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USA will eingefrorene russische Gelder für die Ukraine bereitstellen – stellt aber Bedingungen

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Washington der Ukraine mehr Mittel zur Verteidigung bereitstellen. Die Bedingungen könnten den Krieg gegen Russland aber torpedieren.

  • Die USA mit den G7 stehen kurz davor, endlich einen Weg zu finden, eingefrorene russische Staatsgelder in Finanzhilfe für die Ukraine umzuwandeln.
  • Die Vereinigten Staaten haben aber Bedingungen: Unter anderem darf die Ukraine die gelieferten Waffen nicht dazu nutzen, Russland direkt anzugreifen.
  • Andere Staaten halten die Beschränkungen für nicht notwendig und fordern die Regierung Bidens auf, die Auflagen zu lockern.
  • Dieser Artikel liegt erstmals in deutscher Sprache vor – zuerst veröffentlicht hatte ihn am 22. Mai 2024 das Magazin Foreign Policy.

Washington, D.C. – Die Vereinigten Staaten und andere wichtige Länder stehen kurz davor, endlich einen Weg zu finden, eingefrorene russische Staatsgelder in Finanzhilfe für die Ukraine umzuwandeln. Es wird erwartet, dass das G-7-Treffen der Finanzbeamten in dieser Woche in Italien den Grundstein für ein bahnbrechendes Abkommen im Wert von bis zu 50 Milliarden Euro legen wird.

Bedingungen für Ukraine-Hilfe: Angriffe aus Russland weiterhin Tabu

Die Bemühungen der USA, Verbündete für eine umfangreiche Finanzhilfe an die Ukraine zu gewinnen, werden jedoch durch die von der Biden-Administration bekräftigten Beschränkungen dessen, was die Ukraine mit der erhaltenen Hilfe tatsächlich tun kann, untergraben, wobei ukrainische Angriffe auf russisches Territorium für Washington nach wie vor ein Tabu sind. Diese Beschränkungen werden immer umstrittener, da Russland seine blutige Offensive gegen Charkiw fortsetzt und dabei ungestraft Truppen und Waffen auf der anderen Seite der Grenze einsetzt.

Die EU befürchtet, Donald Trump könnte sich, falls er im November wieder gewählt werden würde, gegen die Ukraine-Hilfen stellen.

Die gute Nachricht für die Ukraine ist, dass nach wochenlangem Drängen der USA die wichtigsten Mitglieder der G-7 geneigt zu sein scheinen, einen neuen Weg zur Unterstützung der Ukraine mit eingefrorenen russischen Vermögenswerten zu beschließen. Die Idee, die auf dem Treffen diese Woche in Italien erörtert und wahrscheinlich bei weiteren Treffen im Laufe des Sommers weiterentwickelt wird, besteht darin, die jährlichen Erlöse von etwa 3 Milliarden Euro aus Russlands eingefrorenem Staatsvermögen in Höhe von etwa 300 Milliarden Euro zu verwenden, um ein Darlehen für Kiew in Höhe von bis zu 50 Milliarden Euro zu zeichnen. Deutschland, das frühere Vorschläge zur Nutzung der eingefrorenen russischen Gelder nur zögerlich akzeptierte, war das letzte Land, das sich hinter die neue Initiative stellte.

„Ich glaube, dass es wichtig und dringend ist, dass wir gemeinsam einen Weg finden, um den Wert der russischen Staatsgelder, die in unseren Ländern blockiert sind, zugunsten der Ukraine freizugeben“, sagte US-Finanzministerin Janet Yellen am Dienstag (21. Mai) in einer Rede in Deutschland. „Dies wird ein zentrales Gesprächsthema bei den G-7-Treffen in dieser Woche sein“.

Neuer Plan: Pauschalbetrag statt jährliche Zahlungen an die Ukraine

Der neue Plan würde, falls er zustande kommt, ein System ersetzen, das Europa erst in diesem Monat zur Verwendung der Erlöse aus russischen Vermögenswerten fertiggestellt hat und das vorsieht, die jährlich anfallenden rund 3 Milliarden Euro zu besteuern und den Großteil dieses Geldes an die Ukraine zu schicken. Stattdessen würden die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten in Europa und Asien die Ukraine mit einem Pauschalbetrag statt mit jährlichen Zahlungen unterstützen.

