50-Millarden-Hilfspaket
Orbán gibt Widerstand auf: EU einigt sich auf Ukraine-Milliarden – doch Scholz hoffte vergebens
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Florian Naumann
Stephanie Munk- Lisa Mahnke
Orbán hat sein Veto zurückgenommen: Beim EU-Sondergipfel wird das 50-Milliarden-Paket für die Ukraine genehmigt. Scholz reagierte erleichtert.
- Orbán gibt Widerstand auf: EU-Länder einigen sich bei Sondergipfel auf Ukraine-Hilfspaket
- EU-Sondergipfel in Brüssel: Ungarns Premier Viktor Orbán schlug Kompromiss vor
- Orban in der Kritik: Experten werfen Ungarn Veto-Politik in der Europäischen Union vor
- Alle Entscheidungen und Entwicklungen rund um den Sondergipfel der EU in unserem Newstwicker.
Update vom 1. Februar, 21.05 Uhr: Der Durchbruch beim EU-Sondergipfel stößt auch in den USA auf Erleichterung: US-Präsident Joe Biden habe die „unerschütterliche Unterstützung“ der EU für die Ukraine gelobt, sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates John Kirby nun vor Journalisten. Das „bedeutende finanzielle Hilfspaket“ werde der Ukraine im „Kampf gegen die russische Aggression sehr helfen“. Biden habe Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen angerufen, um der „historischen Entscheidung“ Applaus zu zollen.
EU-Gipfel einigt sich: Orbán bekam „kein Geschenk“ – Scholz hoffte vergeblich
Update vom 1. Februar, 20.00 Uhr: Die plötzliche Zustimmung Viktor Orbáns zum Ukraine-Hilfspaket der EU erregte teils Argwohn. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron betonte allerdings, der ungarische Rechtspopulist habe „kein Geschenk“ erhalten. Orbán selbst behauptete, es habe Pläne gegeben, 20 Milliarden Euro an wegen Rechtsstaatsverstößen eingefrorenen EU-Geldern für Ungarn an die Ukraine weiterzuleiten. Kein anderer Gipfelteilnehmer bestätigte dies.
Vor dem Gipfel hatten sich viele Länder noch frustriert und genervt über Orbans Veto-Politik geäußert. Der polnische Regierungschef Donald Tusk sagte: „Wir sind nicht Ukraine-müde, wir sind Orban-müde.“ Finnlands Regierungschef Petteri Orpo betonte: „Niemand darf 26 andere Länder erpressen.“
Für Deutschlands Regierung war der Kurz-Gipfel trotz der Einigung kein reiner Erfolg. Bundeskanzler Scholz drängte die Partner auf dem Gipfel auch zu mehr Waffenhilfe für die Ukraine. Alle müssten „mehr tun“, sagte er. Deutschland hat Kiew in diesem Jahr gut sieben Milliarden Euro zugesagt und steht damit nach Darstellung des Kanzlers europaweit einsam an der Spitze. Konkrete Zusagen anderer Länder erhielt er auf dem Gipfel nicht.
Update vom 1. Februar, 17.12 Uhr: Olaf Scholz zeigte sich nach der EU-Einigung mit Ungarn auf Ukraine-Wirtschaftshilfen erleichtert. „Das war ein sehr erfolgreicher Gipfel“, sagte Scholz danach bei einer Pressekonferenz. Der Beschluss sei eine „gute Botschaft für die Europäische Union“, eine „gute Botschaft für die Ukraine“ und auch eine gute Botschaft für ihn persönlich. Es sei der kürzeste EU-Gipfel seit Langem gewesen, sagte Scholz weiter. „Das ist auch schon eine Erfolgsmeldung.“
Schnelle Einigung im kleinen Kreis: Diese Rolle spielte Scholz beim Ukraine-Deal mit Orbán
Update vom 1. Februar, 15.28 Uhr: Es gibt Details, wie es zur überraschend schnellen Einigung mit Orbán beim EU-Sondergipfel zur Ukraine kam: Die Grundlage für den gefundenen Kompromiss wurde kurz vor offiziellem Gipfelbeginn bei einem Gespräch Orbáns mit einer kleinen Gruppe der mächtigsten Staats- und Regierungschefs geführt. Mit dabei waren Olaf Scholz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel.
