„Das sind Feinde unserer Demokratie“

Bundestag hat AfD-Verbotsantrag beraten: Wanderwitz mahnt – „Länger sollten wir nicht warten“

  • Paula Völkner
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Im Bundestag hat ein AfD-Verbotsantrag beraten. So kurz vor der Bundestagswahl gibt es Kritik am Zeitpunkt. Wanderwitz mahnt hingegen die Dringlichkeit des Vorhabens an.

Update vom 30. Januar, 22.45 Uhr: Erstmals haben die Abgeordneten heute über ein AfD-Verbot im Bundestag debattiert. Zu einer Abstimmung kam es trotz hitziger Debatte nicht – vor der Bundestagswahl in wenigen Wochen gilt es derweil als unwahrscheinlich, dass im Plenum noch über einen Antrag auf ein AfD-Verbotsverfahren abgestimmt wird.

Bundestag streitet über AfD-Verbot: Wanderwitz warnt vor Schaden für den deutschen Staat

Update vom 30. Januar, 19.36 Uhr: Ein Verbotsverfahren gegen die AfD bleibt im Bundestag umstritten. Bei einer emotionalen Plenardebatte zeigte sich, dass die Meinungsverschiedenheiten mitunter quer durch die einzelnen Parteien gehen. Der CDU-Abgeordnete Marco Wanderwitz betonte, der deutsche Staat könne die AfD nicht länger ertragen, „ohne langfristig irreparablen Schaden an seiner Substanz zu nehmen“. Sein Parteikollege Philipp Amthor warnte hingegen vor der Gefahr, dass sich die AfD bei einem Scheitern des Verfahrens „ein demokratisches Gütesiegel anheftet, das ihr nicht zusteht“.

Noch skeptischer zeigte sich FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle. Er sagte, schon jetzt gebe es bei vielen Menschen eine Entfremdung zu den Institutionen der liberalen Demokratie. Diese Entwicklung würde durch ein Verbotsverfahren nicht beendet, sondern noch verstärkt. Der AfD-Parlamentarier Peter Boehringer bezeichnete die Forderung nach einem Verbot seiner Partei naturgemäß als absurd: „Selbstverständlich liegt der AfD in ihrer gesamten Breite nichts ferner als die Verletzung des Demokratieprinzips.“

Erstmals berät der Bundestag über AfD-Verbot: „Das sind Feinde unserer Demokratie“

Erstmeldung: Berlin – „Das sind Verfassungsfeinde, das sind Feinde unserer Demokratie“, schreiben die Initiatoren eines AfD-Verbotsantrags über die Rechtspopulisten. Daher fordert die Gruppe fraktionsübergreifender Abgeordneter die Überprüfung der Verfassungswidrigkeit der in Teilen rechtsextremen Partei.

Am 30. Januar ist es erstmals so weit: Der Antrag der Gruppe rund um den CDU-Politiker und ehemaligen Ost-Beauftragten der Bundesregierung Marco Wanderwitz steht auf der Tagesordnung im Bundestag. Sie wollen erreichen, dass der Bundestag beim Bundesverfassungsgericht ein AfD-Parteienverbot beantragt.

AfD-Verbotsantrag vor der Bundestagswahl: „Je wirkmächtiger die AfD wird, desto schwerer Menschen in Demokratie zurückzuholen“

Wanderwitz mahnt im Gespräch mit IPPEN.MEDIA die Dringlichkeit des Antrags an. „Länger sollten wir nicht warten“, erklärt der CDU-Politiker. „Je länger das dauert, je wirkmächtiger die AfD wird, je mehr das Gift einsickert in die Köpfe ihrer Anhänger, desto schwerer wird es am Ende sein, diese Menschen sozusagen wieder in die Demokratie zurückzuholen.“ Die Beratung im Bundestag findet nun wenige Wochen vor der Bundestagswahl am 23. Februar statt. Zuletzt äußerten nicht nur einige Politikerinnen und Politiker Bedenken über die Debatte so kurz vor der Wahl.

