Israel den Gazastreifen, den Sinai, das Westjordanland und Ostjerusalem – Gebiete, die zuvor zu Ägypten beziehungsweise Jordanien gehört hatten.

Südafrikas Widerstandskämpfer solidarisierten sich früh mit den Palästinensern

Israel wurde nun von den afrikanischen Ländern als Besatzungsmacht angesehen, was seinem Ansehen enorm schadete, schließlich waren diese Länder selbst lange Zeit Opfer kolonialer Unterdrückung. Der südafrikanische ANC sah in der palästinensischen Befreiungsorganisation PLO Leidensgenossen, mit denen man sich gerne solidarisierte. In den 1980er Jahren wurde unter dem ANC-Führer Nelson Mandela aus dieser Solidarität sogar ein strategisches Bündnis, wie der Standard ausführt.

Nach seiner Freilassung Anfang 1990 war Mandela ein lautstarker Unterstützer der PLO und ihres damaligen Führers Jassir Arafat. „Wir identifizieren uns mit der PLO, weil sie genau wie wir für das Recht auf Selbstbestimmung kämpfen“, sagte er damals, wie das Nachrichtenportal Vox berichtet. Arafat war einer der ersten ausländischen Politiker, die Mandela nach seiner Freilassung empfing.

Israel suchte die Nähe zum rassistischen Regime der Apartheid

Eine andere Entwicklung förderte die Annäherung zwischen ANC und PLO maßgeblich. Israel ging damals seinerseits auf das rassistische Apartheidsregime in Südafrika zu und baute eine Art strategische Partnerschaft mit den Machthabern auf. Diese Annäherung ging so weit, dass der israelische Regierungschef Yitzhak Rabin und sein südafrikanischer Amtskollege John Vorster 1976 auf die „gemeinsamen Ideale Israels und Südafrikas“ anstießen.