Scholz gab in einem Pressestatement zum EU-Gipfel bekannt, es habe eine „klare Diskussion“ darüber gegeben, dass es „notwendig ist, dass wir einen 27er-Beschluss treffen und das hat überzeugt.“ Jetzt müsse sich jeder darauf verlassen könnte, „dass die Regeln eingehalten werden“. Auf Orbán war schon vor dem Gipfel großer Druck ausgeübt worden. So gab es eine Analyse von EU-Beamten mit dem Hinweis, dass im Fall eines Scheiterns des Gipfels wegen Orbán ein Stopp sämtlicher EU-Zahlungen an Ungarn diskutiert werden könnte.
Der ungarische Regierungschef sprach nach dem Gipfel von „Garantien“ für sein Land. Ungarn sei besorgt gewesen, dass ihm zugesprochene, aber derzeit eingefrorene EU-Gelder letztlich in die Ukraine fließen würden, sagte Orban in einem Onlinevideo. Es sei jedoch ein „Kontrollmechanismus“ ausgehandelt worden, hieß es weiter. „Wir haben die Garantie erhalten, dass Ungarns Geld nicht in der Ukraine landet.“
EU-Länder machen kleines Zugeständnis an Orbán zu Ukraine-Hilfen
Update vom 1. Februar, 12.55 Uhr: Eine Extrawurst für Orbán, der jedes Jahr neu über die Ukraine-Hilfen abstimmen wollte, gab es beim EU-Gipfel nicht – jedoch ein winziges Zugeständnis: Die anderen 26 Länder räumten nach ersten EU-Angaben die Möglichkeit ein, nach zwei Jahren erneut auf Chefebene über die Ukraine-Hilfen zu diskutieren. Mögliche Änderungen an dem Hilfspaket müssten aber einstimmig beschlossen werden. Es reicht also nicht, wenn allein Ungarn findet, eine neue Einigung sei nötig.
Als Gegenleistung für Orbáns Zustimmung willigten die anderen EU-Staaten zudem ein, einmal im Jahr auf Spitzenebene über die Umsetzung des Hilfsprogramms für die Ukraine zu sprechen
Orbán stimmt EU-Hilfspaket zu – Erste Reaktionen aus der Ukraine
Update vom 1. Februar, 12.30 Uhr: Auf die Einigung beim EU-Sondergipfel auf ein neues Ukraine-Hilfspaket gibt es erste Reaktionen aus der Ukraine: Der ukrainische Staatschef Selenskyj hat erklärt, die Entscheidung zeige die „starke Einigkeit der EU“. Die Zusage werde die wirtschaftliche und finanzielle Stabilität seines Landes stärken.
Auch der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal dankte der EU für die neuen Finanzhilfen in Höhe von 50 Milliarden Euro. „Die EU-Mitgliedstaaten haben ein weiteres Mal ihre Solidarität und Einigkeit mit dem ukrainischen Volk im Widerstand gegen den Krieg unter Beweis gestellt“, schrieb er auf X (ehemals Twitter). Die 50 Milliarden Euro bis Ende 2027 seien ein „gewichtiger Beitrag zu unserem gemeinsamen Sieg“.
Update vom 1. Februar, 11.57 Uhr: Ob die EU Orbán für seine Zustimmung zum Ukraine-Paket Zugeständnisse gemacht hat, ist bisher unklar. Nach Angaben mehrerer Diplomaten war dies nicht der Fall, teilt die Nachrichtenagentur dpa mit. Von ungarischer Seite gab es zunächst keine Angaben zu dem Thema.
Orbán gibt Widerstand auf – EU-Länder einigen sich bei Sondergipfel auf Ukraine-Hilfspaket
Update vom 1. Februar, 11.38 Uhr: Viktor Orbán hat seine Blockade der EU-Pläne für neue Ukraine-Hilfen aufgegeben. Alle 27 Staats- und Regierungschefs hätten dem geplanten Unterstützungspaket im Umfang von 50 Milliarden Euro zugestimmt, teilte EU-Ratspräsident Charles Michel beim EU-Sondergipfel in Brüssel mit. Der Durchbruch kam nach einem Treffen in kleiner Runde mit Orbán, an dem auch Bundeskanzler Scholz teilnahm.
