Steve Witkoff in Tucker Carlson Show, Hintergund wie Jagdhütte eingerichtet
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Steve Witkoff, US-Sondergesandter für die Ukraine, in einem pro-russischem Interview in der Tucker Carlson-Show.

„Von Russland regiert werden will“

Auf Putin-Linie: Trumps Sondergesandter schockiert die Ukraine mit Interview

  • Kathrin Reikowski
    VonKathrin Reikowski
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Der Sondergesandte der Ukraine, Witkoff, äußert sich in einem Gespräch mit dem rechtsextremen Moderator Tucker Carlson mehrmals zugunsten Russlands.

Washington D.C. – Der ehemalige Fox News-Moderator Tucker Carlson zählt zu den von Donald Trump am meisten geschätzten Journalisten. Carlson war bereits Moderator im russischen Staats-TV und teilt in vielen Punkten die Meinung und Sicht auf die Welt von Wladimir Putin. In der Tucker-Carlson-Show, die in den USA unter anderem auf YouTube abrufbar ist, führte er jetzt ein Interview mit dem US-Sondergesandten für die Ukraine, Steve Witkoff, in dem sich die beiden durchgängig einig sind. Einige der Aussagen Witkoffs stoßen nicht nur in der Ukraine auf blankes Entsetzen.

Im Zentrum steht eine Aussage, die Witkoff gegen Ende des Interviews tätigte: „Ich glaube, das größte Problem in diesem Konflikt sind die vier Regionen: Donbass, die Krim, Luhansk, … Sie kennen die Namen“, sagt er, ohne als Sondergesandter die vier besetzten Gebiete in der Ukraine zu benennen. „Und es gibt noch zwei andere. Die sind russischsprachig, und sie hatten Referenden, wo die große Mehrheit der Leute angegeben hat, dass sie von Russland regiert werden will. Und ich denke, das ist der Kern des Problems.“

Der Trump-Sondergesandte Steve Witkoff macht sich Russlands Argument zu eigen

Die USA seien dabei, dieses Problem zu lösen und es gebe sehr positive Gespräche dazu. Russland kontrolliere die Regionen ja auch, meint Carlson, Witkoff beipflichtend. Sie seien aus russischer Perspektive bereits ein Teil von Russland. „Das ist korrekt. Und das war schon immer das Problem“, meint Witkoff. Es müsse noch viel geklärt werden. Ein weiterer Punkt sei, ob der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj es politisch überleben würde, wenn er dies zugibt.

Nicht nur in diesem Moment des Interviews ist Witkoff anzusehen, dass er sich ganz darauf verlässt, auch bei einem Aussetzer von seinem Gegenüber Carlson nicht kritisch befragt zu werden. Das Gespräch der beiden läuft weiter, ohne dass die besetzten Regionen korrekt benannt sind.

Aktuell sind in der Ukraine die Regionen Donezk, Luhansk, Saporischja und Cherson teilweise von Russland besetzt, die Krim ist dies bereits seit 2014 – als Russland während der Winterspiele in Sotschi die Krim besetzen ließ. Die Referenden hatte Russland in Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischja abhalten lassen. Sie werden aufgrund der undemokratischen Vorgehensweise Scheinreferenden genannt und sind international nicht anerkannt.