Der Bundestag berät am Donnerstag erstmals über ein AfD-Verbot (Symbolbild)

Antrag für AfD-Verbotsverfahren im Bundestag: Experte warnt vor möglichen Folgen eines Verbots

Auch der Professor für Politikwissenschaft an der FH Dortmund, Dierk Borstel, erklärt gegenüber IPPEN.MEDIA, er halte ein Verbotsverfahren „aktuell für keine gute Idee“. Borstel fehle vor allem eine Debatte über die Frage: „Was soll nach einem möglichen Verbot eigentlich mit den Mitgliedern und Wählern passieren?“ Borstels Befürchtung: „Sie werden kaum zu erreichen sein und sich noch mehr radikalisieren. Ich schließe dann auch Gewalt nicht aus.“

Dass der Antrag durch die vorgezogene Neuwahl nun nur wenige Wochen vor der Bundestagswahl im Plenum beraten wird, habe auch die Gruppe beschäftigt, erklärt Wanderwitz. Die Abgeordneten hätten sich nach dem Ampel-Aus gefragt, „vielleicht ist das der falsche Zeitpunkt“. Der CDU-Politiker jedoch ist überzeugt: Das Thema ruhen zu lassen, „wäre auch keine gute Lösung gewesen“. Die Möglichkeit, dass sich Mitglieder und Anhänger der AfD im Falle eines Verbots weiter radikalisieren könnten, schließt auch Wanderwitz zwar nicht aus – den Antrag hält der CDU-Politiker dennoch für richtig. „Das kann so sein, aber sie können dann jedenfalls nicht mehr AfD wählen, weil die AfD gibt es dann nicht mehr.“