Ukraine-Krieg: Die Ursprünge des Konflikts mit Russland

Menschen in Kiews feiern die Unabhängigkeit der Ukraine von der Sowjetunion
Alles begann mit dem Fall des Eisernen Vorhangs 1989. Die Öffnung der Grenzen zunächst in Ungarn leitete das Ende der Sowjetunion ein. Der riesige Vielvölkerstaat zerfiel in seine Einzelteile. Am 25. August 1991 erreichte der Prozess die Ukraine. In Kiew feierten die Menschen das Ergebnis eines Referendums, in dem sich die Bevölkerung mit der klaren Mehrheit von 90 Prozent für die Unabhängigkeit von Moskau ausgesprochen hatte. Im Dezember desselben Jahres erklärte sich die Ukraine zum unabhängigen Staat. Seitdem schwelt der Konflikt mit Russland. © Anatoly Sapronenkov/afp
Budapester Memorandum
Doch Anfang der 1990er Jahre sah es nicht danach aus, als ob sich die neuen Staaten Russland und Ukraine rund 30 Jahre später auf dem Schlachtfeld wiederfinden würden. Ganz im Gegenteil. Im Jahr 1994 unterzeichneten Russland, das Vereinigte Königreich und die USA in Ungarn das „Budapester Memorandum“ – eine Vereinbarung, in der sie den neu gegründeten Staaten Kasachstan, Belarus und der Ukraine Sicherheitsgarantien gaben.  © Aleksander V. Chernykh/Imago
Ukrainedemo, München
Als Gegenleistung traten die drei Staaten dem Atomwaffensperrvertrag bei und beseitigten alle Nuklearwaffen von ihrem Territorium. Es sah danach aus, als ob der Ostblock tatsächlich einen Übergang zu einer friedlichen Koexistenz vieler Staaten schaffen würde. Nach Beginn des Ukraine-Kriegs erinnern auch heute noch viele Menschen an das Budapester Memorandum von 1994. Ein Beispiel: Die Demonstration im Februar 2025 in München.  © Imago
Orangene Revolution in der Ukraine
Bereits 2004 wurde deutlich, dass der Wandel nicht ohne Konflikte vonstattengehen würde. In der Ukraine lösten Vorwürfe des Wahlbetrugs gegen den Russland-treuen Präsidenten Wiktor Janukowytsch Proteste  © Mladen Antonov/afp
Ukraine proteste
Die Menschen der Ukraine erreichten vorübergehend ihr Ziel. Der Wahlsieg Janukowytschs wurde von einem Gericht für ungültig erklärt, bei der Wiederholung der Stichwahl setzte sich Wiktor Juschtschenko durch und wurde neuer Präsident der Ukraine. Die Revolution blieb friedlich und die Abspaltung von Russland schien endgültig gelungen. © Joe Klamar/AFP
Wiktor Juschtschenko ,Präsident der Ukraine
Als der Moskau kritisch gegenüberstehende Wiktor Juschtschenko im Januar 2005 Präsident der Ukraine wurde, hatte er bereits einen Giftanschlag mit einer Dioxinvariante überlebt, die nur in wenigen Ländern produziert wird – darunter Russland. Juschtschenko überlebte dank einer Behandlung in einem Wiener Krankenhaus.  © Mladen Antonov/afp
Tymoschenko Putin
In den folgenden Jahren nach der Amtsübernahme hatte Juschtschenko vor allem mit Konflikten innerhalb des politischen Bündnisses zu kämpfen, das zuvor die demokratische Wahl in dem Land erzwungen hatte. Seine Partei „Unsere Ukraine“ zerstritt sich mit dem von Julija Tymoschenko geführten Parteienblock. Als Ministerpräsidentin der Ukraine hatte sie auch viel mit Wladimir Putin zu tun, so auch im April 2009 in Moskau. © Imago
Das Bündnis zerbrach und Wiktor Janukowitsch nutzte bei der Präsidentschaftswahl 2010 seine Chance.
Das Bündnis zerbrach und Wiktor Janukowytsch nutzte bei der Präsidentschaftswahl 2010 seine Chance. Er gewann die Wahl mit knappem Vorsprung vor Julija Tymoschenko. Amtsinhaber Wiktor Juschtschenko erhielt gerade mal fünf Prozent der abgegebenen Stimmen.  © Yaroslav Debely/afp
Proteste auf dem Maidan-Platz in Kiew, Ukraine, 2014
Präsident Wiktor Janukowytsch wollte die Ukraine wieder näher an Russland führen – auch aufgrund des wirtschaftlichen Drucks, den Russlands Präsident Wladimir Putin auf das Nachbarland ausüben ließ. Um die Ukraine wieder in den Einflussbereich Moskaus zu führen, setzte Janukowytsch im November 2013 das ein Jahr zuvor verhandelte Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union aus.  © Sergey Dolzhenko/dpa
Maidan-Proteste Ukraine
Es folgten monatelange Massenproteste in vielen Teilen des Landes, deren Zentrum der Maidan-Platz in Kiew war. Organisiert wurden die Proteste von einem breiten Oppositionsbündnis, an dem neben Julija Tymoschenko auch die Partei des ehemaligen Boxweltmeisters und späteren Bürgermeisters von Kiew, Vitali Klitschko, beteiligt waren. © Sandro Maddalena/AFP
Proteste auf dem Maidan-Platz in Kiew, der Hauptstadt der Ukraine
