Gewerkschaft übt Kritik
Schleuser fahren drumherum: Polizei hält Faesers Grenzkontrollen für „Augenwischerei“
VonSonja Thomaserschließen
Innenministerin Nancy Faeser lässt stationäre Kontrollen an den Grenzen zu Polen und Tschechien vorbereiten. Die Polizeigewerkschaft äußert Kritik.
Berlin - Zur besseren Schleuserbekämpfung hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser stationäre Grenzkontrollen angekündigt. Die SPD-Politikerin sprach am Dienstagmorgen (26. September) im Deutschlandfunk von einem weiteren Instrument. „Wir bereiten erstmal stationäre Grenzkontrollen mit vor. Es geht um zusätzliche Kontrollen“, sagte Faeser. „Und wir müssen schauen, was das dann bringt.“
Die Ministerin ergänzte, für sie sei wichtig, „dass wir in der Fläche an der Grenze mit Personal vorhanden sind“, weil ansonsten lediglich eine Verdrängung des Problems drohe und Menschen dann an anderen Stellen über die Grenze kämen. „Wenn wir Schleuser erwischen, wird es viel bringen, weil wir im Moment das Gefühl haben, dass jeder Vierte oder Fünfte über Schleuser ins Land kommt.“
Polizeigewerkschaft lehnt Faesers stationäre Grenzkontrollen ab: „Nicht effektiv“
Die Maßnahmen seien in enger Zusammenarbeit mit den Nachbarländern am wirksamsten. Nachdem Tschechien sich bereits zu verstärkten Kontrollen zusammen mit der deutschen Bundespolizei geäußert habe, sei das auch mit Polen geplant. Deutlich machte die SPD-Politikerin aber auch, dass stationäre Kontrollen an Grenzen zu Nachbarländern allein nicht ausreichten. Dauerhafte Entlastung für die Kommunen gebe es nur durch europäische Lösungen, „nämlich Grenzkontrollen an den Außengrenzen, nicht über Binnengrenzen“.
Deutlichere Worte gab es von der Gewerkschaft der Polizei (GdP). „Wir sprechen uns als GdP gegen stationäre, feste Grenzkontrollen aus, weil wir das in der polizeilichen Arbeit nicht als effektiv ansehen“, sagte die Vizevorsitzende des GdP-Bezirks Bundespolizei, Erika Krause-Schöne, der Rheinischen Post. Dauerhafte stationäre Grenzkontrollen seien auch eine „dauerhafte Belastung“ und „sehr personalintensiv“, erklärte sie. Die Bundespolizei wolle lieber „agil auf der Grenzlinie“ agieren können. Ein Schlagbaum wie früher würde auch den Waren- und Pendlerverkehr behindern, merkte Krause-Schöne an. Zudem würden Schleuser einfach um die festen Kontrollpunkte herumfahren.
Polizeigewerkschaft will Frontex stärken und Geflüchtete „vorfiltern“
Die Gewerkschafterin bezeichnete polizeiliche Kontrollen zudem als „Augenwischerei“, die das Problem im Kern nicht lösen kann. „Wir können dadurch nicht die Zahlen der Migration begrenzen“, betonte sie. Aus ihrer Sicht könne die Migrationspolitik nur auf EU-Ebene vorangebracht werden, unter anderem durch eine Stärkung der europäischen Grenzschutzagentur Frontex und eine „Vorfilterung“ der Geflüchteten an der EU-Außengrenze.
Um dennoch effektiver im Zuge der Schleierfahndung kontrollieren zu können, fordert die GdP bereits seit Ende Juli eine Notifizierung der Grenze zu Polen und Tschechien durch die EU. Diese würde flexible Kontrollen im Zuge der Schleierfahndung auch „direkt auf dem Grenzstreifen“ ermöglichen, sagte Krause-Schöne weiter. Bislang findet die Schleierfahndung nur in einem Streifen hinter der Grenze statt.
Bis Mitte der Woche will Faeser mit ihrem polnischen Kollegen über mögliche Grenzkontrollen sprechen. Am Wochenende habe sie dies bereits mit ihrem tschechischen Kollegen getan, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Montag (25. September) in Berlin.
Aktuell gibt es seit Herbst 2015 vorübergehende stationäre Grenzkontrollen in Bayern an der Grenze zu Österreich. Sie werden vom Bundesinnenministerium bei der EU-Kommission angemeldet und jeweils verlängert. Die Kontrollen müssen in Brüssel mit einem Vorlauf von etwa einem Monat beantragt werden. (sot mit dpa/AFP)