Die AfD-Spitze im Wandel der Zeit: von Bernd Lucke bis Alice Weidel

Die AfD liegt in den Umfragen zur Bundestagswahl 2025 an zweiter Stelle.
Die AfD liegt in den Umfragen zur Bundestagswahl 2025 an zweiter Stelle. Anders als jahrelang üblich, gab es bei ihrem Bundesparteitag im Januar 2025 in Riesa kaum große Streitthemen. Auch die Mitglieder des AfD-Bundesvorstands verbreiteten Harmonie (von links nach rechts): Carsten Hütter, Alice Weidel, Tino Chrupalla, Peter Boehringer und Heiko Scholz. In Riesa beschloss die AfD ihr Wahlprogramm.  © Sebastian Kahnert/dpa
Auf dem Parteitag wurde Parteichefin Alice Weidel zur Kanzlerkandidatin gekürt.
Im Mittelpunkt des Parteitags stand Alice Weidel, die die AfD mit einer schrillen Rede auf den Wahlkampf einschwor. Vor allem mit ihrer rigorosen Wortwahl schien sie den Nerv der Partei zu treffen. So forderte sie Rückführungen im großen Stil: „Wenn es dann Remigration heißen soll, dann heißt es eben Remigration.“ Zuvor hatte sie diesen Begriff vermieden.  © Jens Schlüter/AFP
AfD-Bundesparteitag in Riesa
Tatsächlich ist nach Riesa rhetorisch kein Unterschied mehr zwischen Weidel und den Rechtsextremen auszumachen. Immer wieder gelang es ihr, die düstere AfD-Seele mit ihrer scharfen Wortwahl zu massieren. So prägte sie auch den irren Begriff ,,Windmühlen der Schande“.  © Sebastian Kahnert/dpa
AfD Parteitag 2013 in Berlin
Wie aber kam es zum Aufstieg der AfD? Los ging alles am 6. Februar 2013, als 18 Menschen im hessischen Oberursel (Taunus) die Partei „Alternative für Deutschland“ gründeten. Der erste AfD-Parteitag fand bereits am 14. April 2013 statt (im Bild). Bei der Bundestagswahl im selben Jahr erzielte die neue Partei aus dem rechten Spektrum auf Anhieb 4,7 Prozent – das beste Ergebnis, das eine neu gegründete Partei jemals bei ihrer ersten Bundestagswahl erzielen konnte.  © imago
Landesparteitag der AfD am 11. Januar 2014 in Gießen
Nahezu von Anfang begleiten Gegendemonstrationen die AfD-Veranstaltungen - wie hier der Landesparteitag am 11. Januar 2014 in Gießen. Der rechtspopulistischen Partei werden immer wieder Demokratie- und Europafeindlichkeit vorgeworfen. © imago stock&people
Dr. Konrad Adam, Journalist und Mitgebründer der Alternative für Deutschland (AfD)
Als einer der Gründungsväter der AfD gilt Konrad Adam. Der 1942 in Wuppertal geborene Journalist arbeitete für die Tageszeitungen FAZ und Welt. Zunächst war er Gründungsmitglied der eurokritischen Wahlalternative 2013 und wurde noch im selben Jahr einer von drei Bundessprechern der neu gegründeten AfD. Wie viele andere war Adam ursprünglich CDU-Mitglied, ehe er – vermutlich aus Enttäuschung über die als linksliberal wahrgenommene Politik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) – eine neue Heimat in der AfD fand. Zwei Jahre blieb Adam Bundessprecher, doch bereits im Dezember 2015 begann er, sich von der Partei zu distanzieren. 2020 kündigte er seinen Austritt aus der AfD an, der am 1. Januar 2021 in Kraft trat. © imago
Konrad Adam, Bernd Lucke und Alexander Gauland auf dem ersten Parteitag der AfD in Berlin.
Das bekannteste Gesicht der AfD-Gründungsphase gehört dem Mann mit erhobenen Armen: Bernd Lucke. Geboren 1962 in West-Berlin und aufgewachsen in Nordrhein-Westfalen, studierte Lucke Volkswirtschaftslehre und wurde später in Hamburg Professor. Mit 14 Jahren trat Lucke in die CDU ein und verließ die Union 33 Jahre später, weil er mit der Eurorettungspolitik nicht einverstanden war. Der Euro und die EU wurden zu den zentralen Kritikpunkten, die Lucke in den folgenden Jahren bezogen auf die Bundespolitik äußerte. Ergebnis dieser Kritik war zunächst die eurokritische Wahlalternative 2013, aus der am 14. April 2013 die AfD hervorging. © imago
rof. Dr. Bernd Lucke im Wahlkampf für die AfD
Bereits im September 2013 engagierte sich Prof. Dr. Bernd Lucke im Wahlkampf für die AfD, wie hier auf einer Veranstaltung in Magdeburg. © IMAGO/Zoonar.com/Axel Kammerer
Bernd Lucke als Vorsitzender der AfD auf einem Parteitag
Auch Bernd Luckes Zeit in der AfD war nur eine kurze. 2014 ging er noch als Spitzenkandidat der „Alternative für Deutschland“ in den Wahlkampf für die anstehende Europawahl. Bis 2019 war Lucke im Anschluss Mitglied im Europäischen Parlament. Doch bereits 2015 deutete sich an, dass Lucke im internen Machtkampf in der AfD den Kürzeren ziehen könnte. Führende Köpfe der AfD wie Björn Höcke gerieten in Konflikt mit dem Vorsitzenden. Lucke ging und trat 2015 aus der AfD aus. Er gründete die nächste Partei: die Allianz für Fortschritt und Aufbruch (ALFA). © imago
