„50 Euro. Das reicht“

Erstes Bundesland gibt Bezahlkarten für Asylsuchende aus – Söder will mit härteren Regelungen nachziehen

  • Felix Durach
    VonFelix Durach
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Mit Hamburg gibt das erste Land die Bezahlkarte aus. Bayern plant noch im ersten Halbjahr eine flächendeckende Einführung – mit scharfen Einschränkungen.

Hamburg/München – Die Bezahlkarte für Asylsuchende ist für die Länder offenbar das Mittel der Wahl, um eine Wende in der deutschen Migrationspolitik einzuleiten. 14 von 16 Ländern hatten sich Ende Januar auf ein gemeinsames Vergabeverfahren zur Einführung geeinigt – Bayern wählte den Sonderweg. Doch während die bayerische Bezahlkarte noch auf sich warten lässt, gibt Hamburg ab Donnerstag (15. Februar) im Rahmen eines Pilotprojekts als erstes Bundesland eigene Bezahlkarten aus.

Hamburg gibt als erstes Bundesland Bezahlkarte für Asylsuchende aus

Auf die „SocialCard“ erhalten die Asylsuchenden jeden Monat eine Gutschrift von 185 Euro, um Dinge des täglichen Bedarfs zu erwerben. Leistungen für Kinder werden ebenfalls auf die Karten der Eltern überwiesen. Zahlungen im Ausland und in Online-Shops sind jedoch nicht möglich.

Die Karte biete Vorteile sowohl für Leistungsempfänger als auch für die Verwaltung: „Leistungsempfängerinnen und Leistungsempfänger müssen nicht mehr zu einer Behörde oder Kassenstelle kommen, sie sparen damit Wege und Zeit. Gleichzeitig werden so die bezirklichen Zahlstellen entlastet“, hieß es. Es ist demnach geplant, die Karte schrittweise auch an andere Leistungsbezieher auszugeben. 

In mehreren Bundesländern waren bereits Pilotprojekte auf kommunaler Ebene angelaufen. Hamburg startet nun als erstes Bundesland mit der Bezahlkarte. In Bayern soll ebenfalls bald die ersten Projekte anlaufen.

Bayern will bei Bezahlkarte vorangehen – „kommt schneller und ist härter“

„Unsere Bezahlkarte kommt schneller und ist härter“, kündigte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder bereits Anfang Februar in einem Beitrag auf X an. Der CSU-Chef hatte den Start eines Pilotprojekts in vier Kommunen für März in Aussicht gestellt. Doch auch wenn der Freistaat beim Start noch etwas hinterherhinkt, dürfte man bei der flächendeckenden Einführung die Nase vorne haben. „Wir wollen Ende März mit einem Piloten starten und dann im zweiten Quartal die Bezahlkarte verfügbar haben“, kündigte Innenstaatssekretär Sandro Kirchner am 1. Februar in einem Video auf X an.

Hamburg gibt als erstes Land eine Bezahlkarte für Geflüchtete aus. Bayern will die Hansestadt in Kürze übertrumpfen.

Die europaweite Ausschreibung für die bundesweite Bezahlkarte im Bund endet derweil erst im Juni. Sobald die gemeinsamen Pläne stehen, soll das Hamburger Pilotprojekt enden. Neben Bayern setzt auch Mecklenburg-Vorpommern auf einen Sonderweg bei der Bezahlkarte.

Söder will bei bayerische Bezahlkarte hart durchgreifen – „50 Euro. Das reicht“

Durch die Einführung der Karte soll verhindert werden, dass Geflüchtete Geld an Familie und Freunde ins Ausland schicken oder Schlepper bezahlen. Damit sollen sogenannte „Pull-Faktoren“ – Anreize, die Menschen zur Flucht nach Deutschland verleiten sollen – reduziert werden. „Wir brauchen schleunigst eine wirksame Begrenzung der unkontrollierten Zuwanderung. Dazu braucht es eine Reduzierung der Anreize, um nach Deutschland zu kommen“, erklärte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) Anfang Februar in einem Beitrag auf dem Kurznachrichtendienst X.

Söder betonte wiederholt, dass die bayerische Bezahlkarte harte Auflagen erfüllen soll – unter anderem beim Bargeld. Das bekräftigte der CSU-Chef auch beim Politischen Aschermittwoch in Passau erneut. „Woanders wird diskutiert: 250 Euro, wir machen 50 Euro. Das reicht“, sagte der bayerische Ministerpräsident. Für die Flüchtlinge gebe es Essen und eine Wohnung. „Bargeld braucht es am Ende nicht.“

Darüber hinaus soll die bayerische Bezahlkarte nur im näheren Umfeld der Unterkunft und für ein bestimmtes Warensortiment eingesetzt werden. „Es können nur noch Waren in Geschäften des täglichen Gebrauchs gekauft werden. Wir stoppen Online-Shopping, Glücksspiel und Überweisungen ins Ausland“, sagte Söder in einem Interview mit der Bild am Sonntag.