Vor dem Gaza-Krieg: Die Geschichte des Israel-Palästina-Konflikts in Bildern 

Vor 60. Gründungstag von Israel
Die Generalversammlung der Vereinten Nationen entschied 1947 über die Teilung Palästinas in zwei Staaten, einen jüdischen und einen arabischen. Im Teilungsplan wurde auch festgelegt, dass die Briten ihr Mandat für Palästina bis August 1948 niederlegen. Großbritannien hatte nach dem Ersten Weltkrieg das Gebiet besetzt und war 1922 offiziell mit dem Mandat über Palästina beauftragt worden. Am 14. Mai 1948 wurde auf Grundlage des UN-Beschlusses der jüdische Staat gegründet. © dpa
Proklamation des Staates Israel
Nach der Unterzeichnung der Proklamationsurkunde am 14. Mai 1948 im Stadtmuseum von Tel Aviv hält eine nicht identifizierte Person das Schriftstück mit den Unterschriften in die Höhe. Links ist David Ben Gurion zu sehen, der erste Ministerpräsident Israels. © dpa
Israelischer Unabhängigkeitskrieg
Ein historisches Datum für den Staat Israel. Doch die arabischen Staaten Libanon, Syrien, Jordanien, Ägypten und Irak erkannten die Gründung nicht an und überschritten nur einen Tag später mit ihren Armeen die Grenzen. So begann der Palästina-Krieg, der im Januar 1949 mit dem Sieg Israels endete. Das Foto zeigt israelische Mitglieder der paramilitärischen Organisation Haganah im August 1948.  © AFP
Operation Yoav
Die israelische Armee konnte während des Krieges 40 Prozent des Gebiets erobern, das eigentlich laut dem ursprünglichen UN-Plan zur Teilung für die arabische Bevölkerung vorgesehen war. So wurde auch der westliche Teil von Jerusalem von Israel besetzt.  © Imago
Waffenstillstand Israel Palästina 1949
Die Vereinten Nationen vermittelten zwischen Israel und Ägypten, und so kam es zwischen den beiden Ländern am 24. Februar 1949 zu einem Waffenstillstandsvertrag. Andere arabische Kriegsgegner folgten mit Waffenstillständen bis Juli 1949. Laut Schätzungen starben bei dem Krieg, den die arabischen Länder gestartet hatten, mehr als 6000 Israelis und 6000 Araber.  © ACME Newspictures/afp
Arafat. Geschichte des Krieges in Israel
Jassir Arafat gründete 1959 die Fatah, eine Partei in den palästinensischen Autonomiegebieten. Laut ihrer Verfassung war ihr Ziel, auch mit terroristischen Mitteln die Israelis aus Palästina zu vertreiben und Jerusalem als Hauptstadt zu installieren. Ebenfalls als Ziel rief die Fatah die „Ausrottung der ökonomischen, politischen, militärischen und kulturellen Existenz des Zionismus“ aus.  © PPO/afp
Arafat
1993 erkannte die Fatah mit ihrem Vorsitzenden Jassir Arafat das Existenzrecht Israels im Osloer-Friedensprozess an, und wollte den Terror als Waffe nicht mehr nutzen. Allerdings gab es immer wieder Bombenattentate in Israel. 2011 suchte Arafat den Schulterschluss mit der Hamas. Gemeinsam planten sie, eine Übergangsregierung zu bilden, was bis heute nicht umgesetzt wurde. Innerhalb der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) ist die Fatah die stärkste Fraktion. © Aleksander Nordahl/Imago
1974 Arafat vor UN
Im Oktober 1974 erkannte die Vollversammlung der Vereinten Nationen die PLO als Befreiungsbewegung an. Daraufhin wurde Arafat als Vertreter eingeladen. Am 13. November 1974 eröffnete Arafat die Debatte in der Vollversammlung. Er beendete die Rede mit dem Satz: „Ich bin mit einem Olivenzweig in der einen und dem Gewehr des Revolutionärs in der anderen Hand hierhergekommen. Lasst nicht zu, dass der grüne Zweig aus meiner Hand fällt!“ © dpa
Kampfflugzeug im Sechs-Tage Krieg