Trump und Putin: Die Geschichte ihrer Beziehung in Bildern

Wandbild Putin Trump Litauen
Einen besseren US-Präsidenten als Donald Trump kann sich Kremlchef Wladimir Putin gar nicht wünschen: So könnte dieses Wandbild in der litauischen Hauptstadt Vilnius interpretiert werden. Bemerkenswert: Es ist eine Aufnahme aus dem Mai 2016, als Trump nicht gar nicht im Amt war. Offenbar schwante den Menschen in Litauen schon damals Böses. © Petras Malukas/AFP
Trump telefoniert mit Putin
Trump hat seit Jahren einen guten Draht zu Putin. Am 28. Januar 2017 telefonierte er im Oval Office des Weißen Hauses zum ersten Mal mit dem russischen Präsidenten. © Mandel Ngan/AFP
Wachsfiguren von Trump und Putin
Schon damals standen sie sich auch in Wachsfigurenkabinetten nahe, so auch in Sofia (Bulgarien). © Valentina Petrova/dpa
G20-Gipfel - Trump trifft Putin
Das erste persönliche und extrem heikle Treffen mit Putin wickelte Trump beim G20-Gipfel in Hamburg im Juli 2017 unfallfrei ab. Im Kreml wie im Weißen Haus herrschten anschließend Optimismus und Zufriedenheit.  © Evan Vucci/dpa
G20 Summit - Demonstration
Aktivisten von Oxfam standen dem G20-Gipfel kritisch gegenüber. Mit ihrer Aktion wollten sie auf den Abzweig zwischen mehr sozialer Ungleichheit und weniger Armut hinzuweisen. Sie trugen Masken von Theresa May, Donald Trump, Shinzō Abe, Emmanuel Macron, Angela Merkel, Justin Trudeau, Wladimir Putin, und Jacob Zuma. © Michael Kappeler/dpa
G20-Gipfel - Trump trifft Putin
„Der Fernseh-Trump unterscheidet sich sehr vom realen Menschen,“ sagte Putin nach dem G20-Gipfel in Hamburg vor der Presse über seinen US-Kollegen Donald Trump. © Steffen Kugler/dpa
Apec-Gipfel in Vietnam
Ein zweites Mal trafen sich Trump und Putin am Rande des Gipfels der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (Apec) im vietnamesischen Da Nang. © dpa
Putin trifft Trump beim Apec-Gipfel in Vietnam
Beide Präsidenten stimmten damals überein, dass das Verhältnis ihrer Länder nicht gut sei. Putin sah weiter eine tiefe Krise. Russland sei aber bereit, „eine neue Seite aufzuschlagen, vorwärtszugehen, in die Zukunft zu schauen“. © Mikhail Klimentyev
Trump Putin Da Nang
„Wenn wir ein Verhältnis zu Russland hätten, das wäre eine gute Sache“, sagte Trump. Sein persönliches Verhältnis zu Putin sei gleichwohl in sehr gutem Zustand, obwohl man sich nicht gut kenne. © Jorge Silva/AFP
Helsinki-Gipfel
Im Juli 2018 kamen Trump und Putin in Helsinki zu ihrem ersten offiziellen Gipfel zusammen.  © Heikki Saukkomaa/dpa
USA Ausstieg aus INF-Abrüstungsvertrag
Sie begrüßten sich mit einem kurzen, doch kräftigen Händedruck. „Es ist an der Zeit, detailliert über unsere bilateralen Beziehungen zu sprechen und über die schmerzhaften Punkte auf der Welt. Davon gibt es sehr viele“, sagte Putin. Trump betonte: „Die Welt möchte, dass wir miteinander auskommen.“ © Alexander Zemlianichenko/dpa
Helsinki
Während des Gipfeltreffens gingen in Helsinki mehrere Hundert Menschen aus Protest auf die Straßen. Dabei machten sie auf eine Reihe von Missständen aufmerksam.  © Joonas SaloIlta-Sanomat/Imago
Melania Trump
Auch First Lady Melania Trump war in Helsinki mit von der Partie. © Alexei Nikolsky/AFP
Trump und Putin
