Verdacht auf Sabotage
Sabotage-Angriffe in der Ostsee: Schweden verdächtigt Frachter aus China
- VonBettina Menzelschließen
Innerhalb von 48 Stunden gab es zwei mutmaßliche Sabotageakte an kritischer Infrastruktur Europas. Schwedische Ermittler geben erste Erkenntnisse bekannt.
Stockholm – Betroffen waren zwei wichtige Telekommunikations-Kabel in der Ostsee: die „Cinia C-Lion1“-Verbindung zwischen Deutschland und Finnland sowie ein Unterwasser-Kabel zwischen Schweden und Litauen. Der Verdacht auf Sabotage steht im Raum. Schwedische Ermittler haben die Bewegungen eines Frachters im Blick, der unter Chinas Flagge fährt.
Verdacht auf Kabel-Sabotage: Schweden nimmt chinesisches Schiff unter die Lupe
„Niemand glaubt, dass diese Kabel aus Versehen durchtrennt worden sind“, sagte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) am Rande des EU-Verteidigungsministertreffens in Brüssel über den Vorfall. Solche Schäden würden in diesen Gewässern „nicht ohne äußere Einwirkung“ geschehen, hieß es auch von einem Sprecher des finnischen Technologiekonzerns Cinia. Sowohl Finnland als auch Schweden leiteten Ermittlungen wegen mutmaßlicher Sabotage ein. Im Fokus der schwedischen Untersuchungen steht offenbar der Frachter „Yi Peng 3“.
Schwedische Streitkräfte und die Küstenwache hätten „dank ihrer Kenntnis der Seesituation Schiffsbewegungen festgestellt, die zeitlich und räumlich den aufgetretenen Unterbrechungen entsprachen“, sagte der schwedische Zivilschutzministers Carl-Oskar Bohlin dem Sender TV4. Wie Daten von Schiffs-Trackern zeigen, war das Schiff auf dem Weg vom russischen Hafen Ust-Luga nach Port Said in Ägypten. Dabei sei es am Sonntag sowie Montag in der Nähe der jeweils gekappten Kabel vorbeigekommen, hieß es in einem Bericht der Financial Times am Mittwoch.
Im Anschluss habe die dänische Marine den chinesischen Frachter verfolgt, hieß es aus Expertenkreisen. „Die Schweden nehmen das chinesische Schiff genau unter die Lupe“, so eine Quelle zur Financial Times. Die schwedische Staatsanwaltschaft sowie die Polizei teilten am Dienstag mit, „wegen zweier Kabelbrüche in der Ostsee“ ein „Ermittlungsverfahren wegen Sabotageverdachts“ eingeleitet zu haben. Auch Finnland hat offizielle Ermittlungen eingeleitet. Finnische und schwedische Medien berichteten, die „Yi Peng 3“ habe am frühen Dienstagmorgen die Ostsee verlassen und befände sich auf dem Radar „mehrerer Länder“.
Sabotageakt weckt Besorgnis: Angriffe auf kritische Infastruktur Europas
Das deutsche und finnische Außenministerium zeigten sich in einer gemeinsamen Erklärung angesichts des Vorfalls „zutiefst besorgt“. Es war nicht der erste Sabotageakt an kritischer Infrastruktur Europas seit Beginn des Ukraine-Kriegs. Rund sieben Monate nach dem russischen Einmarsch gab es Explosionen an den Nord-Stream-Pipelines. Im Herbst 2023 wurde ein Datenkabel zwischen Finnland und Estland zerstört sowie die Erdgas-Pipeline Balticconnector gekappt. Laut finnischen Ermittlern hatte der Anker eines chinesischen Containerschiffs namens „Newnew Polar Bear“ die Verbindung beschädigt – ob absichtlich oder nicht, ist unklar.
Es müsse davon ausgegangen werden, „ohne konkret zu wissen, von wem es kommt, dass es sich um eine hybride Aktion handelt“, hatte Pistorius die jüngsten Schäden an Unterwasser-Kabeln in der Ostsee kommentiert. Unter hybrider Kriegsführung sind Maßnahmen zu verstehen, die unter der Schwelle der militärischen Kriegsführung bleiben. Dazu zählen laut Bundesverteidigungsministerium etwa Cyberangriffe, wirtschaftlicher Druck oder Propaganda und Desinformation in Medien und sozialen Netzwerken. Angesichts der Spannungen mit Russland hatte die Nato zuletzt ihre Präsenz im Ostseeraum ausgebaut.