Die Forderung der Menschen war eindeutig: Rücktritt der Regierung Janukowiysch und vorgezogene Neuwahlen um das Präsidentenamt. „Heute ist die ganze Ukraine gegen die Regierung aufgestanden, und wir werden bis zum Ende stehen“, so Vitali Klitschko damals. Die Protestbewegung errichtete mitten auf dem Maidan-Platz in Kiew ihr Lager. Janukowytsch schickte die Polizei, unterstützt von der gefürchteten Berkut-Spezialeinheit. Es kam zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, die über mehrere Monate andauerten. © Sergey Dolzhenko/dpa
Der Platz Euromaidan in Kiew, Hauptstadt der Ukraine, ist nach den Protesten verwüstet.
Die monatelangen Straßenkämpfe rund um den Maidan-Platz in Kiew forderten mehr als 100 Todesopfer. Etwa 300 weitere Personen wurden teils schwer verletzt. Berichte über den Einsatz von Scharfschützen machten die Runde, die sowohl auf die Protestierenden als auch auf die Polizei gefeuert haben sollen. Wer sie schickte, ist bis heute nicht geklärt. Petro Poroschenko, Präsident der Ukraine von 2014 bis 2019, vertrat die These, Russland habe die Scharfschützen entsendet, um die Lage im Nachbarland weiter zu destabilisieren. Spricht man heute in der Ukraine über die Opfer des Maidan-Protests, nennt man sie ehrfürchtig „die Himmlischen Hundert“. © Sergey Dolzhenko/dpa
Demonstranten posieren in der Villa von Viktor Janukowitsch, ehemaliger Präsident der Ukraine
Nach rund drei Monaten erbittert geführter Kämpfe gelang dem Widerstand das kaum für möglich Gehaltene: Die Amtsenthebung Wiktor Janukowytschs. Der verhasste Präsident hatte zu diesem Zeitpunkt die UKraine bereits verlassen und war nach Russland geflohen. Die Menschen nutzten die Gelegenheit, um in der prunkvollen Residenz des Präsidenten für Erinnerungsfotos zu posieren. Am 26. Februar 2014 einigte sich der „Maidan-Rat“ auf eigene Kandidaten für ein Regierungskabinett. Präsidentschaftswahlen wurden für den 25. Mai anberaumt. Die Ukraine habe es geschafft, eine Diktatur zu stürzen, beschrieb zu diesem Zeitpunkt aus der Haft entlassene Julija Tymoschenko die historischen Ereignisse.  © Sergey Dolzhenko/dpa
Ein Mann stellt sich in Sewastopol, eine Stadt im Süden der Krim-Halbinsel, den Truppen Russlands entgegen.
Doch der mutmaßliche Frieden hielt nicht lange. Vor allem im Osten der Ukraine blieb der Jubel über die Absetzung Janukowytschs aus. Gouverneure und Regionalabgeordnete im Donbass stellten die Autorität des Nationalparlaments in Kiew infrage. Wladimir Putin nannte den Umsturz „gut vorbereitet aus dem Ausland“. Am 1. März schickte Russlands Präsident dann seine Truppen in den Nachbarstaat. Wie Putin behauptete, um die russischstämmige Bevölkerung wie die auf der Krim stationierten eigenen Truppen zu schützen. In Sewastopol, ganz im Süden der Halbinsel gelegen, stellte sich ein unbewaffneter Mann den russischen Truppen entgegen. Aufhalten konnte er sie nicht. © Viktor Drachev/afp
Bürgerkrieg in Donezk, eine Stadt im Donbas, dem Osten der Ukraine
Am 18. März 2014 annektierte Russland die Halbinsel Krim. Kurz darauf brach im Donbass der Bürgerkrieg aus. Mit Russland verbündete und von Moskau ausgerüstete Separatisten kämpften gegen die Armee und Nationalgarde Kiews. Schauplatz der Schlachten waren vor allem die Großstädte im Osten der Ukraine wie Donezk (im Bild), Mariupol und Luhansk. © Chernyshev Aleksey/apf
Prorussische Separatisten kämpfen im Donbas gegen Einheiten der Ukraine
Der Bürgerkrieg erfasste nach und nach immer mehr Gebiete im Osten der Ukraine. Keine der Parteien konnte einen nachhaltigen Sieg erringen. Prorussische Separatisten errichteten Schützengräben, zum Beispiel nahe der Stadt Slawjansk. Bis November 2015 fielen den Kämpfen laut Zahlen der Vereinten Nationen 9100 Menschen zum Opfer, mehr als 20.000 wurden verletzt. Von 2016 an kamen internationalen Schätzungen zufolge jährlich bis zu 600 weitere Todesopfer dazu. © Michael Bunel/Imago
Trümmer von Flug 17 Malaysian Airlines nach dem Abschuss nahe Donezk im Osten der Ukraine
Aufmerksam auf den Bürgerkrieg im Osten der Ukraine wurde die internationale Staatengemeinschaft vor allem am 17. Juli 2014, als ein ziviles Passagierflugzeug über einem Dorf nahe Donezk abstürzte. Alle 298 Insassen kamen ums Leben. Die Maschine der Fluggesellschaft Malaysian Airlines war von einer Boden-Luft-Rakete getroffen worden. Abgefeuert hatte die Rakete laut internationalen Untersuchungen die 53. Flugabwehrbrigade der Russischen Föderation. In den Tagen zuvor waren bereits zwei Flugzeuge der ukrainischen Luftwaffe in der Region abgeschossen worden. © ITAR-TASS/Imago
