Neues Staatsangehörigkeitsgesetz
Schneller zum deutschen Pass: Bundestag beschließt Reform der Einbürgerung – was bald gilt
VonJens Kiffmeierschließen
Es ist beschlossen: Ausländer können schneller an die deutsche Staatsangehörigkeit kommen. Doch die Reform der Einbürgerung stößt weiter auf Kritik. Was gilt?
Berlin – Notwendiger Anreiz für die Zuwanderung von Fachkräften oder eine Entwertung der deutschen Staatsangehörigkeit? An der Reform der Einbürgerung scheiden sich weiterhin die Geister. Doch ungeachtet einer massiven Kritik der Opposition hat die Bundesregierung am Freitag (19. Januar) ihr neues Staatsangehörigkeitsgesetz durch den Bundestag gebracht. Mit den Stimmen der Ampel-Koalition passierte das Vorhaben das Parlament. Dadurch sollen nach Inkrafttreten fast fünf Millionen ausländische Bürgerinnen und Bürger schneller an den deutschen Pass kommen.
Reform der Einbürgerung: Bundestag beschließt neues Staatsbürgerschaftsrecht – Faeser froh
Bereits vor der Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) die neuen Regeln für die Einbürgerung erneut verteidigt. „Wir müssen im internationalen Vergleich beim Werben um Fachkräfte mithalten können“, sagte sie am Freitag (19. Januar) in Berlin laut der Nachrichtenagentur dpa. Auch Deutschland müsse Fachkräften aus dem Ausland ein Angebot machen.
Es brauche eine Wertschätzung für die Menschen, „die hier ins Land kommen und mit dazu beitragen, dass die Gesellschaft funktioniert“, betonte Faeser. Der Erwerb der Staatsangehörigkeit stehe erst am Ende eines Integrationsprozesses. Die Sozialdemokratin sprach von einer „richtig guten Perspektive“ für „Menschen, die sich besonders einbringen – die die Sprache schnell lernen, die unsere Werte aus unserem Grundgesetz übernehmen“.
Von Doppel-Pass bis Deutsch-Test – das gilt jetzt beim Antrag der Staatsbürgerschaft in Deutschland
Die Reform soll Einbürgerungen vereinfachen und doppelte Staatsbürgerschaften grundsätzlich ermöglichen. Ausländer sollen sich künftig schon schneller in Deutschland um einen deutschen Pass bewerben dürfen. Doch was gilt nun fortan genau. Die folgende Liste liefert einen genauen Überblick.
- Einbürgerungsfrist: Menschen aus dem Ausland, die schon lange legal in Deutschland leben, sollen sich künftig bereits nach fünf Jahren um den deutschen Pass bewerben können. Bislang beträgt die Frist im Regelfall acht Jahre. Bei „besonderen Integrationsleistungen“ soll eine Einbürgerung künftig sogar schon nach drei Jahren möglich sein. Dies können etwa gute Sprachkenntnisse, ehrenamtliches Engagement oder sehr gute Leistungen in Schule oder Beruf sein.
- Doppel-Pass: Bislang galt – bis auf wenige Ausnahmen - das Prinzip: Wer die deutsche Staatsbürgerschaft annimmt, muss die alte Staatsbürgerschaft ablegen. Künftig soll Mehrstaatigkeit grundsätzlich möglich sein. Der Entwurf verweist darauf, dass viele Zugewanderte bislang vor dem Verzicht auf die alte Staatsbürgerschaft zurückscheuen - auch wegen emotionaler Verbundenheit zu ihrem Herkunftsland beziehungsweise dem ihrer Eltern.
- Kinder: Alle in Deutschland geborenen Kinder ausländischer Eltern sollen künftig ohne weiteren Vorbehalt die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten, wenn mindestens ein Elternteil seit mehr als fünf Jahren rechtmäßig in Deutschland lebt. Bislang lag die Frist bei acht Jahren. Prinzipiell können in Deutschland geborene Kinder die deutsche Staatsangehörigkeit und die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern erhalten und dauerhaft behalten.