Olaf Henkel GER Berlin 20150112 Alternative für Deutschland Prof Hans Olaf Henkel Veranstaltun
Anfang 2014 wurde die AfD-Mitgliedschaft von Professor Hans-Olaf Henkel bekannt. Einen Namen machte sich Henkel als erfolgreicher Manager bei IBM. Später wechselte er auf die Verbandsebene und wurde Präsident des BDI (Bundesverband der Deutschen Industrie). 2014 zog er für die AfD ins Europaparlament ein. Für ein Jahr war Henkel sogar stellvertretender Bundessprecher der „Alternative für Deutschland“. 2015 trat Hans-Olaf Henkel wieder aus der AfD aus. © imago
Hans-Olaf Henkel, hier mit Ehefrau Bettina und ihrer Zwillingsschwester Almut
Seinen Bruch mit der AfD begründete Hans-Olaf Henkel, hier mit Ehefrau Bettina und ihrer Zwillingsschwester Almut beim Bundespresseball 2019, mit dem Rechtsruck der Partei. Gegenüber dem WDR bezeichnete Henkel die AfD im Jahr 2015 als „eine Art NPD-light, vielleicht sogar identisch mit der NPD“. Sein Engagement bei der AfD sieht Henkel mittlerweile offenbar kritisch: „Wir haben ein Monster erschaffen.“ © VISTAPRESS / G. Chlebarov via www.imago-images.de
Deutschland Essen Grugahalle 4 Ausserordentlicher AfD Parteitag Bernd Lucke nach der Wahl von F
Auf Bernd Lucke folgte an der Parteispitze der AfD Frauke Petry. Die studierte Chemikerin wurde 1975 in Dresden geboren. 2013 war sie bereits neben Lucke eine der drei Parteisprecherinnen der AfD. Außerdem wurde sie im selben Jahr zur Vorsitzenden der AfD Sachsen gewählt.  © imago
Frauke Petry AfD
Im Juli 2015 schließlich kam es zum internen Machtkampf in der AfD, den Petry für sich entscheiden konnte. Doch schon zwei Jahre später war auch für sie wieder Schluss. Ende September 2017 trat sie aus der AfD aus und gründete wie Lucke ihre eigene kleine Partei: Petry nannte sie „Die blaue Partei“. © Michael Kappeler/dpa
Prof. Dr. Jörg Meuthen (M.), Bundessprecher der AfD, Deutschland, Berlin, Bundespressekonferenz, Thema: AfD - Zu den Bu
Ein ähnliches Schicksal wie Petry und Lucke ereilte auch Jörg Meuthen (Mitte). Der 1961 in Essen geborene studierte Volkswirt wurde 2015 zu einem der zwei Bundessprecher der AfD gewählt. 2019 gelang ihm der Sieg bei der Wahl zum ersten Bundesvorsitzenden der AfD. Doch schon 2021 erklärte Meuthen, nicht erneut für den Vorsitz kandidieren zu wollen. 2022 folgte dann der endgültige Austritt aus der Partei. Der ließ sich auf seine Niederlage im Machtkampf mit Björn Höcke und den rechtsextremen Kräften innerhalb der AfD zurückführen. © M. Popow/Imago
Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (PEGIDA)
Auftrieb erhielt die AfD auch durch ihre Nähe zur Pegida-Bewegung. Die „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) demonstrierten ab 2014 in Dresden und später in weiteren Städten. Immer wieder schlossen sich AfD-Leute den Demonstrationen an, darunter 2018 in Chemnitz auch Björn Höcke. © Ralf Hirschberger/dpa
Beatrix von Storch, geborene Herzogin von Oldenburg
Auch Adel findet sich unter den Führungspersönlichkeiten der AfD: Beatrix von Storch, geborene Herzogin von Oldenburg, war einst bei der FDP und gehörte 2013 zu den Gründungsmitgliedern der AfD. Sie war von Dezember 2019 bis Juni 2022 stellvertretende Bundessprecherin ihrer Partei. Seit Oktober 2017 ist sie eine der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der Bundestagsfraktion. © Moritz Frankenberg/dpa
Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein im Sitzungssaal des schleswig-holsteinischen Landesverfassungsgerichts.
Auch Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein wurde aus der AfD ausgeschlossen. Sayn-Wittgenstein soll für einen rechtsextremistischen Verein geworben haben, der auf der sogenannten Unvereinbarkeitsliste der AfD stand. Doch die 1954 geborene Rechtsanwältin wehrte sich erfolgreich gegen den Parteiausschluss, den ein Bundesschiedsgericht 2019 beschlossen hat. Im April 2021 urteilte das Landgericht Berlin, dass der Ausschluss aufgrund formaler Fehler unwirksam sei. Damit war sie wieder Parteimitglied. Im Februar 2024 zog der AfD-Bundesvorstand seine Berufung beim Berliner Kammergericht zurück, wodurch das Urteil rechtskräftig geworden ist.  © Marcus Brandt/dpa
