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„Beispiellose Eskalation“: Russland will AKW Saporischschja reaktivieren – Greenpeace kritisiert Atombehörde
VonLisa Mahnke
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Eine Reaktivierung des Atomkraftwerks in Saporischschja ist in der Diskussion. Greenpeace warnt vor schlimmen Konsequenzen – und kritisiert die IAEA.
Sotschi – Rafael Grossi, der Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), hat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin ein Gespräch zur nuklearen Sicherheit bei dem russisch besetzten Atomkraftwerk in Saporischschja begonnen. Doch bei Greenpeace stößt das auf Kritik. Die Umweltschützer geißeln dieses Vorgehen als eine „beispiellose Eskalation“ in der Ukraine. Denn die Infrastruktur würde für einen sicheren Betrieb nicht reichen, hieß es in einer Erklärung.
Das AKW in Saporischschja ist von Russland bereits im März 2022 eingenommen worden und steht seitdem dicht an der Frontlinie im Ukraine-Krieg. Die Idee, das Kraftwerk an das russische Energienetz anzuschließen, wurde zunächst nicht weiter verfolgt. Fünf der Nuklearreaktoren sind im Zustand der Kaltabschaltung, ein weiterer in einer Heißabschaltung. Trotz allem ist die Situation fragil, denn nur zwei der zehn Stromleitungen für das Kühlsystem sind aktiv – und auch diese Stromleitungen sind in den letzten Monaten immer wieder ausgefallen. Die nukleare Sicherheit steht deshalb auf wackeligen Füßen.
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„Muss deutlich machen, dass ein sicherer Betrieb unmöglich ist“ – Greenpeace erwartete mehr Rückgrat
Aber nach etwa zwei Jahren gibt es aktuell wieder Gespräche, mit denen eine mögliche Reaktivierung ausgelotet wird. Neben IAEA-Direktor Grossi erklärte auch Jurij Schernischuk, der von Russland ernannte Direktor, bereits im Dezember letzten Jahres dem Guardian: „Die Station ist entschlossen, mit voller Kapazität zu arbeiten.“
Grossi hatte vor dem Treffen laut der dpa angekündigt, er wolle über Sicherheitsbedenken für eine mögliche Reaktivierung ansprechen, so zum Beispiel die prekäre Situation an der Frontlinie und die mangelhafte Stromversorgung. Er warnte auch schon zuvor vor möglichen Risiken. Wladimir Putin gab bei dem Gespräch mit Grossi laut Guardian keine konkreten Pläne bekannt, erklärte jedoch, es sei wichtig, die „Sicherheit der Kernenergie und Einhaltung von Sicherheitsstandards weltweit“ zu sichern.
Dem Greenpeace-Atomexperten Shaun Burnie waren die bloßen Aufklärungsanstrengungen zu wenig. „Rosatom und die russische Regierung müssen von der IAEA klar und deutlich erfahren, dass keine Schritte für einen Neustart unternommen werden dürfen“, erklärte Burnie in einer Greenpeace-Mitteilung vor dem Treffen zwischen Putin und Grossi. „Die IAEO darf nicht die Rolle eines vorgetäuschten Regulators bei der Überwachung einer russischen nuklearen Zeitbombe spielen, sondern muss deutlich machen, dass ein sicherer Betrieb unmöglich ist“, so der Atom-Experte laut The Guardian.
„Das muss sich ändern“: IAEA verstößt laut Greenpeace gegen eigene Grundsätze
Greenpeace hat seit der Besetzung des Atomkraftwerks in Saporischschja immer wieder vor dem Zustand des Kraftwerks gewarnt, aber kritisierte auch den Umgang der IAEA-Vertretung mit der Situation. „Die Bilder zeigen, dass die russischen Besatzer die Grundsätze der IAEA verletzen“, erklärte der Burnie im September letzten Jahres.
Die von Grossi selbst vor dem UN-Sicherheitsrat vorgestellten fünf Prinzipien beinhalten unter anderem ein Verbot von Angriffen ausgehend von oder ausgerichtet auf eine Atomkraftanlage und das Verbot von der Nutzung als militärischer Stützpunkt. Auch die externe Stromversorgung dürfe nicht gefährdet werden.
Gegen all diese Prinzipien wurde in der Vergangenheit verstoßen. „Aber der Bericht des Generaldirektors der IAEA aus Saporischschja ist in dieser Hinsicht unvollständig und irreführend. Offenbar ist die IAEA derzeit nicht in der Lage, vollständig über diese Sicherheitsrisiken zu berichten. Das muss sich ändern“, so Burnie weiter.
Greenpeace klar gegen Atomkraft-Reaktivierung in der Ukraine
Die Meinung von Burnie ist klar: „Alle bestehenden Pläne, einen oder mehrere Reaktoren in Saporischschja zu betreiben, müssen aufgegeben werden“, so der Greenpeace-Sprecher. Der einzige Weg, die Reaktoren ausreichend zu kühlen und eine Nuklearschmelze zu vermeiden, sind laut der Greenpeace-Erklärung umfangreiche Bauarbeiten, durch die ein Zugang zu den verbleibenden Dnipro-Flusskanälen geschaffen werden könnte.
„Wie die Zerstörung des Staudamms von Nowa Kachowka durch russische Streitkräfte gezeigt hat, ist alles möglich, auch die vorsätzliche Zerstörung des Kernkraftwerks Saporischschja durch Russland“, erklärte der Nuklear- und Strahlungsexperte Jan Vande Putte von Greenpreace Belgien. Der Kachowka-Staudamm wurde im Juni 2023 im Rahmen einer Explosion im Ukraine-Krieg zerstört. Beide Seiten gaben einander die Schuld. (lismah)