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AfD in „seltsamer Position“: Nächster Eklat um Krah und Bystron nach der Wahl programmiert?
VonFlorian Naumann
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Auftritte unerwünscht – aber der Listenplatz steht: Krah und Bystron bringen die AfD in Europa in Schwierigkeiten. Fortsetzung dürfte folgen.
„Die AfD bewegt sich von einer Provokation zur nächsten“: Auch Marine Le Pen, eines der Gesichter der hart Rechten in Europa, hatte genug gesehen – am Donnerstag (23. Mai) hat die ID-Fraktion im Europaparlament die deutschen Rechtspopulisten vor die Tür gesetzt. Offizieller Anlass waren Äußerungen von AfD-Europaspitzenkandidat Maximilian Krah. Womöglich steckte aber auch eine gute Portion Wahlkampf-Taktik dahinter, gerade bei Le Pen: Die Französin will ihr Rassemblement National als moderate Kraft in Szene setzen.
Für die AfD kann dieser Poker noch heikel werden: Die Partei hat Krah und ihren Listenplatz zwei, den Bayern Petr Bystron, im Wahlkampf vorerst ruhiggestellt. Doch die Zukunft der beiden nach der Europawahl scheint noch offen. Politikwissenschaftler Nicolai von Ondarza sieht die Rechtspopulisten nun in einer „sehr seltsamen Position“ – die nach dem Wahltag schnell in die nächste vielsagende Misere münden könnte, wie der Forschungsgruppenleiter EU der Stiftung Wissenschaft & Politik IPPEN.MEDIA erklärt. Sein Kollege Stefan Thierse von der Uni Bremen hält zudem ein durchaus brisantes Szenario für möglich.
Krah und Bystron sicher im Europaparlament: „Müsste schon ein politisches Erdbeben geben“
„Die AfD hat im Grunde beschlossen, zwei Spitzenkandidaten aus dem Wahlkampf zurückzuziehen“, erläutert von Ondarza: „Die Skandale sind da, die Listen stehen aber fest.“ Am Einzug der beiden Skandalpolitiker ins Europaparlament bestehe damit kein Zweifel. Um den zu verhindern, müsse es „jetzt schon ein politisches Erdbeben geben, mit null Prozent für die AfD“. Krah und Bystron könnten aber nach der Wahl auch intern zum Spaltpilz werden. Wenn auch eher auf Umwegen.
Denn in nahezu der ganzen EU sind die Rechtspopulisten auf dem Vormarsch – und Vertreter wie Giorgia Meloni könnten versuchen, sich den Konservativen als Mehrheitsbeschaffer anzudienen. EVP-Chef und CSU-Politiker Manfred Weber hat schon vor Wochen punktuelle Offenheit signalisiert: „Pro Europa, pro Rechtsstaat, pro Ukraine“ seien Grundpfeiler einer „Brandmauer“ gegen Rechtsradikale, sagte er. Mit Meloni könne man da durchaus zusammenarbeiten. Mit Le Pen, der AfD oder auch Melonis aktuellem Fraktionspartner PiS aus Polen nicht.
Das heißt: Nach der Wahl werden die Karten womöglich neu gemischt. Etwa, wenn sich die EKR um Meloni neu und gemäßigter formiert. Und wenn bei dort ausgesonderten Parteien oder der weiter rechtsaußen stehenden ID nach dem Wahlkampf doch Appetit auf eine neue Zusammenarbeit mit AfD-Leuten entsteht.
„Was vor der Wahl gilt, muss nicht unbedingt auch nach der Wahl gelten“, meint Thierse mit Blick auf den AfD-Ausschluss: „Nach Lage der Dinge wird die AfD in Deutschland auf jeden Fall so stark sein, dass sie genügend Abgeordnete entsendet, um in Brüssel als Partner für anderen Gruppen interessant zu sein.“ Inwiefern die AfD zur „Persona non grata“ werde, müsse man abwarten. Die Rolle rückwärts scheint ihm also denkbar.
AfD könnte Krah und Bystron nach der Europawahl „verlieren“ – oder sich auf Fraktionen aufspalten
Was aber wird mit Krah und Bystron werden? „Ich würde mich noch nicht mal wundern, wenn die AfD schon in den ersten Wochen nach der Wahl diese beiden Abgeordneten wieder verliert oder ausschließt, weil sie selbst die Konsequenzen aus den Skandalen zieht“, sagt von Ondarza. „Damit verlöre sie zwei ihrer Abgeordneten im Europaparlament direkt wieder.“
Er hält für wahrscheinlich, dass die AfD – wie früher die Abgeordneten der NPD – in Gänze in der Fraktionslosigkeit landet. Thierse hingegen deutet sogar eine mögliche Spaltung an. „Ich halte es nicht für komplett ausgeschlossen, dass sich nach der Wahl zumindest ein Teil AfD-Abgeordneten doch einer Fraktion anschließt“, sagt er. In der Wahlperiode 2014 bis 2019 seien über die AfD-Liste gewählte Parlamentarier schon einmal auf zwei unterschiedliche Fraktionen aufgeteilt gewesen. „Denkbar wäre, dass die umstrittenen Erst- und Zweitplatzierten auf der Liste, Krah und Bystron, fraktionslos bleiben und andere AfD-Abgeordnete Teil einer Fraktion werden.“
Die AfD-Spitze im Wandel der Zeit: von Bernd Lucke bis Alice Weidel
„Die ID-Gruppe will nicht länger im Zusammenhang mit den Vorfällen um Maximilian Krah, den Spitzenkandidaten der AfD für die Europawahl, stehen“, hatte die ID-Fraktion mitgeteilt. Krah hatte der italienischen Zeitung La Repubblica gesagt, nicht jeder SS-Mann sei ein Verbrecher gewesen – und sich schon zuvor Vorwürfen chinesischer Spionagetätigkeiten in seinem Umfeld ausgesetzt gesehen. Gegen Bystron laufen Ermittlungen wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit und der Geldwäsche.