Merz auf dem Weg ins Kanzleramt?

Eklat um „Brandmauer“-Plakat auf CDU-Parteitag bei Merz-Rede – Partei zeigt Geschlossenheit

  • Moritz Maier
    VonMoritz Maier
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Der CDU-Parteitag steht unter dem Eindruck der Abstimmung zur Migrationspolitik und der AfD. Inhaltlich sind die meisten bei Merz. Trotzdem brodelt es – und es gibt einen Mini-Eklat.

Berlin – Schon bevor die 1001 Delegierten in die Nähe der Veranstaltungshalle im Berliner Westen kamen, dürfte ihnen direkt klar geworden sein, unter welchem Stern der CDU-Parteitag an diesem Tag stand: Das Bundestagschaos in der Vorwoche und die Empörung der politischen Konkurrenz, dass Kanzlerkandidat Friedrich Merz und seine Union ein Gesetz notfalls mit AfD-Stimmen durchboxen wollten. Hunderte Demonstranten protestierten unter anderem „für progressive statt rechtskonservative Politik“ und sorgten vor dem CityCube für hohe Sicherheitsvorkehrungen der Polizei, etliche Gäste und Delegierte kamen nicht rechtzeitig durch die mehrfachen Kontrollen.

Parteitag vor Bundestagswahl: Einige CDU-Mitglieder beklagen strategische Fehler

Drinnen war von der politisch angespannten Stimmung dann wenig übrig. Beim 37. Parteitag der CDU hakten sich viele Parteisoldaten ein und gaben nach außen ein geschlossenes Bild ab. Und tatsächlich: Im Gespräch mit Christdemokraten stehen inhaltlich praktisch alle hinter Merz und seinem Vorstoß, die Migrationspolitik zu verschärfen. Auch Generalsekretär Carsten Linnemann erntete lauten Beifall für seine Forderung nach mehr Härte gegenüber Straftätern.

CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz wurde zuletzt viel kritisiert. Auf dem Parteitag in Berlin stellte sich die Partei demonstrativ hinter ihn.

Doch um die eigentlichen Forderungen der Union ging es zuletzt kaum noch. Durch Merz Inkaufnahme einer Mehrheit mit Stimmen der AfD drehte sich die öffentliche Debatte schnell weg von härteren Maßnahmen in der Asylpolitik, hin zur Frage, ob Merz seine Beteuerungen, nicht mit der AfD zusammenarbeiten zu wollen, wirklich ernst meint. Dass diese Diskursverschiebung wohl vor allem der AfD hilft, wissen viele Christdemokraten.

Öffentliche Kritik formuliert so kurz vor der Bundestagswahl natürlich niemand aus der Union. Hinter vorgehaltener Hand beklagen aber einige Delegierte und Mitglieder strategische Fehler von Merz. „Ohne Not“ habe der CDU-Chef die Brandmauer-Debatte losgelöst. Viele wünschen sich, Merz hätte es bei seiner Ankündigung, im Falle seiner Wahl die Politik zu ändern, belassen. Merz aber setzte einen drauf. Manches Parteimitglied bemängelt einen gefühlten Alleingang ihres Vorsitzenden. Unter dem Deckel brodelt es bei einigen, sie hätten sich ein Umdenken vor der umstrittenen Abstimmung gewünscht – oder wollen, dass es sich bei diesem Vorgang um etwas Einmaliges handelt.

Auf Parteitag vor Bundestagswahl: CSU-Chef Söder poltert

Aus den Reihen von SPD und Grünen wurde Merz im Zuge der Debatte die Kanzlerfähigkeit abgesprochen. Dem widersprechen die CDU-Mitglieder in Berlin aber entschlossen. Womöglich hätten sie vor Merz‘ Entscheidung, nicht mehr nach links oder rechts zu blicken, aber noch entschlossener widersprochen. Die Oberen stellten sich auf dem Parteitag geschlossen hinter Merz. Hessens Ministerpräsident Boris Rhein dankte Merz, „dass er standhaft bleibt und Haltung zeigt.“ Auch CSU-Querschießer Markus Söder beschwor, dass nur die Union die AfD aufhalten könne. Seitenhiebe – wie sie 2021 gegen Laschet an der Tagesordnung waren – hielt Söder für seine Verhältnisse auf einem Minimum. Gepoltert hat er besonders gegen die Grünen und erntete dafür lauten Applaus.

Demonstrative Einigkeit: CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz und CSU-Chef Markus Söder.

Nach Bundestagswahl: Union will „schnell“ ans Werk

Was die Union nach dem 23. Februar als Erstes ändern will, hat sie am Parteitag mit dem Beschluss ihres Sofortprogramms festgelegt. Es geht um die Kernthemen Wirtschaft und Sicherheit. Strompreise und Bürokratie sollen runter, Cannabis-Entkriminalisierung und Heizungsgesetz der Ampel rückabgewickelt werden. Außerdem steht die Union weiterhin zu ihrem Fünf-Punkte-Plan und das Beenden des Familiennachzugs in Asylfragen.

„Eine unionsgeführte Regierung wird sich ohne jeglichen Zeitverzug an die Arbeit machen“, kündigte Merz an. Was im politischen Kontext unter „Sofort“ zu verstehen ist, erklärte Generalsekretär Linnemann: Er hoffe, die Schritte bis zum Sommer 2025 „im Kabinett angehen zu können“, um damit Vertrauen bei den Menschen zurückzugewinnen.

Merz gab sich derweil sicher: „Wir werden diese Bundestagswahl mit einem sehr guten Ergebnis gewinnen“, sagte er auf der Abschlussrede des Parteitags. Und auch hier geben ihm seine Parteifreunde recht. Denn, obwohl sich SPD und Grüne weiterhin empört zeigen und Merz medial genau beäugt wird, sind die meisten Bürgerinnen und Bürger grundsätzlich zufrieden mit Merz Vorstellungen, so die Überzeugung der CDU.

Einige Gäste protestierten auf dem CDU-Parteitag, ehe Sicherheitspersonal sie aus dem Raum führte.

Eklat um „Brandmauer“-Plakat auf CDU-Parteitag bei Merz-Rede – Partei zeigt Geschlossenheit

Ein zumindest kleines Aufbäumen gegen Merz gab es gegen Ende des Parteitags dann doch. Merz sprach, schloss eine Zusammenarbeit mit der AfD entschieden aus und sagte, dass die AfD gegen alles stehe, „was unsere Partei und unser Land in den letzten Jahrzehnten aufgebaut hat“. Zeitgleich hoben eine Handvoll anwesende Gäste Blätter mit Lettern hoch, die gemeinsam das Wort „Brandmauer“ ergaben. Nicht alle glauben Merz also. Die Sicherheitskräfte hinderten die Unzufriedenen schnell an ihrem stillen Protest.

Rubriklistenbild: © IMAGO/Stefan Zeitz / Stefan Zeitz Photograpy