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Habecks Gasspeicher machen Hoffnung für den Winter – doch Verbände warnen vor Gaspreis-Entwicklung
VonNail Akkoyun
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Deutschland hat seine Gasspeicher gefüllt und ist bereit für den Winter. Doch der internationale Markt und der schwankende Gaspreis bereiten Sorgen.
Berlin – Groß war die Sorge im vergangenen Winter, als die durch den Ukraine-Krieg befeuerte Energiekrise für Gasknappheit sorgte. Wirtschaftsminister Robert Habeck sah sich mit einer schwierigen Aufgabe konfrontiert – und doch gelang es dem Grünen-Politiker schlussendlich, Deutschland trotz fabulierten Horrorszenarien durch die kalten Monate zu bringen.
Inzwischen hat der Füllstand der deutschen Erdgasspeicher nach Angaben des europäischen Gasspeicherverbands GIE sogar die 100-Prozent-Marke geknackt. Möglich machen das die niedrigen Temperaturen, die das Gasvolumen sinken lassen und somit für mehr Platz in den Speichern sorgen. Dies sei „eine gute Nachricht“, sagte der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller. „Wir sind viel besser vorbereitet auf den Winter als wir es im letzten Jahr waren“, so Müller gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Auf die kommenden Monate lässt sich also optimistisch blicken – auch, weil die Ampel-Koalition die Preisbremsen für Gas, Fernwärme und Strom laut Spiegel-Informationen bis zum Winterende verlängern will. Während die Bevölkerung dadurch gegen unerwartete Preisschübe abgesichert werden soll, mahnt Bundesnetzagentur-Chef Müller dennoch zur Vorsicht: „Wir bitten die Menschen, sich weiter genau zu überlegen, welcher Verbrauch sich einsparen lässt.“ Angesichts der „weiterhin höheren Gaspreise“ müsse die Kostenbelastung beachtet werden.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (r., Grüne) besichtigt während seines Besuchs in der VNG Gasspeicher GmbH in Leipzig einen Kavernenspeicher. (Archivfoto)
Netzentgelte und CO₂-Kosten werden Gaspreis weiter erhöhen
Trotz reichlich Vorsorge von Habeck sorgt vor allem der europäische Gasmarkt für Unsicherheiten. Während sich der Handelspreis noch vor wenigen Jahr kaum bewegte – auch weil Russland zahlreiche Länder mit günstigem Gas in hohen Mengen versorgte – hat sich das inzwischen maßgeblich geändert. Europa ist massiv abhängig vom internationalen Markt für verflüssigtes Erdgas (LNG), der die russischen Lieferungen zwar ersetzt, aber auch einen schwankenden Gaspreis mit sich bringt.
Zum anderen sind die Vorkehrungen für die Einbeziehung des Wärmesektors in den europäischen Emissionshandel im Gange. Die Kosten für das CO₂, das aus dem Heizkeller in die Atmosphäre freigesetzt wird, werden drastisch ansteigen. Für die meisten Menschen bedeutet das eine höhere Rechnung.
Da die Zahl der Gasheizungen, die am Netz hängen, sinken wird, werden zudem auch die Gebühren für das Nutzen von Gasleitungen steigen. Inwieweit dieser Faktor schon im kommenden Winter den Gaspreis erhöhen wird, lässt sich allerdings noch nicht beurteilen. Es gibt Studien, die gar von einer Verzehnfachung des Gaspreises in den kommenden Jahren ausgehen. In einer Untersuchung des Energiewirtschaftlichen Instituts der Universität Köln wird jedoch betont, dass das Preisniveau von 2018 durch geringere Nachfrage „auch ohne russisches Gas bis 2030 wieder erreicht werden“ kann.
Gasspeicher in Rehden: Größter Speicher in Deutschland stand nach Kriegsausbruch in der Kritik
Als symbolisch für deutsche Abhängigkeit von Russland galt der in Niedersachsen liegende Erdgasspeicher Rehden, welcher jahrelang von der Gazprom-Tochter Astora betrieben wurde – der größte Speicher in ganz Deutschland, wohlgemerkt. Im vergangenen Jahr ist der Erdgasspeicher nach Kriegsausbruch in den Fokus der Öffentlichkeit und damit in Kritik geraten. Die Bundesnetzagentur hat das Betreiberunternehmen Astora daraufhin als Treuhänderin übernommen, seit November 2022 ist Astora im Besitz der Bundesrepublik.
Gegenüber kreiszeitung.de verteidigte sich Geschäftsführer Eduard Schmitke damals gegen die seiner Meinung nach damalige falsche öffentliche Darstellung. Er behauptete, dass der Landrat und viele Medien eine negative Stimmung gegen den damaligen Betreiber erzeugt hätten. Astora habe nie Kontrolle über den Füllstand des Erdgasspeichers gehabt. „Wir betreiben den Speicher, die Kunden entscheiden, wie viel Gas sie einlagern“, so Schmitke. „Gazprom war hier nur Investor. Russen haben hier nie gearbeitet.“
Ukraine-Krieg: Die Ursprünge des Konflikts mit Russland
Auch China kann den Gaspreis weiter nach oben drücken
Doch während Russland größtenteils aus dem Bild scheint, macht China Europa inzwischen mächtig Konkurrenz – und zwar beim Einkauf. Denn beim viertgrößten Land der Welt handelt es sich um den international größten Flüssiggas-Importeur. Sollte die Nachfrage in China noch weiter steigen, könnte LNG knapp für Europa und Deutschland werden. Dann könnte es hierzulande sehr kostspielig werden, die Wohnräume zu beheizen.
Darüber hinaus will der Verband der Speicherbetreiber trotz zu 100 Prozent gefüllter Gasspeicher bei einem sehr kalten Verlauf des Winters eine Gasnotlage nicht ausschließen. Bei extrem tiefen Temperaturen wie 2010 könnten die deutschen Speicher Ende Januar 2024 leer sein, berichtete die Initiative Energien Speichern. Erst im Verlauf des März könnten die Speicher in solch einem Szenario wieder befüllt werden.
Bei einem normalen Temperaturverlauf wie 2016 geht der Verband davon aus, dass die Speicher Anfang Februar noch zu 42 Prozent gefüllt sein werden. Vorgeschrieben ist am 1. Februar ein Füllstand von mindestens 40 Prozent. In einem warmen Winter mit Temperaturen wie 2020 sind die Speicher dem Modell zufolge Anfang Februar zu 70 Prozent gefüllt. (nak mit dpa)