Alexander Gauland, heute AfD-Mitglied, früher Herausgeber der Märkischen Allgemeinen Zeitung
Ein Urgestein der AfD, das all die personellen Wechsel überstanden hat und immer noch da ist: Alexander Gauland. Geboren 1941 in Chemnitz, war Gauland vor seiner aktiven politischen Karriere Herausgeber der Märkischen Allgemeinen Zeitung (MAZ). CDU-Mitglied wurde der gelernte Jurist bereits 1973, ab 1987 übernahm er verschiedene politische Ämter, vor allem für die Union in Hessen. CDU-Mitglied blieb Gauland bis 2013, ehe er die AfD mitgründete. Im Jahr 2017 wurde Gauland Bundessprecher der AfD (bis 2019). Von 2017 bis 2021 war er neben Alice Weidel einer von zwei Fraktionsvorsitzenden der Bundestagsfraktion. 2021 gab er dieses Amt wieder ab, blieb der Partei aber als Ehrenvorsitzender erhalten. © imago
AfD-Chefin Alice Weidel
Alice Weidels Aufstieg in der AfD begann mit ihrem Parteieintritt im Jahr 2013. Zwei Jahre später wurde sie bereits in den Bundesvorstand gewählt. 2017 ernannte sie die Partei zur Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl. Im selben Jahr wurde Weidel neben Alexander Gauland Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, die sie vier Jahre lang führte. © Sebastian Kahnert/dpa
Alice Weidel wohnt mit ihrer Partnerin Sarah Bossard
Alice Weidel wohnt mit ihrer Partnerin Sarah Bossard in einer eingetragenen Partnerschaft zusammen. Das Paar hat zwei Söhne. (Archivbild) © Michael Buholzer/dpa
Tino Chrupalla bei der AfD
Neben Alice Weidel machte in den vergangenen Jahren vor allem Tino Chrupalla bei der AfD von sich reden. Einst Mitglied der Jungen Union und nach eigenen Angaben langjähriger CDU-Wähler, trat Chrupalla 2015 in die AfD ein. 2017 zog er für die Rechtspopulisten in den Bundestag ein. Im selben Jahr wurde er zu einem von fünf stellvertretenden Vorsitzenden der AfD-Bundestagsfraktion gewählt. © imago
Tino Chrupalla neben Jörg Meuthen
Im Jahr 2019 wurde Tino Chrupalla neben Jörg Meuthen zum Bundesvorsitzenden der AfD.  © Julian Stratenschulte
Alice Weidel und Tino Chrupalla
In den Wahlkampf für die Bundestagswahl 2021 zog die AfD mit einer Doppelspitze, bestehend aus Alice Weidel und Tino Chrupalla. Beide stehen seitdem als Bundessprecherin und Bundessprecher an der Spitze der Partei.  © Kay Nietfeld/dpa
Björn Höcke war zwar nie Vorsitzender der AfD,
Björn Höcke war zwar nie Vorsitzender der AfD, gilt aber dennoch als einer der einflussreichsten Personen innerhalb der rechtspopulistischen Partei. Wie Chrupalla gibt auch er an, einst überzeugter Anhänger der CDU und Mitglied der Jungen Union gewesen zu sein. 2013 trat er der AfD bei. © Christoph Soeder/dpa
Björn Höcke den AfD-Landesverband
Ebenfalls 2013 gründete Björn Höcke den AfD-Landesverband in Thüringen. Kurze Zeit später kam es zum Streit mit dem damaligen Bundesvorstand der AfD, der 2017 sogar den Parteiausschluss Höckes beantragte. Den Machtkampf mit der alten Garde der AfD gewann aber Höcke. Er ist weiterhin Parteimitglied, während Widersacher wie Bernd Lucke, Frauke Petry oder Jörg Meuthen die Partei verlassen haben. © Sebastian Kahnert/dpa
André Poggenburg in Leipzig
Anders erging es da einem einstigen Verbündeten von Björn Höcke: André Poggenburg. Gemeinsam mit Höcke hatte der ehemalige Vorsitzende der AfD Sachsen-Anhalt 2015 ein Positionspapier des „AfD-Flügels“ verfasst und damit wie Höcke den Ärger der Parteiführung auf sich gezogen. 2019 plante der AfD-Bundesvorstand, Poggenburg für zwei Jahre von allen Parteiämtern auszuschließen. Dazu kam es nicht, denn Poggenburg trat kurz darauf aus der AfD aus und gründete in alter Tradition ehemaliger AfD-Politiker eine eigene Partei unter dem Namen „Aufbruch deutscher Patrioten – Mitteldeutschland“. Inzwischen ist er parteilos. © Sebastian Willnow/dpa
AfD-Parteitag Riesa - Proteste
Mit dem Aufstieg der AfD zur bundesweiten Größe und dem Einzug in zahlreiche Landesparlamente sowie den Deutschen Bundestag mehrte sich auch der Protest gegen die Rechtspopulisten. Der AfD-Bundesparteitag in Riesa im Januar 2025 wurde von zahlreichen Demonstrationen begleitet. © Daniel Wagner/dpa
AfD-Bundesparteitag in Riesa mit Alice Weidel
Die Proteste hielten die Delegierten auf dem AfD-Bundesparteitag aber nicht davon ab, Alice Weidel zur Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl 2025 zu ernennen. Die AfD stellt damit erstmals in ihrer Geschichte eine eigene Kanzlerkandidatin. © Sebastian Kahnert/dpa