Russlands Präsident Putin (l.), Frankreichs Präsident Francois Hollande, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Petro Poroschenko in Minsk
Die Ukraine wollte den Osten des eigenen Landes ebenso wenig aufgeben wie Russland seine Ansprüche darauf. Im September 2014 kamen deshalb auf internationalen Druck Russlands Präsident Putin (l.), Frankreichs Präsident François Hollande, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Petro Poroschenko in Minsk zusammen. In der belarussischen Hauptstadt unterzeichneten sie das „Minsker Abkommen“, das einen sofortigen Waffenstillstand und eine schrittweise Demilitarisierung des Donbass vorsah. Die OSZE sollte die Umsetzung überwachen, zudem sollten humanitäre Korridore errichtet werden. Der Waffenstillstand hielt jedoch nicht lange und schon im Januar 2015 wurden aus zahlreichen Gebieten wieder Kämpfe gemeldet. © Mykola Lazarenko/afp
Wolodymyr Selenskyj feiert seinen Sieg bei der Präsidentschaftswahl in der Ukraine 2019
Während die Ukraine im Osten zu zerfallen drohte, ereignete sich in Kiew ein historischer Machtwechsel. Wolodymyr Selenskyj gewann 2019 die Präsidentschaftswahl und löste Petro Poroschenko an der Spitze des Staates ab.  © Genya Savilov/afp
Wolodymyr Selenskyj
Selenskyj hatte sich bis dahin als Schauspieler und Komiker einen Namen gemacht. In der Comedy-Serie „Diener des Volkes“ spielte Selenskyj von 2015 bis 2017 bereits einen Lehrer, der zunächst Youtube-Star und schließlich Präsident der Ukraine wird. Zwei Jahre später wurde die Geschichte real. Selenskyj wurde am 20. Mai 2019 ins Amt eingeführt. Kurz darauf löste der bis dato parteilose Präsident das Parlament auf und kündigte Neuwahlen an. Seine neu gegründete Partei, die er nach seiner Fernsehserie benannte, erzielte die absolute Mehrheit.  © Sergii Kharchenko/Imago
Russische Separatisten in der Ost-Ukraine
Selenskyj wollte nach seinem Wahlsieg die zahlreichen innenpolitischen Probleme der Ukraine angehen: vor allem die Bekämpfung der Korruption und die Entmachtung der Oligarchen. Doch den neuen, russland-kritischen Präsidenten der Ukraine holten die außenpolitischen Konflikte mit dem Nachbarn ein. © Alexander Ryumin/Imago
Ukraine Militär
Im Herbst 2021 begann Russland, seine Truppen in den von Separatisten kontrollierte Regionen in der Ost-Ukraine zu verstärken. Auch an der Grenze im Norden zog Putin immer mehr Militär zusammen. Selenskyj warnte im November 2021 vor einem Staatsstreich, den Moskau in der Ukraine plane. Auch die Nato schätzte die Lage an der Grenze als höchst kritisch ein. In der Ukraine wurden die Militärübungen forciert. © Sergei Supinsky/AFP
Putin
Noch drei Tage bis zum Krieg: Am 21. Februar 2022 unterzeichnet der russische Präsident Wladimir Putin verschiedene Dekrete zur Anerkennung der Unabhängigkeit der Volksrepubliken Donezk und Lugansk. © Alexey Nikolsky/AFP
Explosion in Kiew nach Beginn des Ukraine-Kriegs mit Russland
Am 24. Februar 2022 wurde der Ukraine-Konflikt endgültig zum Krieg. Russische Truppen überfielen das Land entlang der gesamten Grenze. Putins Plan sah eine kurze „militärische Spezialoperation“, wie die Invasion in Russland genannt wurde, vor. Die ukrainischen Streitkräfte sollten mit einem Blitzkrieg in die Knie gezwungen werden. Moskau konzentrierte die Attacken auf Kiew. Innerhalb weniger Tage sollte die Hauptstadt eingenommen und die Regierung Selenskyjs gestürzt werden. Doch der Plan scheiterte und nach Wochen intensiver Kämpfe und hoher Verluste in den eigenen Reihen musste sich die russische Armee aus dem Norden des Landes zurückziehen. Putin konzentrierte die eigene Streitmacht nun auf den Osten der Ukraine. © Ukrainian President‘s Office/Imago
Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, bei einer Fernsehansprache aus Kiew
Seit Februar 2022 tobt nun der Ukraine-Krieg. Gesicht des Widerstands gegen Russland wurde Präsident Wolodymyr Selenskyj, der sich zu Beginn des Konflikts weigerte, das Angebot der USA anzunehmen und das Land zu verlassen. „Ich brauche Munition, keine Mitfahrgelegenheit“, sagte Selenskyj. Die sollte er bekommen. Zahlreiche westliche Staaten lieferten Ausrüstung, Waffen und Kriegsgerät in die Ukraine. Hunderttausende Soldaten aus beiden Ländern sollen bereits gefallen sein, ebenso mehr als 10.000 Zivilpersonen. Ein Ende des Kriegs ist nach wie vor nicht in Sicht. © Ukraine Presidency/afp

