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Russlands Krim-Rückzug: Putins Schwarzmeer-Flotte verschanzt sich bald an neuem Ort 

  • VonTadhg Nagel
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Um die Schwarzmeerflotte vor weiteren Angriffen zu schützen, benötigt Russland einen neuen Stützpunkt - fündig wurde man in Abchasien.

Moskau – Seit kurzem intensiviert Kiew im Ukraine-Krieg gezielt den Druck auf die russische Flotte Schwarzmeerflotte, die auf der 2014 durch Russland annektierten Halbinsel Krim vor Anker liegt. Bei einem für den Kreml verheerenden Raketenangriff auf das Hauptquartier der Flotte am 22. September, wurden Berichten zufolge mehrere hochrangige Offiziere getötet. Bereits neun Tage zuvor, am 13. September, wurden bei einem weiteren Raketenangriff auf die Werft in Sewastopol zwei Schiffe und ein U-Boot stark beschädigt. Die Angriffe sind laut dem ukrainischen Militär Teil der Vorbereitungsmaßnahmen für den Versuch, die Halbinsel zu befreien.

Um die Schwarzmeerflotte zu schützen, verlegt Russland diese nun offenbar. Satellitenbilder von Anfang Oktober, die von drei russischen Militärbloggern geteilt wurden, zeigen, dass die Schiffe den Hafen von Sewastopol auf der Krim zum Teil bereits verlassen haben. Einige der größeren Schiffe wurden demnach zu einem Marinestützpunkt in der Nähe von Noworossijsk verfrachtet. Kleinere Schiffe haben vor Feodosia festgemacht.

Putin will Schwarzmeerflotte an die Küste Abchasiens verlagern: Plant Russland noch mehr?

Den Flottenstützpunkt will Moskau jetzt an die Küste Abchasiens verlagern, wie das US-Nachrichtenmagazin Newsweek berichtet. Wladimir Putin habe sich am Mittwoch (4. Oktober) mit Aslan Bschania, dem Machthaber der abtrünnigen georgischen Region, zu Verhandlungen getroffen. „Wir haben ein Abkommen unterzeichnet, und in naher Zukunft wird es einen ständigen Stützpunkt der russischen Marine im Bezirk Otschamtschire geben“, so Bschania. Dies ziele darauf ab, die Verteidigungsfähigkeit „sowohl Russlands als auch Abchasiens“ zu erhöhen. Für die Zukunft sei ein Ausbau dieser Partnerschaft geplant. Allerdings gäbe es auch Dinge, über die Bschania nicht sprechen könne.

Wladimir Putin schickt seine Schwarzmeerflotte zu neuen Ufern. (Archivfoto)

Die Entwicklung bereitet Anlass zur Sorge vor weiteren Expansionsgelüsten Putins. Abchasien ist eine autonome Region, die völkerrechtlich zu Georgien gehört, sich jedoch seit 1994 als unabhängige „Republik Abchasien“ betrachtet. Das Gebiet hat unter der Protektion Russlands eigene staatliche Strukturen ausgebildet, die sich der Souveränität Georgiens entziehen. Bisher haben nur Russland, Nicaragua, Venezuela, Nauru und Syrien die Unabhängigkeit des Landstriches anerkannt. Zusammen mit Arzach, Transnistrien und Südossetien bildet Abchasien eine Gemeinschaft international nicht anerkannter Staaten, die von Russland durch sogenannte eingefrorene Konflikte geschaffen wurden.

Was sind eingefrorene Konflikte?

Als eingefrorener Konflikt wird in internationalen Beziehungen eine Situation bezeichnet, in der ein aktiver bewaffneter Konflikt ohne Friedensvertrag beendet wurde. Damit sind die Kampfhandlungen zwar beendet, es gibt jedoch keinen politischen Rahmen, der den Konflikt zur Zufriedenheit der Konfliktparteien löst. Rechtlich gesehen kann der Konflikt dadurch jederzeit wieder ausbrechen, wodurch ein Umfeld der Unsicherheit und Instabilität geschaffen wird.

Russland weitet seinen Einfluss in Georgien aus - ein baldiger EU-Beitritt wird damit unwahrscheinlicher

Noch immer sind russische Truppen in Südossetien und Abchasien stationiert, 20 Prozent der Landfläche sind besetzt. Zum 15. Jahrestag des sogenannten Kaukasuskrieges zwischen Russland und Georgien, hatte der georgische Premierminister Irakli Garibaschwili im August den Abzug der russischen Truppen aus seinem Land gefordert. Trotzdem nähert sich das Land politisch immer weiter an Russland an. Obwohl sich die Georgier mehrheitlich als Europäer verstehen und Forderungen nach einem EU-Beitritt immer lauter werden, setzt die georgische Regierung zunehmend auf ihre „Freundschaft mit Russland“.

Die georgische Wirtschaft ist von Russland abhängig, das, nach China, der zweitgrößte Abnehmer georgischer Waren ist. Russisches Kapital wird in Georgien in großen Stil investiert, die Erträge fließen ungehindert zurück nach Russland. Mit dem Geld kommen auch die Russen selbst, die sich niederlassen und den russischen Einfluss festigen. Seit Mai dieses Jahres sind russische Staatsbürger von der Visapflicht befreit. Mit dem steigenden Einfluss Russlands schwindet die Hoffnung auf einen baldigen EU-Beitritt immer weiter. Das Land soll zwar nach der Umsetzung von Reformen eines EU-Kandidatenstatus erhalten, diese scheinen jedoch im aktuellen politischen Klima in weiter Ferne zu liegen. (tpn)

Rubriklistenbild: © IMAGO/Alexander Demianchuk

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