Schuldig in allen Anklagepunkten

Was bedeutet Donald Trumps Verurteilung für die US-Wahl?

  • VonKilian Beck
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Trump könnte mit Bewährungsauflagen in die Wahl gegen Biden gehen. Die Basis der „MAGA“-Bewegung dürfte weiter hinter dem Ex-Präsidenten stehen. Ein Teil ruft bereits zu Gewalt auf.

New York – Ein historischer Schuldspruch gegen Donald Trump: Am Donnerstag (30. Mai) sprach die Jury im „Schweigegeld-Verfahren“ den Ex-US-Präsidenten in allen 34 Anklagepunkten schuldig. Damit sehen es die Geschworenen als erwiesen an, dass Trump unter anderem Schweigegeld an eine ehemalige Pornodarstellerin gezahlt hat, um die US-Wahl 2016 zu manipulieren.

Seinen Wahlkampf zur Präsidentschaftswahl im November darf Trump trotzdem weiterführen, selbst aus dem Gefängnis dürfte er gegen den Amtsinhaber Joe Biden kandidieren. Trumps Anwalt kündigte bereits an, in Berufung zu gehen, das Verfahren dürfte also noch Monate anhängig bleiben. Was bedeutet der Schuldspruch also für die Präsidentschaftswahl in den USA?

Bizarrer Wahlkampf, „MAGA“-Basis droht mit Gewalt – was das Trump-Urteil aus New York bedeutet

Der konkrete Wahlkampf könnte um einiges bizarrer werden, mutmaßte die Deutsche Presse-Agentur (dpa) nach dem Urteil. An seiner gefestigten Wählerbasis in der teils rechtsradikalen „Make America Great Again“ (MAGA)-Bewegung, dürfte sich für Trump wenig ändern, so die Umfragen. In anderen Wählergruppen könnte es größere Verschiebungen geben. Gleichzeitig steigt die Gefahr eines Gewaltausbruches aus der MAGA-Basis, wie ein Blick in soziale Netzwerke zeigt. Trump würde in den drei anderen Strafverfahren als Vorbestrafter auf der Anklagebank Platz nehmen.

Donald Trump wurde vor Gericht in allen Punkten schuldig gesprochen.

Inhaftierung Trumps nach Urteil unwahrscheinlich – „Bizarrer“ Wahlkampf gegen Biden möglich

Eine Inhaftierung sei, so die dpa, unwahrscheinlich. Nicht zuletzt, weil Trump noch nicht vorbestraft sei. Alternativ könnte Richter Juan Merchan eine Bewährungs- oder Geldstrafe sowie Hausarrest oder gemeinnützige Arbeit verhängen. Das Strafmaß will Merchan am 11. Juli, kurz vor dem Nominierungsparteitag der Republikaner, verkünden. Kürt dieser Trump, wie erwartet, zum Präsidentschaftskandidaten, so könne das zu einer Gemengelage führen, die Nachrichtenagentur nur als „bizarr“ zu beschreiben vermag: Ein Kandidat für das höchste Amt im Staat müsste vielleicht Bewährungsauflagen einhalten, während er einen Wahlkampf führt.

Trumps „MAGA“-Basis hat bereits ganz Urteile ignoriert – Unterstützung bei Jungen bröckelt

Die Basis, der Trump tragenden „MAGA“-Bewegung, hat schon ganz andere Urteile gegen Donald Trump ignoriert. So wurde Trump im Januar zur Zahlung von 83,3 Millionen US-Dollar verpflichtet: Trump hatte die Autorin E. Jean Carroll beleidigt, nachdem die ihm vorgeworfen hatte, er habe sie in den 1990er-Jahren vergewaltigt. Bereits im Mai 2023 wurde Trump einem Zivilverfahren wegen sexuellen Missbrauchs Carrolls für haftbar erklärt.

