Umstrittenes Gesetz

Fällt Netanjahus Justizreform? Tendenz sickert durch und stößt auf Kritik

  • Sandra Kathe
    VonSandra Kathe
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Seit Monaten wird in Israel über eine Justizreform diskutiert, die die Judikative im Land schwächen soll. Nun könnte ausgerechnet ein Gericht diese Entscheidung kippen.

Tel Aviv – Seit September verhandelt das Oberste Gericht in Israel über eine Gesetzesreform der Regierung Netanjahu, die zum Ziel hat, die Entscheidungsmacht genau von diesem Gericht zu schwächen. Eine Entscheidung wurde frühestens für Januar erwartet. Nun ist laut Berichten der israelischen Tageszeitung Haaretz eine erste Tendenz durchgesickert – mit schlechten Nachrichten für Netanjahus rechtes Lager.

Demnach würden acht der 15 Richterinnen und Richter dafür stimmen, Netanjahus umstrittene Justizreform zu stoppen. Die sieben anderen unterstützten das Gesetz, das wichtige Veto-Rechte des Obersten Gerichts einschränken und dem Parlament damit größere Entscheidungsfreiheit geben sollte. Die Information wurde am Mittwoch (27. Dezember) durch ein Leak öffentlich, nachdem der israelische Justizminister Yariv Levin das Gremium zuletzt eindringlich dazu aufgerufen hatte, die umstrittene Entscheidung nicht in Kriegszeiten zu treffen.

Seit Monaten steht Israels Präsident Netanjahu für eine umstrittene Justizreform in der Kritik. (Symbolfoto)

Umstrittene Justizreform in Israel spaltet Gesellschaft und schwächt das Land

Begründet hatte Levin seine Aufforderung, das Urteil zu verschieben, damit, dass die Menschen in Israel erwarteten, dass solch ein umstrittenes Urteil nicht in Kriegszeiten getroffen würde. „Während unsere Streitkräfte an mehreren Fronten im Kampfeinsatz sind und das ganze Land schwere Verluste betrauert, können wir die Nation nicht mit Kontroversen auseinanderreißen“, zitiert die Zeitung die Aufforderung des Ministers.

Durchgesickert ist das nahende Urteil zu dem Gesetz, gegen das noch wenige Wochen vor Beginn des Kriegs in Israel Anfang Oktober mehr als 100.000 Menschen in Tel Aviv auf die Straße gegangen waren, nun dennoch. Und das Leak sorgt sogar bei Befürwortern seines Inhalts zu heftiger Kritik. So zitiert Haaretz eine Stellungnahme der Organisation „Movement for Quality Government in Israel“, die unter anderen gegen die Justizreform vorgegangen war.

„Mafia-Methoden“: Laute Kritik an Leak zu möglicher Justizreform-Entscheidung

Ziel des Leaks sei es der Einschätzung seiner Mitglieder nach gewesen, die Richterinnen und Richter schon vor Bekanntgabe ihrer Entscheidung einzuschüchtern. Ein solches Vorgehen entspreche jedoch „gefährlichen Mafia-Methoden, die zwielichtigen Regierungen zugutekommen und nicht einem demokratischen Staat, der die Unabhängigkeit von Gerichten und Richtern respektiert“.

Kritikerinnen und Kritiker der von Netanjahus Regierung vorangetriebenen Gesetzesreform warnen seit Monaten davor, dass die Novelle Israels Sicherheit nachhaltig schwächen könnte. Zudem wird Netanjahus rechtskonservativem Regierungsbündnis vorgeworfen, mit der Diskussion darüber die Spaltung Israels vorangetrieben und das Land damit geschwächt zu haben. (saka)

Rubriklistenbild: © Ohad Zwingenberg/AFP