Wanderwitz verteidigt AfD-Verbotsantrag vor Bundestagswahl – „die AfD ist ausmobilisiert“

Borstel warnt mit Blick auf die Wahl im Februar, gerade die Rechtspopulisten könnten von einem Verbotsverfahren derzeit profitieren: „Der AfD könnte kaum etwas Besseres passieren.“ Unentschlossene bekämen vor der Bundestagswahl ein „Jetzt erst Recht“-Moment. Auch erklärt der Politikwissenschaftler: „Es würde von vielen wichtigen Themen, die im Wahlkampf eine Rolle spielen sollten, ablenken.“ An Parteien wie CDU, SPD, Grüne und FDP appelliert Borstel: „Es stünde den Parteien jenseits der AfD gut an, einmal selbstkritisch darüber nachzudenken, warum sie so viele Menschen – darunter auch sehr viele junge – nicht mehr erreichen.“

„Natürlich wird die AfD sich in die Märtyrerrolle begeben, aber klar ist eins, die AfD und ihre Anhänger haben sich auch so radikalisiert in den letzten Jahren und dieser Prozess wird weitergehen“, hält Wanderwitz der Befürchtung entgegen. Einen guten Zeitpunkt für ein solches Verfahren gebe es nicht „und das Dilemma dieses Verfahrens ist nun mal, es dauert Jahre, bis es zum potenziellen Erfolg führt“, erklärt der CDU-Politiker.

Der AfD-Verbotsantrag der Gruppe rund um den CDU-Politiker Marco Wanderwitz steht auf der Tagesordnung im Bundestag. (Archivbild)

Dass die Debatte über ein Verbotsverfahren der AfD im Wahlkampf zugutekommen könnte, glaubt Wanderwitz ohnehin nicht. Der CDU-Politiker geht vielmehr davon aus, „dass die AfD so oder so ausmobilisiert ist“. Dennoch weist er auf die „High Hanging Fruit“ hin, am Ende des Verbotsverfahrens diese Partei verboten zu bekommen“. Da sei er bereit, „sowas auch in Kauf zu nehmen“.