Vom 5. Juni bis 10. Juni 1967 fand der Sechstagekrieg zwischen Israel auf der einen und Ägypten, Jordanien und Syrien auf der anderen Seite statt. Auslöser war die ägyptische Blockade der Seestraße von Tiran für die Israelis, die so abgeschnitten waren. Außerdem hatte der ägyptische Präsident den Abzug der Blauhelme erzwungen, die die nördliche Grenze Israels sicherten. Als Drohung schickte Ägypten dann 1000 Panzer und 100.000 Soldaten an die Grenzen zu Israel. Als Reaktion auf die Bedrohung flogen die Israelis einen Präventiv-Schlag. Auf dem Foto sieht man ein ägyptisches Kampfflugzeug. Während des Krieges konnte Israel die Kontrolle über den Gazastreifen, die Sinai-Halbinsel, die Golanhöhen, das Westjordanland und Ostjerusalem erlangen. Weil Israel seine Angreifer besiegen konnte, machte der Staat am 19. Juni 1967, neun Tage nach seinem Sieg, Ägypten und Syrien ein Friedensangebot. Darin enthalten die Aufforderung, Israel als Staat anzuerkennen. © AP/dpa
Arabisch-israelischer Krieg
Am 6. Oktober 1973, dem höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur, startete eine arabische Militärkoalition unter Führung Ägyptens und Syriens einen Überraschungsangriff, gleichzeitig auf die Sinai-Halbinsel und die Golanhöhen. Nach anfänglichem Erfolg der arabischen Kriegsparteien gelang es Israel, sich zu behaupten. Erst mit dem Friedensvertrag sechs Jahre später am 26. März 1979, normalisierten sich die Beziehungen zwischen Ägypten und Israel. Ägypten war der erste arabische Staat, der das Existenzrecht Israels anerkannte. © afp
Friedensvertrag zwischen Israel und Ägypten, Jimmy Carter schüttelt dem ägyptischen Präsidenten Anwar al-Sadat die Hand.
Das Friedensabkommen vom 26. März. 1979 war ein wichtiger Meilenstein. US-Präsident Jimmy Carter gratulierte damals dem ägyptischen Präsidenten Anwar al-Sadat und dem israelischen Premierminister Menachem Begin vor dem Weißen Haus. Nach den Camp-David-Verhandlungen unterzeichneten sie den Friedensvertrag zwischen den beiden Ländern dort. © Consolidated News Pictures/afp
Beschuss im Libanonkrieg
1982 begann mit dem Libanonkrieg der erste große israelisch-arabische Konflikt, der von Israel gestartet wurde. Die Kriegsparteien waren die israelische Armee und verbündete Milizen auf der einen, die PLO und Syrien auf der anderen Seite. Israel besetzte im Rahmen des Krieges zwischen 1982 und 1985 den Süden Libanons. Später richtete Israel daraufhin dort eine „Sicherheitszone“ ein, die aber Angriffe der Hisbollah aus dem Libanon auf nordisraelische Städte nicht verhindern konnte. Am 25. Mai 2000 zog die israelische Armee aus dem Südlibanon ab.  © Dominique Faget/afp
Soldaten und Kinder bei der Intifada 1987
Am 8. Dezember 1987 brach im Westjordanland und im Gazastreifen ein gewaltsamer Aufstand der Palästinenser gegen die israelische Besatzung aus. Diesen Aufstand nennt man Intifada. Auf dem Foto ist zu sehen, wie israelische Soldaten Kinder anweisen, das Gebiet zu verlassen, als Hunderte von Demonstranten Steine und Flaschen schleudern.  © Esaias Baitel/afp
Hamas-Kundgebung im Gaza-Streifen
Die PLO (Palästinensische Befreiungsorganisation), die ihre Zentrale in Tunis hatte, wollte einen eigenen palästinensischen Staat ausrufen, hatte aber keine Kontrolle über die entsprechenden Gebiete. Im Zuge dessen kam es zu einem Gewaltausbruch, der erst 1991 abnahm. 1993 wurde schließlich mit dem Osloer Abkommen die erste Intifada beendet. © Ali Ali/dpa
Der PLO-Führer Yasser Arafat und der israelischen Premierminister Yitzahk Rabin schütteln sich 1993 die Hände.
Nach Jahrzehnten von Gewalt und Konflikten unterschrieben am 13. September 1993 Israels Außenminister Shimon Peres und Mahmoud Abbas, Verhandlungsführer der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), unter Aufsicht der russischen und amerikanischen Außenminister die „Osloer Verträge“. Das Foto des Händedrucks zwischen Palästinenservertreter Jassir Arafat und dem israelischen Ministerpräsident Yitzhak Rabin und US-Präsident Bill Clinton wurde weltberühmt. © J. David Ake/afp
Yasir Arafat, Shimon Peres und Yitzhak Rabin erhalten den Friedensnobelpreis
Nach der Unterzeichnung der Osloer Verträge bekamen Jassir Arafat, Schimon Peres und Yitzhak Rabin den Friedensnobelpreis für 1994. Hier die Preisträger zusammen mit ihrer Medaille und ihrem Diplom im Osloer Rathaus. Die Friedensverträge wurden damals als wichtiger Startpunkt für Frieden in der Region gesehen. © Aleksander Nordahl/Imago
