Bundesvorsitzender Jan van Aken (links) und Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek stehen während des Bundesparteitags der Linken zur Bundestagswahl 2025 vor den Mitglieder der „Mission Silberlocke“ Bodo Ramelow, Gregor Gysi, und Dietmar Bartsch.
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Bundesvorsitzender Jan van Aken (links) und Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek sind vor der Bundestagswahl guter Laune, genauso wie die Mitglieder der „Mission Silberlocke“ (Bodo Ramelow, Gregor Gysi, und Dietmar Bartsch.)

Aktuelles Wahlmodell

Die Linke im Höhenflug: Schätzung zur Bundestagswahl bestätigt Umfragetrend

  • Christian Stör
    VonChristian Stör
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Die Linke erfährt vor der Bundestagswahl einen Auftrieb. Das Wahlmodell von YouGov untermauert dies. Der Sprung ins Parlament scheint realisierbar.

Berlin – Die Linke schien schon abgeschrieben. Bei den letzten Wahlen war mit ihr kein Staat zu machen, die Umfragen zur Bundestagswahl am 23. Februar ließen auch nicht auf bessere Zeiten hoffen. Das galt aber nur bis Dezember. Seit Januar ist plötzlich alles anders. Die von zahlreichen Wahlschlappen gebeutelte Partei befindet sich wieder im Aufwind.

In den neuesten Umfragen zur Bundestagswahl steht die Linke jedenfalls sehr viel besser da als noch vor wenigen Wochen. Erstmals seit langer Zeit ist die Partei in einigen Umfragen wieder auf fünf Prozent geklettert. Ein möglicher Faktor: Das gemeinsame Votum von Union und AfD im Bundestag empört und mobilisiert die Linken.

Wahlmodell bestätigt Umfragen: Linke vor Bundestagswahl im Aufwind

Bestätigt wird der Umfragentrend durch das aktualisierte Wahlmodell des Marktforschungsinstituts YouGov. Zu beachten ist dabei, dass das Modell keine Prognose ist. Vielmehr werden hier auf Basis von Befragungsdaten, Strukturdaten und Ergebnissen früherer Wahlen die Anteile geschätzt. Aber auch hier zeigt sich: Die Linke steht aktuell bei fünf Prozent und würde damit über die Zweitstimmen in den Bundestag einziehen.

Noch ein zweiter Weg ins Parlament steht der Linken offen. Sollte die Linke an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern, könnte sie dennoch durch drei Direktmandate im Bundestag bleiben. Deshalb hatte die Partei im November die Mission „Silberlocke“ gestartet: Die prominenten Linken-Politiker Gregor Gysi, Bodo Ramelow und Dietmar Bartsch wollen drei Wahlkreise direkt gewinnen – und so der Partei über die sogenannte Grundmandatsklausel den Weg ins Parlament sichern. 

Gewinnt die Linke drei Direktmandate bei der Bundestagswahl? Was Umfragen und Wahlmodell sagen

Wie wahrscheinlich ist das aber? Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur wagte der Rostocker Politikwissenschaftler Wolfgang Muno diese Prognose: Dass Gysi und Ramelow jeweils ein Direktmandat holen, halte er für realistisch. Für Dietmar Bartsch seien die Chancen „nicht besonders groß, aber es ist nicht unmöglich“.

Die Daten im YouGov-Wahlmodell bestätigen diese Prognose. Im Berliner Wahlkreis Treptow-Köpenick liegt Gysi auf Kurs. Sein Vorsprung beträgt demnach 18 Punkte. Derweil führt Bodo Ramelow mit dem hauchdünnen Vorsprung von 0,3 Punkten im umkämpften und prominent besetzten Wahlkreis Erfurt – Weimar – Weimarer Land II.

Berlin-Treptow-KöpenickSchätzung in %
Gregor Gysi (Die Linke)35
Michael Gleichmann (AfD)17
Dustin Hoffmann (CDU)17
Josephine Thyrêt (BSW) 11
Erfurt – Weimar – Weimarer Land IISchätzung in %
Bodo Ramelow (Die Linke)26
Alexander Claus (AfD)26
Michael Hose (CDU)16
Carsten Schneider (SPD)13

Wahlmodell zur Bundestagswahl zeigt: Bartsch ist der Wackelkandidat der Linken

Bartsch hat sich schon 2017 und 2021 um das Direktmandat im Wahlkreis Rostock – Landkreis Rostock II beworben – und zweimal verloren. Auch dieses Jahr sieht es offenbar nicht besser aus. Bartsch liegt derzeit nur auf Platz vier, die Tendenz geht hier zur AfD-Kandidatin Steffi Burmeister.

Linken-Landeschef Hennis Herbst weiß, dass Bartsch in der Riege der Silberlocken eher ein Wackelkandidat ist. „Ich glaube, da kann man so ehrlich sein“, sagt Herbst. Aber die Linke investiert in Rostock viel Geld und Unterstützung. Bartsch-Plakate scheinen wirklich überall, ebenso wie der Kandidat selbst. Schafft Bartsch noch die Wende vor der Bundestagswahl?

Rostock – Landkreis Rostock IISchätzung in %
Steffi Burmeister (AfD)25
Michael Ebert (CDU)19
Katrin Zschau (SPD)19
Dietmar Bartsch (Die Linke)12

Linke erhofft sich bei der Bundestagswahl auch in anderen Wahlkreisen Erfolge: Wahlmodell sieht Chancen

Neben den Silberlocken setzt die Linke auf den Leipziger Sören Pellmann. Er holte 2021 neben Gysi und der Berlinerin Gesine Lötzsch das dritte Direktmandat – schon damals hielt die Grundmandatsklausel die Partei im Bundestag. Pellmann liegt im Wahlkreis Leipzig II fast gleichauf mit CDU-Kandidat Dietmar Link (jeweils 22 Prozent).

Lötzsch tritt in Berlin-Lichtenberg nicht mehr an. Übernehmen will hier die neue Parteivorsitzende Ines Schwerdtner. Doch schickt die AfD in Lichtenberg die bundesweit bekannte Beatrix von Storch ins Rennen. Die liegt mit 22 Prozent vor Schwerdtner, die auf 19 Prozent kommt. Chancen rechnet sich auch Pascal Meiser im Wahlkreis Berlin-Friedrichshain-Kreuzberg – Prenzlauer Berg Ost aus. Mit 20 Prozent liegt er knapp hinter der Grünen-Politikerin Katrin Schmidberger (22 Prozent).

Wahlmodell bestätigt Umfragen: Die Linke kann bei Bundestagswahl auf Einzug in den Bundestag hoffen

Ob das alles bis zum 23. Februar hält, ist eine andere Frage. Fünf Prozent in Umfragen und Wahlmodellen bundesweit sind sehr knapp. Und die ersehnten drei Direktmandate sind ebenfalls keineswegs sicher. Doch eins ist klar: Die Linke rund zwei Wochen vor der Bundestagswahl sehr viel besser da als noch vor wenigen Wochen. (cs)