Dies würde dazu beitragen, die enormen finanziellen Belastungen der Ukraine mittelfristig zu bewältigen, und würde auch einen Teil der künftigen Hilfe für die Ukraine von möglichen politischen Umwälzungen in den Vereinigten Staaten nach den Präsidentschaftswahlen im November abschirmen. Der designierte republikanische Kandidat Donald Trump hat eine gemischte Bilanz in Bezug auf die Ukraine und hat sich immer wieder darüber beschwert, dass die Vereinigten Staaten mehr als Europa tun, um das Land in seinem Kampf gegen Russland zu unterstützen.

Entscheidung über Ukraine-Hilfen: Geld wäre Trump-sicher

„Der Vorteil ist, dass man das Geld für die Ukraine jetzt bekommt, und es wäre teilweise Trump-sicher“, sagte Charles Lichfield, stellvertretender Direktor des Geoeconomics Center beim Atlantic Council.

Es sei kein Zufall, dass sich Europa gerade jetzt für diese abgeschwächte Form des Zugriffs auf eingefrorene russische Gelder entscheide, fügte er hinzu. Europa zögerte, weitere Maßnahmen zur Unterstützung der Ukraine zu ergreifen, während die US-Hilfe eingefroren blieb. Aber republikanische Gesetzgeber in den Vereinigten Staaten haben nach monatelanger Verzögerung endlich Milliarden von Dollar an Hilfe für die Ukraine freigegeben und damit einen möglichen europäischen Einwand gegen einen Schritt beseitigt, den einige Länder immer noch als Risiko für russische Vergeltungsmaßnahmen ansehen.