Trump vor Gericht: Die wichtigsten Personen beim Prozess in New York

Donald Trump ist der Angeklagte in New York.
Donald Trump ist der Angeklagte in New York. Der ehemalige Präsident der USA ist im Prozess um mutmaßliche Schweigegeldzahlungen in 34 Punkten angeklagt. Vorgeworfen wird ihm dabei nicht die Zahlung von Schweigegeld an sich. Vielmehr soll Trump Geschäftsberichte gefälscht haben, um die Zahlungen geheim zu halten. Damit soll der Kandidat der Republikaner für die US-Wahl 2024 sowohl gegen Steuergesetze wie auch gegen Gesetze zur Wahlkampffinanzierung verstoßen haben. Trump ist der erste Präsident der USA, der sich in einem Strafprozess wiederfindet.  © Pool/Getty Images/afp
Alvin Bragg ist der Staatsanwalt im Prozess gegen Donald Trump.
Alvin Bragg ist der Staatsanwalt im Prozess gegen Donald Trump. Mit seinem Team an Ermittlern ist es sein Ziel, nachzuweisen, dass Trump mit den Schweigegeld-Zahlungen versucht haben soll, die öffentliche Meinung vor der US-Wahl 2016 zu beeinflussen. Bragg ist Mitglied der Demokraten und seit 2022 Bezirksstaatsanwalt des Bezirks New York. © Angela Weiss/afp
Verteidigt wird Donald Trump in New York von Todd Blanche
Verteidigt wird Donald Trump in New York von Todd Blanche. Der ehemalige Staatsanwalt, der seit April 2023 für den Ex-Präsidenten arbeitet, hat beste Beziehungen in das MAGA-Universum. So verteidigte Blanche bereits Igor Furman, ein Mitarbeiter Rudy Giulianis, und Paul Manafort, Trumps ehemaligen Wahlkampfmanager.  © Mark Peterson/Imago
Unterstützt wird Todd Blanche bei der Verteidigung Donald Trumps von Susan Necheles.
Unterstützt wird Todd Blanche bei der Verteidigung Donald Trumps von Susan Necheles. Sie gilt als sehr erfahrene Strafverteidigerin, auf deren Dienste unter anderem Donald Trumps Firma, die „Trump Organization“, in der Vergangenheit vertraute. Wenn Necheles nicht gerade den Ex-Präsidenten oder seinen Familienkonzern vertritt, verteidigt sie andere zwielichtige Gestalten aus New York - darunter in der Vergangenheit auch Venero Frank Mangano. Der mittlerweile verstorbene Mafiaboss galt Zeit seines Lebens als hochrangiges Mitglied der „Cosa Nostra“ und Chef der berüchtigten „Genovese-Familie“. © Pool/Getty Images/afp
Der Richter im Fall von Donald Trump in New York heißt Juan Merchan.
Der Richter im Fall von Donald Trump in New York heißt Juan Merchan. Geboren wurde er in Kolumbien, aufgewachsen ist er in New York. Dort begann er seine Karriere als Staatsanwalt. Seit 2006 ist er als Richter in der Stadt tätig. Merchan gibt an, kein Mitglied einer politischen Partei in den USA zu sein. Bei der US-Wahl 2020 soll er aber nach Informationen von CNN in drei Fällen kleine Geldbeträge an die Demokraten und ihren damaligen Kandidaten, den heutigen US-Präsidenten Joe Biden, gespendet haben. © Jane Rosenberg/dpa
Der Richter im Fall von Donald Trump in New York heißt Juan Merchan.
Sie brachte den Stein ins Rollen. Stephanie Clifford, besser bekannt unter ihrem Künstlernamen Stormy Daniels. Die Erotikdarstellerin behauptet, im Jahr 2006 eine kurze Affäre mit Donald Trump gehabt zu haben. Kurz vor der US-Wahl 2016 soll Trumps damaliger Anwalt Michael Cohen ihr 130.000 Dollar Schweigegeld gezahlt haben, damit die Affäre nicht ans Licht kommt und Trumps Wahlkampf behindert. Dass Daniels im Prozess gegen Donald Trump aussagen wird, gilt als nahezu sicher. © John Angelillo/Imago
Michael Cohen. Der ehemalige Anwalt Trumps gilt mittlerweile als einer seiner größten Gegner.
Die Eröffnungsplädoyers im Prozess gegen Donald Trump haben bewiesen, dass Michael Cohen der für beiden Seiten wichtigste Zeuge werden wird. Der ehemalige Anwalt Trumps gilt mittlerweile als einer seiner größten Gegner. Das dürfte auch daran liegen, dass Cohen 2018 in Zusammenhang mit Geschäften, die er für Trump abwickelte, wegen Steuerhinterziehung und Falschaussagen vor dem Kongress zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt worden war. © Spencer Platt/afp