- Sprachkenntnisse: Besondere Erleichterungen sollen für Angehörige der sogenannten Gastarbeitergeneration gelten, die oft schon Jahrzehnte in Deutschland leben. Diese älteren Migrantinnen und Migranten sollen künftig keinen schriftlichen Deutsch-Test mehr machen müssen, um eingebürgert zu werden. Auch sollen sie keinen schriftlichen Einbürgerungstest mehr absolvieren müssen. Mit diesen Erleichterungen soll die „Lebensleistung“ dieser älteren Generation gewürdigt werden.
Einbürgerung beantragen: Treue zum Grundgesetz bleibt Voraussetzung – Rücknahme sonst möglich
Mit dem neuen Gesetz zur Einbürgerung wird also grundsätzlich eine Mehrstaatigkeit und damit die lange umstrittene doppelte Staatsbürgerschaft ermöglicht. Es gibt laut dem neuen Staatsbürgerschaftsgesetz aber weiterhin einige Hürden. Voraussetzung für den Erhalt der Staatsbürgerschaft bleiben Nachweise für Integration und – bis auf die Gastarbeiter-Ausnahme – die Deutschkenntnisse. Zudem muss der eigene Lebensunterhalt und der von unterhaltsberechtigten Familienangehörigen selbst bestritten werden können.
Personen, die durch Rassismus, Antisemitismus oder Fremdenfeindlichkeit aktenkundig sind, werden nicht eingebürgert. Theoretisch kann die Staatsbürgerschaft auch wieder entzogen werden. Nach Paragraf 35 des Staatsangehörigkeitsgesetzes war dies bislang schon binnen zehn Jahren möglich, etwa bei arglistiger Täuschung oder unrichtigen Angaben. In dem Reformentwurf wird nun klargestellt, dass auch unrichtige Erklärungen zum Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung zur Rücknahme führen können.
„Staatsangehörigkeitsentwertungsgesetz“: Union wettert und verweist auf andere EU-Länder
Das Bundesinnenministerium beziffert die Zahl der Menschen, die mit ausländischer Staatsbürgerschaft in Deutschland leben, auf rund zwölf Millionen. Von diesen halten sich demnach rund 5,3 Millionen seit mindestens zehn Jahren in Deutschland auf. Das Gesetz soll drei Monate nach Verkündigung in Kraft treten – damit voraussichtlich im April.
Der deutsche Pass ist keine Ramschware! Eine Einbürgerung darf erst am Ende eines erfolgreichen Integrationsprozesses stehen – und nicht am Anfang. Die Express-Einbürgerung der Ampel nach nur 3 Jahren Aufenthalt lehnen wir ab und werden sie, sobald möglich, wieder rückgängig… pic.twitter.com/etehs2ZoVi
— CSU im Bundestag (@csu_bt) January 19, 2024
Bei der Opposition stößt das Gesetz zur Einbürgerung aber weiterhin auf Kritik. „Es ist in der Tat ein Staatsangehörigkeitsentwertungsgesetz“, wetterte der innenpolitische Sprecher der Union, Alexander Throm, im Deutschlandfunk. Denn die Reform der Ampel-Koalition gehe in die völlig falsche Richtung. Denn während Deutschland seine Anforderungen reduziere, gingen andere Staaten, etwa Frankreich, den umgekehrten Weg und verschärften ihre Einbürgerungsregeln. „Wir können nicht mehr garantieren, dass wir zukünftig Menschen einbürgern, die tatsächlich noch nicht nachhaltig integriert sind.“
Und auch in der CSU zeigte man sich weiterhin empört. „Der deutsche Pass ist keine Ramschware!“, twitterte die Fraktion kurz vor der Entscheidung im Bundestag. Eine Einbürgerung dürfe erst am Ende eines erfolgreichen Integrationsprozesses stehen – und nicht am Anfang. (jkf/mit Material der dpa und AFP)
Rubriklistenbild: © Marco Rauch/Matthias Balk/Montage