Trump äußerte sich hinterher zufrieden über sein Treffen mit Putin: „Der Dialog ist sehr gut verlaufen“, sagte er bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Putin. „Ein produktiver Dialog ist nicht nur gut für die Vereinigten Staaten und Russland, sondern für die Welt.“ © Brendan Smialowski/AFP
Proteste gegen Treffen von Trump und Putin
Derweil protestierten die Menschen auch im fernen Washington, D.C., gegen das Treffen. Unter anderem hielt eine Frau vor dem Weißen Haus ein Schild in die Höhe, auf dem die beiden Präsidenten karikiert waren.  © Andrew Harnik/dpa
100. Jahrestag Waffenstillstand Erster Weltkrieg
Im November 2018 nahmen Trump und Putin an einer Gedenkfeier anlässlich des Endes des Ersten Weltkriegs in Paris teil. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron lud damals zum Spitzentreffen ein. © Ludovic Marin/AFP
Erster Weltkrieg - Waffenstillstand 1918
Auch vor Ort waren First Lady Melania Trump (links), die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel und Brigitte Macron, die Ehefrau des französischen Präsidenten. © Francois Mori/dpa
Beginn des G20-Gipfels
Kurz danach trafen Trump und Putin beim G20-Gipfel in Buenos Aires erneut aufeinander. © Ralf Hirschberger/dpa
G20-Gipfel in Argentinien
Die Gespräche wurden von der Eskalation zwischen Russland und der Ukraine um einen Seezwischenfall vor der Krim überschattet. Deshalb sagte Trump ein direktes Treffen mit Putin am Rande des Gipfels kurzfristig ab.  © dpa
Japan, Osaka
Im Juni 2019 trafen Trump und Putin beim G20-Treffen im japanischen Osaka zusammen. © Imago
Osaka 2019
Trump wurde dabei von einem Reporter angesprochen, ob er Putin bei ihrem gemeinsamen Treffen auch sagen werde, dass sich der Kremlchef nicht in die US-Wahlen einzumischen habe. Trump beugte sich zu Putin und sagte: „Mische Dich nicht in unsere Wahlen ein“ – ein Lächeln glitt dabei über Trumps Gesicht. Die Aktion war allerdings nicht ganz ernst gemeint. © Brendan Smialowski/AFP
Osaka 2019
Trump nannte das Verhältnis zu Putin „sehr, sehr gut“.  © Brendan Smialowski/AFP
Trump Putin
Am Ende seiner ersten Amtszeit musste sich Trump wegen Machtmissbrauchs und Behinderung der Ermittlungen im Senat verantworten. Hintergrund war die sogenannte Ukraine-Affäre. Viele Menschen in den USA sahen Trump als Verräter – und Putin als Feind. © Olivier Douliery/AFP
Ukrainekrieg - Anti-Kriegsprotest in New York
Im Januar 2025 kam Trump zum zweiten Mal an die Macht. Im Ukraine-Krieg stellte er sich auf die Seite von Putin. Das rief Proteste hervor. Auch am Times Square in New York galt: Trump ist ein Verräter. © Adam Gray/dpa
Trump Putin
Trump sucht dennoch weiter die Nähe zu Putin. Nach offiziellen Angaben haben beide im Februar 2025 ein erstes Mal miteinander telefoniert, seit der US-Präsident wieder im Amt ist. Vor dem zweiten Gespräch am 18. März verkündete Trump: „Ich freue mich sehr auf das Gespräch mit Präsident Putin.“ Auch danach telefonierte er noch mehrmals mit seinem russischen Amtskollegen. © Alexander Nemenow/AFP
Trump und Putin
Am 15. Augsut 2025 kam es zum Gipfel zwischen Trump und Putin in Alaska. Es handelte sich um das erste persönliche Treffen der beiden Staatschefs seit Putins Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022. Das Treffen fand in der Stadt Anchorage statt. Am Ende gab es von beiden Staatschefs nichts Konkretes. © Andrew Caballero-Reynolds/AFP