Bill Clinton, König Hussein und Rabin bei der Friedenssitzung
1994 folgten Friedensverhandlungen zwischen Jordanien und Israel 1994 im Weißen Haus. Auf dem Foto ist zu sehen, wie der jordanische König Hussein und der israelische Premierminister Yitzahk Rabin bei der Friedenssitzung sich die Hände schütteln. © Imago/ ZUMA Press
Sarg von Yitzhak Rabin, Geschichte des Kriegs in Israel
Mit der Hoffnung auf Frieden in der Region wurde der Hass von israelischen Extremisten größer. Diese wollten Abkommen mit den arabischen Staaten und der PLO nicht akzeptieren. So wurde Yitzhak Rabin zur Zielscheibe und wurde 1995 im Anschluss an eine große Friedenskundgebung in Tel Aviv von einem rechtsextremen Juden ermordet. Das Foto zeigt den Sarg des Premierministers in Jerusalem bei seiner Beerdigung.  © Jim Hollander/dpa
Junge schießt mit Katapult bei der zweiten Intifada, Geschichte des Krieges in Israel
Obwohl es in den 1990er Jahren mit den Osloer Verträgen große Hoffnung auf Frieden gab, hatte sich die Situation nach der Ermordung von Yitzhak Rabin massiv aufgeheizt. 2000 kam es zur zweiten Intifada, dem gewaltvollen Aufstand der Palästinenser mit Straßenschlachten. Die zweite Intifada dauerte bis 2005. © Imago/UPI Photo
Israelische Soldaten 2006, Geschichte des Krieges in Israel
2006 kam es wieder zwischen Israel und dem Libanon zum Krieg. Die Auseinandersetzung wird auch 33-Tage-Krieg oder zweiter Libanon-Krieg genannt, weil sie nach gut einem Monat am 14. August 2006 mit einem Waffenstillstand endete. Das Foto zeigt einen israelischen Soldaten im Libanon-Krieg im Jahr 2006. Eine israelische Artillerieeinheit hatte soeben an der libanesisch-israelischen Grenze in den Libanon gefeuert. Fast 10.000 israelische Soldaten kämpften in der Nähe von etwa einem Dutzend Dörfern im Südlibanon gegen Hisbollah-Kämpfer.  © Menahem Kahana/afp
Israelisches Militär feuert auf Ziele im Libanon
Auslöser des Libanon-Kriegs waren anhaltende Konflikte zwischen der Terrororganisation Hisbollah und der israelischen Armee. Um die Angriffe zu stoppen, bombardierte die israelische Luftwaffe die Miliz aus der Luft und verhängte eine Seeblockade. Die Hisbollah antwortete mit Raketenbeschuss auf den Norden Israels. Später schickte Israel auch Bodentruppen in den Süden von Libanon.  © Atef Safadi/dpa
Angriff im Süden von Beirut
Die libanesische Regierung verurteilte die Angriffe der Hisbollah und forderte internationale Friedenstruppen, um den Konflikt zu beenden. Am 14. August 2006 stimmten schließlich nach einer UN-Resolution die Konfliktparteien einem Waffenstillstand zu. Sowohl die Hisbollah als auch Israel sahen sich als Sieger.  © Wael Hamzeh/dpa
Krieg in Israel
2014 startete die israelische Armee (IDF) mit der Operation Protective Edge am 8. Juli eine Militäroperation, weil die Hamas aus dem Gazastreifen immer wieder Israel beschoss. Ab dem 26. Juli 2014 folgte eine unbefristete Waffenruhe, die kanpp neun jahre währte.  © Abir Sultan/dpa
Jahrestag der Angriffe auf Israel am 7. Oktober
Am 7. Oktober 2023 startete die Hamas einen Überraschungsangriff auf Israel mit Raketenbeschuss und Bodeninfiltrationen aus dem Gazastreifen, was zu schweren Verlusten und der Entführung zahlreicher Geiseln führte. Hier ist eine Gesamtansicht der zerstörten Polizeistation in Sderot nach den Angriffen der Hamas-Terroristen zu sehen.  © Ilia Yefimovich/dpa
Jahrestag der Angriffe auf Israel am 7. Oktober
Bei dem Überfall der Hamas und anderer extremistischer Gruppierungen auf Israel wurden rund 1200 Menschen getötet und mehr als 250 Israelis als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Seitdem wurden laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde im Gazastreifen Zehntausende Menschen getötet, darunter auch viele Frauen und Minderjährige. © Ilia Yefimovich/dpa