Bayerns Ministerpräsidenten seit 1945

Bundeskanzler Konrad Adenauer (mit Zylinder, CDU), Bundesratspräsident Karl Arnold (l, CDU) und Fritz Schäffer (r, CSU) bei der feierlichen Eröffnungssitzung des Deutschen Bundestages am 07.09.1949 in Bonn.
28. Mai 1945 – 28. September 1945: Fritz Schäffer (r, CSU) mit Konrad Adenauer (mit Zylinder, CDU), Bundesratspräsident Karl Arnold (l, CDU) bei der feierlichen Eröffnungssitzung des Deutschen Bundestages am 07.09.1949 in Bonn. © dpa
28. September 1945 – 21. Dezember 1946: Wilhelm Hoegner (SPD), ernannt durch die USA.
28. September 1945 – 21. Dezember 1946 (erste Amtszeit): Wilhelm Hoegner (SPD), ernannt durch die USA. © IMAGO/Rolf Poss
21. Dezember 1946 –
 14. Dezember 1954: Hans Ehard (CSU) mit Ehefrau Sieglinde.
21. Dezember 1946 – 14. Dezember 1954: Hans Ehard (CSU) mit Ehefrau Sieglinde. © IMAGO
14. Dezember 1954 – 16. Oktober 1957 (zweite Amtszeit): Wilhelm Hoenger (SPD) trat nach Verlust der Mehrheit im Landtag zurück.
14. Dezember 1954 – 16. Oktober 1957 (zweite Amtszeit): Wilhelm Hoenger (SPD) trat nach Verlust der Mehrheit im Landtag zurück. © IMAGO
16. Oktober 1957 – 26. Januar 1960: Hanns Seidel (CSU) überreicht General Lauris Norstad den Bayerischen Lowen.
16. Oktober 1957 – 26. Januar 1960: Hanns Seidel (CSU) überreicht General Lauris Norstad den Bayerischen Lowen. © IMAGO
26. Januar 1960 – 11. Dezember 1962 (zweite Amtszeit): Hans Erhard (CSU).
26. Januar 1960 – 11. Dezember 1962 (zweite Amtszeit): Hans Erhard (CSU). © IMAGO
11. Dezember 1962 – 7. November 1978: Ministerpräsident Alfons Goppel und Parteivorsitzender Franz Josef Strauß (beide CSU).
11. Dezember 1962 – 7. November 1978: Ministerpräsident Alfons Goppel, der aus Altersgründen zurücktrat, und Parteivorsitzender Franz Josef Strauß (beide CSU). © IMAGO
7. November 1978 – 3. Oktober 1988: Franz Josef Strauß (CSU) mit Münchens ehemaligem Oberbürgermeister Erich Kiesl.
7. November 1978 – 3. Oktober 1988: Franz Josef Strauß (CSU) mit Münchens ehemaligem Oberbürgermeister Erich Kiesl. © Heinz Gebhardt/IMAGO
3. Oktober 1988 – 19. Oktober 1988: Max Streibl (CSU) führte das Amt erst kommissarisch und trat dann in seiner offiziellen Amtszeit (19. Oktober 1988 – 28. Mai 1993) wegen der „Amigo-Affäre“ zurück.
3. Oktober 1988 – 19. Oktober 1988: Max Streibl (CSU) führte das Amt erst kommissarisch und trat dann in seiner offiziellen Amtszeit (19. Oktober 1988 – 28. Mai 1993) wegen der „Amigo-Affäre“ zurück. © IMAGO
28. Mai 1993 – 9. Oktober 2007: Edmund Stoiber (CSU) trat nach einem innerparteilichen Machtkampf zurück.
28. Mai 1993 – 9. Oktober 2007: Edmund Stoiber (CSU) trat nach einem innerparteilichen Machtkampf zurück. © IMAGO/Astrid Schmidhuber
9. Oktober 2007 – 27. Oktober 2008: Günther Beckstein (CSU) schied aus dem Amt, als die CSU bei der Landtagswahl 2008 einen deutlichen Stimmenverlust hinnehmen musste.
9. Oktober 2007 – 27. Oktober 2008: Günther Beckstein (CSU) schied aus dem Amt, als die CSU bei der Landtagswahl 2008 einen deutlichen Stimmenverlust hinnehmen musste. © IMAGO
27. Oktober 2008 – 13. März 2018: Horst Seehofer (CSU) gab das Amt ab, als die Ernennung zum Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat anstand.
27. Oktober 2008 – 13. März 2018: Horst Seehofer (CSU) gab das Amt ab, als die Ernennung zum Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat anstand. © Sammy Minkoff/IMAGO
13. März 2018 – 16. März 2018: Ilse Aigner (CSU) übernahm das Amt der Ministerpräsidentin kommissarisch.
13. März 2018 – 16. März 2018: Ilse Aigner (CSU) übernahm das Amt der Ministerpräsidentin kommissarisch. © Charles Yunck/IMAGO
Seit 16. März 2018: Markus Söder (CSU) ist Ministerpräsident von Bayern und CSU Vorsitzender.
Seit 16. März 2018: Markus Söder (CSU) ist Ministerpräsident von Bayern und CSU Vorsitzender. © IMAGO

Kritik an Bezahlkarte für Asylsuchende – ProAsyl beklagt Ausgrenzung

Die Verein ProAsyl kritisierte die Einigung auf die Einführung einer Bezahlkarte als diskriminierend. Geflüchtete würden durch die Einschränkungen der Karte aus wichtigen Bereichen des Lebens ausgegrenzt und deren Selbstbestimmung eingeschränkt werden. „Beim Gemeindefest oder in der Schulcaféteria kann man mit der Bezahlkarte nichts kaufen“, schreibt ProAsyl in einem Beitrag auf ihrer Website. (fd mit dpa)

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