AfD-Verbotsverfahren: Verfassungsrechtler sehen Aussicht auf Erfolg – Juristen fordern Regierung zum Handeln auf

Rückendeckung für das Vorhaben bekamen die Antragssteller zuletzt auch von Juristinnen und Juristen. Ende November richteten 17 Verfassungsrechtler eine „Rechtswissenschaftliche Stellungnahme zu einem Parteiverbotsverfahren gegen die AfD“ an den Innen- und den Rechtsausschuss des Bundestags. Das Ergebnis: „Wir sind der Auffassung, dass ein solches Parteiverbotsverfahren (…) Aussicht auf Erfolg hat.“

Die Verfassungsrechtler schreiben in ihrem Gutachten: „Die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 21 Abs. 2 GG sind damit erfüllt, die rechtliche Beurteilung der Erfolgsaussichten eines Verbots fällt positiv aus. Demnach ist die AfD verfassungswidrig.“ Artikel 21 Absatz 2 des Grundgesetzes legt fest: „Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.“

Auch richteten sich zuletzt mehr als 200 Juristen in einem offenen Brief mit der Forderung nach einem AfD-Verbotsverfahren an die Bundesregierung und Abgeordnete. Demzufolge seien sämtliche Voraussetzungen für ein Verfahren gegeben. Die Juristen forderten die Adressaten auf, „Ihrer Verantwortung endlich gerecht zu werden und ohne weitere Verzögerungen ein Parteiverbotsverfahren gegen die AfD einzuleiten“.

Bundestag berät über AfD-Verbot – einen Tag nach Eklat beim Migrations-Antrag der Union

Hinter dem Antrag, der am späten Donnerstagnachmittag im Bundestag beraten werden soll, versammeln sich mehr als 120 Bundestagsabgeordnete – aus den Fraktionen von CDU/CSU, SPD, der Linken und den Grünen. Zur sofortigen Abstimmung wird es wahrscheinlich nicht kommen. Der Antrag könnte stattdessen an den Innenausschuss verwiesen werden.

Auch Abgeordnete um die Grünen-Politikerin Renate Künast haben im Bundestag einen Antrag eingebracht. Dieser sieht zunächst eine Beauftragung von Gutachtern durch die Präsidentin des Bundestags vor. Um 17.30 Uhr soll über die beiden Anträge beraten werden. Die Plenardebatte des Bundestags am Donnerstag, die sich bis in die Nachtstunden ziehen dürfte, wird mit einer Regierungserklärung von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zum Jahreswirtschaftsbericht eröffnet.

Die Debatte über ein AfD-Verbot dürfte auch vor dem Hintergrund der Entwicklung im Bundestag am Mittwoch mit Spannung erwartet werden. Die Union setzte mit Stimmen der AfD einen Bundestagsbeschluss für einen härteren Migrations-Kurs durch – und sorgte damit für einen beispiellosen Eklat. In aller Deutlichkeit verurteilten Vertreterinnen und Vertreter von SPD, Grünen und Linke die Zusammenarbeit mit den Rechtspopulisten. Einem AfD-Verbotsverfahren zum jetzigen Zeitpunkt standen zuletzt jedoch auch Politiker der SPD wie Kanzler Olaf Scholz skeptisch gegenüber.

Debatte über AfD-Verbot: SPD-Initiatorin ruft zu Unterstützung auf – „Bundestag muss den Weg freimachen“

Mitinitiatorin Carmen Wegge (SPD) hingegen rief die Abgeordneten zur Unterstützung eines AfD-Verbots auf: „Der Bundestag muss den Weg nach Karlsruhe freimachen.“ Auch Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt von den Grünen betonte die Dringlichkeit des Anliegens. Gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland erklärte sie: „Die AfD hetzt zunehmend offen gegen Menschen, die nicht in ihr Weltbild passen, und greift unseren Rechtsstaat sowie unsere Verfassung aggressiv an. Als Mitglied eines Verfassungsorgans kann ich diese Entwicklungen nicht ignorieren.“

Die Grünen-Politikerin fügte mit Blick auf die Debatte am Donnerstag hinzu: „In der kommenden Sitzungswoche müssen wir als Bundestag Verantwortung für den Schutz unserer Demokratie übernehmen und den Weg nach Karlsruhe ebnen.“ Der Bundestag kann ein Verbotsverfahren beantragen – zuständig für Verfahren und Entscheidung wäre dann das Bundesverfassungsgericht. Auch Chef der Linken-Gruppe im Bundestag, Sören Pellmann, erklärte laut dpa, die Gruppe werde für ein AfD-Verbot stimmen, falls es noch zur Abstimmung über den Antrag kommen sollte. (pav)

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