EU-Sondergipfel für die Ukraine: „Orbán eine Bedrohung für unsere Sicherheit“
Update vom 1. Februar, 11.02 Uhr: Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk wirft Viktor Orbán vor, mit seiner Blockade der Ukraine-Hilfen bedrohe er die Sicherheit der EU. Die ukrainische Frage sei eine existenzielle Frage, sagte Tusk am Rande des Sondergipfels. „Und heute ist diese Position von Viktor Orbán eine Bedrohung für unsere Sicherheit.“
Es gebe in Brüssel kein Problem mit Ukraine-Müdigkeit, sondern mit Orbán-Müdigkeit. Er könne dieses sehr merkwürdige und sehr egoistische Spiel von Orban nicht akzeptieren, so Tusk weiter
Tusk zeigte sich offen hinsichtlich möglicher Konsequenzen für Ungarn – zum Beispiel ein Entzug des Stimmrechts. „Ich denke, wir müssen optimistischer sein, wenn es um unsere Macht und unsere Argumente geht.“ Es liege an Orbán, „zu entscheiden, ob Ungarn ein Teil unserer Gemeinschaft ist oder nicht.“
Barley sieht Geduld der EU mit Orbán am Ende – „So funktioniert das nicht“
Update vom 1. Februar, 10.33 Uhr: EU-Abgeordnete Katarina Barley (SPD) hat das Verhalten von Ungarns Premierminister Viktor Orbán scharf kritisiert: „Das ist eine Situation, die es noch nie gegeben hat in der Europäischen Union, dass sich eine Regierung so isoliert, wie er das jetzt tut“, sagte sie in der Sendung „Frühstart“ des Nachrichtensenders RTL/Ntv.
Orbán versuche seit vielen Jahren, die EU zu erpressen, an einigen Stellen sei ihm das sogar gelungen. Das müsse jetzt enden. Es sei wichtig, dass Orbán in Sachen Ukraine-Hilfe einlenke, ohne dass ihm wieder neue Sonderwünsche gestattet werden.
Zum Kompromiss-Vorschlag aus Ungarn, die Ukraine-Gelder statt für vier Jahre nur für ein Jahr zu bewilligen, sagte Barley, „das ist ein typischer Orbán“. Der ungarische Ministerpräsident wolle damit erreichen, dass er jedes Jahr wieder Bedingungen an die EU für seine Zustimmung stellen könne. „So funktioniert das eben nicht.“ Die Geduld sei bei allen am Ende.
Keine Extrawürste für Orbán: Scholz legt Fahrplan für EU-Gipfel zur Ukraine vor
Update vom 1. Februar, 10.05 Uhr: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat zum Auftakt des EU-Gipfels eine deutliche Ansage gemacht: Eine Ausnahme für den ungarischen Regierungschef Viktor Orban sei ausgeschlossen.
Bei der Abstimmung über die von Ungarn blockierten Wirtschaftshilfen für die Ukraine „sollten wir nicht versuchen, irgendwelche Konstruktionen zu basteln“, sagte Scholz in Brüssel. Es gehe darum, „eine Entscheidung zu 27 zustande zu bringen“, sagte er. „Meine Gespräche mit vielen haben ergeben, dass genau dieser Wille auch existiert“, fügte er hinzu.
Die anderen 26 Länder hoffen noch immer auf ein Einlenken Orbans, der Kontakt zu dem russischen Präsidenten Wladimir Putin unterhält.
Update vom 1. Februar, 9.48 Uhr: Die Landwirte machen auch beim Sondergipfel der EU mobil, um für ihre Anliegen zu demonstrieren: Bauern blockieren mit ihren Traktoren mehrere Straßen in Brüssel, rund tausend Traktoren und andere landwirtschaftliche Maschinen sollen in der belgischen Hauptstadt unterwegs sein. Die teilte die Polizei mit. Die meisten protestierenden Landwirte kämen aus Belgien. Auch in Deutschland protestieren Bauern seit einigen Wochen gegen die Agrarpolitik der Ampel-Koalition und gegen EU-Auflagen.
EU-Sondergipfel: Ungarns Premier Orban schlägt Kompromiss bei Ukraine-Hilfen vor
Brüssel – Am heutigen Donnerstag (1. Februar) startet bei einem EU-Sondergipfel der letzte Versuch, eine Einigung bezüglich weiterer Hilfslieferungen an die Ukraine zu erzielen. Für das Paket mit finanziellen Unterstützungszusagen in Höhe von 50 Milliarden Euro für die Zeit bis Ende 2027 fehlt nur noch die Unterstützung des ungarischen Regierungschefs Viktor Orban.
