Von Putin getrieben?
Pistorius auf heikler Nord-Reise: Minister an Norwegens Russland-Grenze
VonMomir Takacschließen
Boris Pistorius befindet sich gerade in Skandinavien – die russische Abhöraktion stets mit im Gepäck. In Norwegen besucht er die Grenze zu Russland.
Oslo – Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius befindet sich aktuell zu Antrittsbesuchen in skandinavischen Ländern. Der Schwerpunkt der Reise sollte eigentlich der Besuch der Übung „Nordic Response“ in Norwegen sein, an der noch bis Mitte März rund 20.000 Soldaten aus den Nato-Staaten teilnehmen. Doch eigentlich diktiert die Reise Wladimir Putin.
Reise an Grenze zu Russland, russische Abhöraktion: Boris Pistorius in Skandinavien auf heikler Mission
Pistorius werde in Schweden, Norwegen und Finnland „militärpolitische Gespräche mit seinen Amtskollegen“ führen, Kirkenes, das an der Grenze zu Russland liegt, besuchen, und an der Übung beteiligte deutsche Bundeswehr-Truppen treffen, heißt es auf der Seite des Bundesverteidigungsministeriums. Doch bevor der Minister nach Schweden aufbrach, äußerte er sich zur russischen Abhöraktion um den „Taurus“-Marschflugkörper. Er wolle die Reise trotz der Enthüllungen antreten, um Putins Spiel nicht mitzuspielen, so Pistorius am Dienstag.
Dass der Lauschangriff das Verhältnis zu den Partnern belasten könnte, verneinte Pistorius auf einer Pressekonferenz in Berlin. Deutschland werde sich durch den „hybriden Angriff“ aus Russland nicht „aufscheuchen, nicht auseinandertreiben lassen“, bekräftigte Pistorius. Die Abhöraktion sei auf einen „individuellen Anwendungsfehler“ zurückzuführen, disziplinarische Vorermittlungen gegen alle an dem Gespräch beteiligten Personen seien eingeleitet worden. Sollte bei den Ermittlungen nicht „Schlimmeres“ herauskommen, werde er keinen „meiner besten Offiziere Putins Spielen opfern“, so der SPD-Politiker.
Pistorius sieht durch russischen „Taurus“-Lauschangriff keinen Vertrauensbruch zu Nato-Partnern
Trotz des Vorfalls sei das Vertrauen in Deutschland ungebrochen, sagte Pistorius. „Alle wissen um die Gefahr solcher Abhörattacken“, betonte der Verteidigungsminister. Er hatte am Vortag Kolleginnen und Kollegen aus den Partnerländern über den Vorfall informiert. Dabei habe er „keinerlei Anzeichen“ wahrgenommen, „dass man uns in irgendeiner Weise misstraut und ich habe auch keine Verärgerung wahrgenommen“.
Erster Stopp der Reise war am Dienstag Schweden, das nach der Zustimmung Ungarns unmittelbar vor der Aufnahme in die Nato steht. In dem Land interessiert sich Pistorius vor allem für das Wehrdienst-Modell. Wegen des Ukraine-Kriegs will Pistorius die Wehrpflicht in Deutschland reaktivieren.
Pistorius informiert sich in Schweden über Wehrdienst-Modell
Am schwedischen Modell wolle er sich orientieren. Mit einer Musterungspflicht, bei der aber nicht gesamte Jahrgänge eingezogen werden, sei dieses „besonders geeignet“, sagte Pistorius in Stockholm. Sein Amtskollege Pal Jonson erklärte, sein Land ziehe etwa 5 bis 10 Prozent eines Jahrgangs ein. Das ergebe eine gute Balance zwischen Berufssoldaten und Wehrdienstleistenden und sei für viele dann Einstieg ins Militär. Bei einer Musterungsbehörde wollte sich Pistorius informieren.
Am Mittwoch reiste der Verteidigungsminister nach Norwegen weiter. Das Land besitzt im äußersten Nordosten eine Grenze zu Russland und steht mit dem Nachbarn in Konkurrenz um Ressourcen im Nordmeer und der Barentssee. Auf der Halbinsel Kola unweit der Grenze liegen auch die Stützpunkte der Nordflotte der russischen Marine, die eine hohe strategische Bedeutung haben. In Kirkenes wird Pistorius beim Besuch eines Camps des norwegischen Grenzschutzes die Grenze zu Russland inspizieren und sich über die Arbeit von Wehrdienstleistenden informieren.
Finnland spürt Bedrohung durch Russland an der Grenze
Den Abschluss der Skandinavien bildet der Besuch Finnlands. Das Land spürt die Bedrohung durch Russland deutlich. Putins Ukraine-Krieg hatte Finnland dazu bewogen, seine militärische Neutralität aufzugeben und der Nato beizutreten. Seit der Aufnahme im vergangenen Jahr steigen die Spannungen zwischen Finnland und Russland.
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Die Länder teilen sich eine etwa 1300 Kilometer lange Landgrenze. Im Dezember 2023 kündigte Putin die Verlegung von Militär in die Region östlich der Grenze an, kurz darauf kündigte er ein Grenzabkommen mit Finnland von 2012 auf. Finnland wiederum warf Moskau vor, bewusst verstärkt Migranten an die Grenze zu bringen, um das EU-Land zu destabilisieren. (mt)
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