Der erste Zeuge im Prozess gegen Donald Trump war David Pecker, ehemaliger Herausgeber des National Enquirer.
Der erste Zeuge im Prozess gegen Donald Trump war David Pecker, ehemaliger Herausgeber des National Enquirer. Pecker stammt wie Trump aus New York. Die beiden verbindet eine Geschäftsbeziehung, die bis in die 1990er Jahre zurückreicht. Vor Gericht bestätigte Pecker, dass er Trump dabei geholfen habe, Geschichten über Affären, die der Ex-Präsident gehabt habe, zu vertuschen. So soll der Zeitungsmann unter anderem in die Schweigegeldzahlungen an Stormy Daniels als auch an Karen McDougal verweickelt gewesen sein. © Imago
Neben Stormy Daniels behauptet auch Karen McDougal, sie habe Schweigegeld von Donald Trump erhalten.
Denn neben Stormy Daniels behauptet auch Karen McDougal, sie habe Schweigegeld von Donald Trump erhalten, um eine neun Monate dauernde Affäre geheim zu halten. Das ehemalige Playmate und spätere Model behauptet, sich zwischen 2006 und 2007 mehrmals mit dem späteren Präsidenten getroffen zu haben. Damit die Geschichte geheim bleibt, soll McDougal 150.000 Dollar erhalten haben. © Imago
Ein weiterer Zeuge, der im Prozess gegen Donald Trump vor Gericht erwartet wird, ist Allen Weisselberg.
Ein weiterer Zeuge, der im Prozess gegen Donald Trump vor Gericht erwartet wird, ist Allen Weisselberg. Er ist der ehemalige Finanzvorstand der „Trump Organization“ und hat bereits Erfahrungen mit New Yorker Justiz sammeln dürfen: Im Januar 2023 wurde Weisselberg zu einer neunmonatigen Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Laut Michael Cohen soll Weisselberg auch in die Schweigegeldzahlungen an Stormy Daniels verwickelt gewesen sein. © Kena Betancur/afp
Eine weitere hochkarätige Zeugin im Prozess gegen Donald Trump könnte Hope Hicks werden.
Eine weitere hochkarätige Zeugin im Prozess gegen Donald Trump könnte Hope Hicks werden. Das ehemalige Model steht seit 2012 mit der Familie Trump in Verbindung und arbeitete unter anderem für Donalds Tochter Ivanka Trump. Ab 2015 war sie Pressesprecherin der Wahlkampagne des späteren Präsidenten und blieb in verschiedenen Positionen auch nach Trumps Wahlsieg für ihn tätig. Im Prozess in New York dürfte sie nach ihren Kenntnissen über mutmaßliche Schweigegeldzahlungen im Wahlkampf 2016 befragt werden. © Andrew Harnik/dpa
Was sagt eigentlich Melania Trump? Die ehemalige First Lady hält sich bislang aus Prozess gegen ihren Mann heraus.
Was sagt eigentlich Melania Trump? Die ehemalige First Lady hält sich bislang aus Prozess gegen ihren Mann heraus. Weder begleitet die dritte Ehefrau Trumps ihn zum Gericht in New York, noch hat sie sich bislang zu den Vorwürfen geäußert, ihr Ehemann habe sie mit Playmates und Pornostars betrogen, während sie mit dem gemeinsamen Kind schwanger war. Bislang steht nicht fest, ob Melania Trump als Zeugin geladen wird. Sollte das geschehen, könnte Donalds Ehefrau wohl von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen. © Lynne Sladky/dpa
Zum Thema vor Gericht in New York wurde auch Barron Trump, der jüngste Sohn Donalds und das einzige Kind von Melania Trump.
Zum Thema vor Gericht in New York wurde auch Barron Trump, der jüngste Sohn Donalds und das einzige Kind von Melania Trump. Der über zwei Meter große Teenager feierte im März 2024 seinen 18. Geburtstag und wird noch dieses Jahr seinen Highschool-Abschluss feiern - womöglich ohne seinen Vater. Dessen Anwälte stellten für ihren Mandanten einen Antrag, dass er am 17. Mai, dem Tag der Abschlussfeier seines Sohnes, dem Gericht fernbleiben könne. Im Anschluss behauptete Trump, Richter Juan Merchan habe ihm das verboten - eine Falschbehauptung. Merchan hatte lediglich gesagt, er sei noch nicht bereit, eine Entscheidung über diesen Antrag zu fällen. Diese hinge vor allem davon ab, wie der Prozess in den kommenden Wochen verlaufen werde. © Damon Higgins/Imago