Eigentlich wollte man die Hilfsleistungen bereits im Dezember 2023 bei einem regulären EU-Gipfel entscheiden, doch Orban legte sein Veto ein und verhinderte so die nötige einstimmige Entscheidung. Vor dem EU-Sondergipfel sagte Orban in einem Interview mit dem französischen Le Point: „Es hat sich nichts geändert.“ Noch immer sei Ungarn der Ansicht, es gebe keine militärische Lösung für den Konflikt, und das europäische Hilfspaket würde zu der Ansicht nicht passen. „Wir glauben, dass die einzige Lösung diplomatisch ist. Sie impliziert Verhandlungen für Waffenstillstand und Frieden.“, so der ungarische Premierminister.
Orbans Kompromiss trifft auf Kritik: EU droht vor Sondergipfel mit Konsequenzen
Stattdessen schlug Orban am Samstag einen Kompromiss vor: Wenn man jedes Jahr neu darüber einstimmig entscheide, ob man weiter Geld schicken wolle oder nicht, würde der Premierminister kein Veto einlegen. So könnte sich der ungarische Premierminister die Option freihalten, im nächsten Jahr erneut gegen weitere Hilfen zu stimmen.
Andere Mitgliedsstaaten wie Deutschland lehnen das jedoch ab, unter anderem, weil sie der Ukraine eine langfristige Unterstützung zusichern wollen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kritisierte erst vor kurzem, dass einige EU-Mitgliedsstaaten weniger Geld für militärische Hilfslieferungen im Ukraine-Krieg eingeplant hatte. Es gefährde das Durchhaltevermögen Kiews im Ukraine-Krieg, so Scholz.
EU-Diplomaten warfen Orban vor, zu versuchen, mit seiner Veto-Politik eingefrorene EU-Gelder für Ungarn freizupressen. Gleichzeitig berichtete die Financial Times von Plänen der EU, bei einem weiteren Veto Sanktionen gegen Ungarn zu verhängen.
Es wäre nicht der einzige Schritt in dieser Richtung. Laut der Deutschen Presse-Agentur wollen die anderen 26 EU-Staaten in diesem Fall ohne Ungarn verhandeln. Demnach sei auch eine Debatte über den Entzug von Ungarns Stimmrecht bei EU-Entscheidungen wahrscheinlich. Das dafür notwendige Artikel-7-Verfahren zu mutmaßlichen Rechtsstaatsdefiziten läuft bereits seit Jahren, allerdings ohne viel Nachdruck.
EU-Munitionsplan scheitert schon vor dem Sondergipfel zu den Ukraine-Hilfen
Kurz vor dem EU-Sondergipfel gab der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell bei einem Treffen der Verteidigungsminister in Brüssel bekannt, die EU scheitere an ihrem Munitionsplan für die Ukraine. Borrell sagte, dass Kiew in diesem Jahr mit mindestens 21 Milliarden Euro an bilateralen Waffenhilfen aus Europa rechnen kann. Man erreiche das Ziel, eine Million Artilleriegeschosse zu liefern, zwar nicht bis Ende März. Der Außenbeauftragte zeigte sich jedoch zuversichtlich, dass man bis Ende 2024 soweit sein könne.
Alle 27 Mitgliedsstaaten der EU in der Übersicht
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Luxemburg - Malta
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- Slowenien
- Spanien
- Tschechische Republik
- Ungarn
- Zypern
Die 21 Milliarden Euro wären ein deutlicher Zuwachs im Gegensatz zu den durchschnittlich 14 Milliarden Ausgaben pro Jahr zuvor, so Borrell auf eine Anfrage der Bundesregierung. Allein Deutschland hatte Kiew für dieses Jahr etwa sieben Milliarden Euro zugesagt. Das EU-Hilfspaket soll der Ukraine weitere Unterstützung zusichern, die bei einer Einigung jedoch durch den EU-Haushalt statt von den Mitgliedsstaaten finanziert würde. Für den Sondergipfel kündigte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenkyj eine Videoansprache an. (dpa/lismah)
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