Anti-Drogen-Aktivisten protestieren in Washington gegen illegale Drogen und gegen Fentanyl aus China.
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Anti-Drogen-Aktivisten protestierten 2022 in Washington gegen illegale Drogen und dabei auch gegen China, aus dem vor allem Fentanyl-Vorprodukte kommen. Nun versprach Xi, gegen illegale Exporte vorzugehen.

Tödliche Sucht in den USA

Fentanyl-Wirkstoffe aus China: Joe Biden bekommt von Xi Zusage im Kampf gegen das neue Opium

  • Finn Mayer-Kuckuk
    VonFinn Mayer-Kuckuk
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Ein wichtiges Ergebnis des Gipfels Xi-Biden ist die Zusage, im Kampf gegen illegale Fentanyl-Importe aus China mehr zusammenarbeiten zu wollen. Bisher schien China die Exporte nicht konsequent zu bekämpfen.

Joe Bidens wichtigste innenpolitische Ausbeute des Gipfels mit Xi Jinping war das Zugeständnis des chinesischen Staatschefs, mehr gegen den illegalen Export von Fentanyl zu tun. Dabei handelt es sich um ein starkes Rausch- und Betäubungsmittel. Die Opioid-Krise in den USA verursacht weiterhin erhebliches Leid und ist daher für Biden auch Wahlkampfthema.

Die Bedeutung der Vereinbarung für Biden zeigte sich am Donnerstag an einer prompten Reaktion seiner Regierung. Sie hat das Institut für Forensik von einer Sanktionsliste genommen, auf dem es wegen seiner vermeintlichen Untätigkeit im Kampf gegen Fentanyl gelandet war. Das Institut ist eine Behörde unter dem Ministerium für Öffentliche Sicherheit. Biden erkennt damit an, dass Xi es mit seinem Zugeständnis ernst meint.

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Fentanyl-Krise in den USA: Ursprünglich hausgemacht

Zwar gibt es auch andere Anbieterländer, aber der größte Teil der Substanz kommt nach US-Angaben aus China. Tatsächlich stammt es dort von regulären Pharmafirmen, die den Weltmarkt mit Vorprodukten für Arzneien versorgen. Legale US-Anbieter beziehen ebenfalls die Grundsubstanzen für ihre Schmerzmittel aus China und Indien.

Fentanyl ist ein künstliches Betäubungsmittel, das bis zu 100 mal stärker wirkt als natürliches Opium. Weil solche Substanzen vom Opium abgeleitet sind, werden sie Opioide genannt. Fentanyl existiert schon seit den 1960-er Jahren und fand seine Anwendung ursprünglich in Krankenhäusern, Hospizen oder unter medizinischer Aufsicht in der Therapie für extreme Schmerzen.

Pharma-Lobbying eröffnete in den 2000-er Jahren einen Markt für die Anwendung in großen Patientengruppen ohne direkte Aufsicht und zuhause. Viele Amerikaner wurden süchtig. Als Fentanyl dann erneut als gefährliches Betäubungsmittel eingestuft wurde, beschafften es sich die nun schwer abhängigen Menschen auf dem Schwarzmarkt. Geschmuggeltes Fentanyl aus China ersetzte legal vermarktete Medikamente.

Rache für den Opiumkrieg der Briten gegen China?

Eine Assoziation kommt dabei regelmäßig auf: Der Fentanyl-Schmuggel weist Ähnlichkeiten zu den erzwungenen Opium-Lieferungen Großbritanniens an China im 19. Jahrhundert auf. Diese hatten Chinas Wirtschaft und Gesellschaft schwer geschädigt.

Die Briten haben China mit überlegener Waffentechnik in zwei Kriegen zwischen 1839 und 1860 besiegt und den Kaiser gezwungen, das Rauschgift zu legalisieren und den Markt dafür zu öffnen. Grund war das Gewinnstreben der britischen Händler. Pikantes Detail: Der Großvater von US-Präsident Franklin D. Roosevelt hat möglicherweise im Chinageschäft vom Verkauf von Opium profitiert.

Im Jahr 2022 griff der damalige chinesische Botschafter in den USA, Qin Gang, die Assoziation zwischen den Opiumkriegen und dem Fentanyl-Schmuggel sogar selbst auf, drehte die Argumentation aber um. China nehme den Kampf gegen Fentanyl sehr ernst, weil es einst selbst Opfer von Drogenexporten war. (Qin wurde im vergangenen Dezember zum Außenminister ernannt, ist aber inzwischen gestürzt worden und verschwunden.)

China schien sich nicht viel Mühe zu geben im Kampf gegen illegale Fentanyl-Exporte

Dennoch drängt sich der Eindruck auf, dass China bisher nicht mit aller Macht gegen die Ausfuhr der Substanz vorgegangen ist. Deshalb war das Thema auch Teil der Verhandlungen zwischen Biden und Xi am Mittwoch. Die USA stehen auf dem Standpunkt, dass China bisher vor allem Lippenbekenntnisse abgegeben hat. Ein Polizeistaat sollte schließlich den Export seiner Pharmazeutika kontrollieren können.

Die Staatsanwaltschaft hat Anklagen gegen acht chinesische Pharmahersteller und -vertriebe zusammengestellt. „Die globale Fentanyl-Lieferkette endet mit dem Tod von Millionen Amerikanern und beginnt oft mit der chemischen Industrie in China“, sagte Generalstaatsanwalt Merrick B. Garland laut einer Pressemitteilung. Die Importeure deklarierten die Lieferungen oft einfach falsch als harmlose Waren. Zwischenhändler seien oft mexikanische Kartelle. Die Zahlung erfolge in Kryptowährungen.

Die Staatsanwälte nennen einige Firmen auch beim Namen, darunter

  • Hebei Shenghao Import and Export Company
  • Lihe Pharmaceutical Technology Company
  • Henan Ruijiu Biotechnology Company
  • Xiamen Wonderful Biotechnology Company
  • Anhui Ruihan Technology Company

Bisher können die US-Behörden nur nach Ankunft der Lieferungen tätig werden. Die Hoffnung auf US-Seite lautet nun, dass die chinesische Polizei auf ihrer Seite bei den Ermittlungen hilft und der Zoll schon bei der Ausfuhr genauer hinsieht.

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