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Diese europäischen Befürchtungen erklären, warum die Vereinigten Staaten und das Vereinigte Königreich nicht in der Lage waren, viel Unterstützung für ehrgeizigere Pläne zur Beschlagnahme des gesamten eingefrorenen russischen Vermögens zur Unterstützung der Ukraine aufzubringen. Die Vereinigten Staaten haben gerade ein neues Gesetz verabschiedet, das ihr Recht bekräftigt, Russlands Vermögen zu beschlagnahmen, aber der Großteil dieses Geldes befindet sich in Europa, was ein einseitiges Vorgehen der USA unwahrscheinlich und ineffektiv macht. Viele europäische Länder sind besorgt, dass jeder Schritt zur Beschlagnahme des gesamten eingefrorenen russischen Vermögens Vergeltungsmaßnahmen aus Moskau auslösen und die Attraktivität des Euro als internationale Reservewährung gefährden könnte.

Russland beschlagnahmt Vermögenswerte: Auch westliche Institute wie die Deutsche Bank sind darunter

Aber Moskau wartet nicht auf einen Vorwand, um sich westliche Vermögenswerte unter allen Umständen zu schnappen. In den letzten Wochen hat Russland Hunderte von Millionen Dollar an Vermögenswerten westlicher Banken in Russland beschlagnahmt, darunter J.P. Morgan, Deutsche Bank, Commerzbank und UniCredit. Moskau hat auch westliche Unternehmen, die das Land aufgrund von Sanktionen verlassen haben, um mehr als 1 Milliarde Dollar erleichtert und greift auch weiterhin nach dem Geld von Unternehmen wie IKEA, die ihre Geschäftstätigkeit in Russland eingestellt haben.

Zum jüngsten Plan, russische Gelder zu verwenden, gibt es noch eine Reihe von Fragen, u. a. zum Umfang des Kredits, zum zeitlichen Rahmen der künftigen Einnahmen, die für die Rückzahlung verwendet werden sollen, und dazu, ob der Kredit von der gesamten G-7 oder nur von den Vereinigten Staaten gezeichnet werden soll.

Der vielleicht schwierigste Teil der Umwandlung zukünftiger Einnahmen in aktuelles Geld ist die Tatsache, dass die Europäische Union ihre Sanktionen gegen Russland alle sechs Monate erneuern muss. Das könnte einen Schatten auf die Frage werfen, wie sicher die künftigen Einnahmen sind, mit denen ein Kredit abgesichert werden soll, so Lichfield. Diese Ungewissheit könnte das Risikoprofil eines von den Vereinigten Staaten oder anderen großen Volkswirtschaften gezeichneten Darlehens erhöhen.

Die Ukraine braucht die Unterstützung des Westens. Die USA unter Präsident Joe Biden versprechen Hilfe.

„Um diese Einnahmen für 20 Jahre zu sichern, müsste man das EU-Recht ändern - es kann nicht sein, dass es alle sechs Monate erneuert werden muss“, sagte er.

Die von den USA angestrebten Fortschritte bei der Bereitstellung von mehr Hilfe für die Ukraine werden jedoch durch die anhaltenden Beschränkungen untergraben, die die Vereinigten Staaten und einige andere westliche Verbündete in Bezug darauf auferlegt haben, was genau die Ukraine mit der erhaltenen Militärhilfe tun kann.

Washington hat die Ukraine seit Beginn des Konflikts gewarnt, dass es Kiew nicht gestatten wird, von den USA gelieferte Waffen für Angriffe auf Ziele außerhalb der Ukraine zu verwenden, ein Verbot, das den Nutzen von Langstreckenwaffen wie dem kürzlich gelieferten ATACMS, einem Raketensystem der Armee, stark einschränkt. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hat dieses Verbot in dieser Woche bekräftigt, obwohl russische Streitkräfte, die außerhalb der Reichweite der Ukraine stationiert sind, in Orten wie Charkiw Tod und Zerstörung säen. Washington hat sogar versucht, das Verbot auf den Einsatz eigener Waffen durch die Ukraine auszudehnen und missbilligt Drohnenangriffe mit großer Reichweite auf wichtige Ziele innerhalb Russlands, obwohl das Weiße Haus einräumt, dass „die Ukraine ihre eigenen Entscheidungen über ihre militärischen Operationen und den Einsatz der von ihr hergestellten Ausrüstung trifft“.