Über die möglichen Auswirkungen auf Trumps Abschneiden bei der US-Wahl im November, lässt sich aus den Umfragen wenig Genaues ablesen. Zwar wird eine hypothetische Vorstrafe Trumps seit Monaten von den Umfrageinstituten abgefragt, doch das Vermischen hypothetischer und realer Optionen in Befragungen gilt sozialwissenschaftlich als höchst fragwürdig. Unter dieser Prämisse liest die New York Times (NYT) eine These aus den Umfragen der Institute Siena und Marquette heraus: Trumps Basis in Wählergruppen, die historisch eher zu den Demokraten neigen, könnte bröckeln.

Republikanische Partei steht auch nach Verurteilung absolut treu zu Donald Trump

Demnach hätten etwa 20 Prozent der jungen Trump-Unterstützer angegeben, im Falle einer Verurteilung Trumps Joe Biden zu wählen. Insgesamt würden etwa sieben Prozent der Unterstützer des Ex-Präsidenten im Falle einer Verurteilung für Biden stimmen wollen. Unklar blieb, ob diese Wähler in Staaten leben, die für den Ausgang der Präsidentschaftswahl relevant sind. Bisher steht auch Trumps Republikanische Partei absolut treu zu ihm.

„Alle aufhängen“ – Extremisten in der „MAGA“-Bewegung mobilisieren nach Urteil gegen Trump

Die Reihen hinter Donald Trump stehen aktuell also geschlossen. Teil der „MAGA“-Bewegung sind auch schwerbewaffnete, rechtsextreme Milizen. Am 6. Januar 2021 bewies die Bewegung mit dem Sturm auf das US-Kapitol, dass sie bereit ist, für Trump einen Aufstand gegen demokratische Institutionen zu wagen. Nach dem Urteil sichtete die Nachrichtenagentur Reuters Reaktionen im rechtsradikalen Social-Media-Ökosystem. Eine Million Männer müssten „bewaffnet“ in die Hauptstadt Washington gehen und „alle aufhängen“, schrieb ein Trump-Unterstützer demnach. Die Agentur zählte knapp ein Dutzend solcher Kommentare auf. Auch der Ex-Präsident selbst ließ Anfang Mai durchblicken, dass er mit einem erneuten Gewaltausbruch liebäugele, sollte er die Wahl im November verlieren.

Der vom früheren US-Präsidenten Donald Trump angeheizte Sturm auf das Kapitol in Washington 2021. Die Allianz fürchtet, dass es in diesem Jahr sowohl in der EU als auch in den USA zu einer Zunahme der politischen Gewalt kommen könnte.

Trump-Urteil als „Ausrede“ für „MAGA“-Extremisten – Experten befürchten Gewaltausbruch

Das sei höchst problematisch, sagte Jacob Ware, Extremismusexperte der Denkfabrik Council on Foreign Relations. Trumps Reaktion auf das Urteil sei entscheidend dafür, ob es zu einem Gewaltausbruch kommen könnte: „Solange er den rechtsstaatlichen Ablauf nicht akzeptiert, wird die extremistische Reaktion auf seine juristischen Probleme militant sein“, sagte Ware demnach. Seine Fachkollegin Amy Cooter von der Universität Middlebury fügte hinzu, dass viele dieser Extremisten „schon länger nach einer Ausrede zum Mobilisieren“ suchten. (kb)

Rubriklistenbild: © Seth Wenig / dpa

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