Diese Partnerschaft erstreckte sich auch auf die Rüstungsindustrie. Ein großer Teil der israelischen Rüstungsproduktion ging in den 1970er und 1980er Jahren nach Südafrika. Als der internationale Druck auf das menschenverachtende Apartheidsregime dann immer größer wurde, war Israel einer der letzten Staaten, die sich den Sanktionen gegen Johannesburg anschlossen. Mit dieser Zusammenarbeit mit den rassistischen Unterdrückern machte sich Israel bei den südafrikanischen Widerstandskämpfern natürlich nicht sehr beliebt.

Südafrika: Vorbehalte gegen Israel sind geblieben

Auch Jahrzehnte später sind vielen (schwarzen) Südafrikanern Vorbehalte gegen Israel geblieben. Man sieht immer noch eine natürliche Verbundenheit zwischen den einstigen Kämpfern gegen die Apartheid und den Palästinensern, die seit über 70 Jahren unter der israelischen Besatzung leiden.

„Südafrika beschäftigt sich seit dem Ende der Apartheid und der Staatsgründung mit der Palästinenserfrage. Es ist ein wichtiges Thema in der südafrikanischen Politik und unter südafrikanischen Führern“, sagte Michael Walsh von University of California Berkeley, gegenüber Vox.

Südafrika hat auch geopolitische Gründe für sein Vorgehen gegen Israel

Jenseits dieser historisch begründeten Verbundenheit gibt es aber auch ein aktuelleres Motiv für das Vorpreschen Südafrikas gegen Israel. Die Klage vor dem IGH muss auch vor dem Hintergrund der geopolitischen Verschiebungen gesehen werden. Es geht Johannesburg laut Vox auch darum, die von den USA dominierte internationale Ordnung herauszufordern, die es als unfair gegenüber afrikanischen und nicht-westlichen Interessen ansieht. Der Gang vor den IGH, einer international anerkannten UN-Organisation, ist dabei ein mächtiger Hebel.

Das Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof ermöglicht es Südafrika nun, an einem offiziellen Ort eine klare Erklärung zu Israels Vorgehen in Gaza abzugeben, dessen wichtigste Schutzmacht die USA sind: Es gebe internationale Unterstützung für die Palästinenser. Die unerbittlichen Bombardierungen der letzten drei Monate sowie die Verweigerung des Zugangs zu lebensnotwendigen Gütern sei eine dringende Angelegenheit von internationaler Bedeutung.

Das Bestreben Südafrikas, die Hegemonie des Westens infrage zu stellen, zeigte sich bereits mit dem Ukraine-Krieg. Südafrika gehört zu den Ländern, die Russland bis heute für seine Invasion der Ukraine nicht klar verurteilen. Stattdessen sucht man eine Annäherung an den Aggressor und hielt im Februar 2023 sogar gemeinsame Marinemanöver mit Russland und China ab.

Israel weist den Völkermord-Vorwurf von sich und nennt Südafrika einen „Arm der Hamas“

Israel seinerseits verwahrt sich vor dem Vorwurf, einen Völkermord an den Palästinensern zu begehen. Der Rechtsberater des israelischen Außenministeriums, Tal Becker, warf heute (12. Januar) in seiner Eröffnungsrede vor dem IGH Südafrika vor, „ein zutiefst verzerrtes faktisches und rechtliches Bild“ präsentiert zu haben. Es gehe Israel lediglich um Selbstverteidigung gegen die Hamas und „andere terroristische Organisationen“, so Becker. Südafrika versuche offenbar, „Israels inhärentes Recht auf Selbstverteidigung zu vereiteln“, so Becker.

Lior Haiat, Sprecher des israelischen Außenministeriums, ging sogar noch weiter. Auf der Plattform X, ehemals Twitter, warf er Südafrika vor, als „juristischer Arm der Terrororganisation Hamas“ zu fungieren. Ähnlich äußerte sich der israeliscche Regierungschef Benjamin Netanjahu. „Heute sahen wir wieder einmal eine auf den Kopf gestellte Welt, in der der Staat Israel des Genozids beschuldigt wird, zu einer Zeit, in der er einen Genozid bekämpft“, sagte er laut dpa am Donnerstag (11. Januar).

Rubriklistenbild: © Remko De Waal/dpa