Washington ist vorsichtig: Angst vor nuklearer Eskalation des Ukraine-Kriegs

Aus der Sicht Washingtons ist die vorsichtige Vorgehensweise sinnvoll, wenn man es mit einem nuklear bewaffneten Staat zu tun hat, der wiederholt mit einer Eskalation des Krieges gedroht hat, falls die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten die Fähigkeit der Ukraine zur Selbstverteidigung weiter verstärken. Diese Befürchtung ist nicht trivial: Russland hat erst diese Woche den Beginn eines Atomkriegs geprobt, angeblich als Reaktion auf die verstärkte Beteiligung des Westens an der Verteidigung der Ukraine. Doch das Ziel der Regierung Biden, die Ukraine vor einer Niederlage und gleichzeitig vor einer Ausweitung des Krieges zu bewahren, führt in eine logische Sackgasse.

„Sie wollen nicht, dass die Ukraine fällt, aber sie haben auch die Priorität, den Krieg in Grenzen zu halten“, sagte Edward Hunter Christie, ein leitender Wissenschaftler am Finnish Institute of International Affairs. „Der Geistesvirus, der sich eingenistet hat, besagt, dass man den Krieg durch den Einsatz von Militärhilfe kontrollieren kann - hochdrehen, runterdrehen - aber die US-Regierung hat sich selbst auf diesen Drahtseilakt eingelassen, bei dem sie Angst hat, auf eine der beiden Seiten zu fallen.“

Großbritannien bleibt locker: Ukraine kann gelieferte Waffen von Großbritannien eigenständig nutzen

Das Vereinigte Königreich seinerseits hat solche Grenzen scheinbar aufgehoben. Außenminister David Cameron sagte Anfang des Monats, die Ukraine könne die von Großbritannien gelieferten Waffen nach eigenem Ermessen einsetzen. Aber die Grenzen der USA bleiben bestehen.

Das Problem mit den US-Beschränkungen ist durch den russischen Angriff auf Charkiw, eine große ukrainische Stadt direkt an der russischen Grenze, deutlich geworden. Aufgrund der US-Beschränkungen sind die ukrainischen Streitkräfte nicht in der Lage, russische Truppen jenseits der Grenze zu stoppen, was zu mehr Zerstörung und mehr ukrainischen Todesopfern führt.

Dies wiederum hat eine Reihe von US-Gesetzgebern dazu veranlasst, die Regierung Biden aufzufordern, ihre Beschränkungen für den ukrainischen Einsatz von US-Waffen zu lockern. Eine parteiübergreifende Gruppe von Abgeordneten des Repräsentantenhauses sandte diese Woche einen Brief an Austin, der von einem ähnlichen Appell von Senator James Risch, dem ranghöchsten Mitglied des Ausschusses für auswärtige Beziehungen des Senats, aufgegriffen wurde. Der Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, und andere prominente Persönlichkeiten, darunter der ehemalige US-Botschafter in Russland, Mike McFaul, haben die fortgesetzten US-Beschränkungen öffentlich in Frage gestellt. Sogar ein Gesetzgeber, der die US-Hilfe für die Ukraine blockiert hat, der Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, stellt die Beschränkungen der Regierung Biden für die Ukraine in Frage.

„Die Debatte ist jetzt wegen Charkiw in vollem Gange. Jeder kann jetzt sehen, wie absurd und schädlich diese Vorbehalte für die Ukraine sind“, sagte Christie, der früher auch ein NATO-Beamter war. „Wir befinden uns weiterhin in einer Situation, in der die Ukraine mit einer Hand auf dem Rücken kämpfen muss.“

Zum Autor

Keith Johnson ist Reporter bei Foreign Policy und berichtet über Geowirtschaft und Energie. Twitter (X): @KFJ_FP

Wir testen zurzeit maschinelle Übersetzungen. Dieser Artikel wurde aus dem Englischen automatisiert ins Deutsche übersetzt.

Dieser Artikel war zuerst am 22. Mai 2024 in englischer Sprache im Magazin „ForeignPolicy.com“ erschienen – im Zuge einer Kooperation steht er nun in Übersetzung auch den Lesern der IPPEN.MEDIA-Portale zur Verfügung.

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