Darum ist Witkoffs Ukraine-Aussage zu Cherson, Luhansk, Donezk und Saporischja nicht demokratisch

Die von Witkoff angesprochenen Referenden hatten während des Krieges zwischen Russland und der Ukraine in den von Russland besetzten und vom Krieg zerstörten Regionen stattgefunden. Viele der Bewohner waren bereits vor dem Krieg – und damit vor Russland - geflüchtet. Die noch in der Regionen Lebenden konnten sich nicht frei über die Referenden äußern, aus Angst vor Gewalt durch die russischen Besatzer. Es gibt aber Berichte, wonach die Menschen gezwungen wurden, an den Referenden teilzunehmen und sich für Russland auszusprechen – sodass der Anteil der tatsächlich für Russland votierenden Bevölkerung weitaus geringer sein dürfte.

All dies wird nun vom Sonderbeauftragten der bisher für Demokratie einstehenden USA nicht angesprochen. Und es wird auch - so auffällig, dass sich auch viele Kommentare unter dem Video um dieses Thema drehen - journalistisch nicht von Tucker Carlson eingeordnet.

Entsetzen in der Ukraine: „Fest der glänzenden außenpolitischen Idiotie“

In der Ukraine herrscht Entsetzen über die Aussagen von Witkoff zu den vier besetzten Regionen – die immerhin wenige Tage vor Verhandlungen um einen Waffenstillstand zwischen der Ukraine und Russland getätigt wurden. Die Gespräche in Saudia-Arabien werden von den USA moderiert.

„Es ist schwer bis unmöglich, politisch inkompetenter zu sein als Donald Trump. Steve Witkoff befindet sich aber zumindest definitiv im gleichen Inkompetenzbereich. Sein Interview mit Carlson ist wirklich ein atemberaubendes Fest der glänzenden außenpolitischen Idiotie“, schreibt der ukrainische Journalist Denis Trubetskoy auf X. Und in einem weiteren Post: „Es mag banal klingen, muss aber wiederholt werden: Nicht mal die Russen selbst glauben im Ernst, es habe in den besetzten ukrainischen Gebieten echte Referenden gegeben, bei denen die Menschen irgendeine Wahl hatten. Es ist tatsächlich Wahnsinn.“

Steve Witkoff im Gepräch mit Tucker-Carlson: Ukraine wirft ihm Russland-Nähe vor

„Wir wollen, dass Russland bis zu einem gewissen Punkt zufrieden ist, wir wollen, dass die Ukraine bis zu einem gewissen Punkt zufrieden ist. Und wir reden mit den Europäern“, meint Witkoff zwar. An einem anderen Punkt rühmt er sich aber einer Dominanz über Wladimir Putin, die für westliche Beobachter schlicht nicht zutreffend ist: „Ich denke, wir haben Russland bereits auf eine Art in Bewegung gesetzt, die nie jemand für möglich gehalten hätte“, meint er, Bezug nehmend auf die 30-tägige Pause in Angriffen auf Energieinfrastruktur in der Ukraine und Russland. Beobachter hatten danach vielfach geurteilt, Trump habe sich von Putin einnehmen lassen.

Auch gilt das Zugeständnis Russlands für viele Beobachter nicht so viel, weil auch die Ukraine zuletzt erfolgreich russische Energieinfrastruktur angegriffen hatte. Das ukrainische Medienportal RBC Ukraine stellt außerdem fest, dass Witkoff ziemlich alleine da steht mit seiner Einschätzung, Russland werde einlenken. Das letzte Kreml-Statement nach dem Telefonat zwischen Putin und Trump hatte Bedingungen enthalten, die einen Waffenstillstand für die Ukraine mehr oder minder unmöglich machen, weil sie einem Aufgeben ohne weitere Möglichkeiten der Verteidigung gleichkämen.

Witkoff über vertrauliches Gespräch zwischen Putin und ihm

Das letztendliche Ziel sei ein Waffenstillstand für 30 Tage, währenddessen man einen permanenten Waffenstillstand diskutieren werde, so Witkoff nämlich im Gespräch mit Carlson. „Wir sind nicht weit davon entfernt. Aber wir müssen jetzt herausfinden, was die Bedingungen auf dem Schlachtfeld sind.“ Die seien nämlich an den „50, 60, 70 oder 80 Kampfgebieten“ entlang der 2000 Kilometer langen Grenze sehr unterschiedlich.

Wieder einmal stellt er dann seine Nähe zu Putin dar, indem er von einem vertraulichen Gespräch berichtet: „Putin hat mich in einer Besprechung gefragt: ‚Was mache ich, wenn ich in einer bestimmten Region die Menschen eingekesselt habe, sie aber nicht aufgeben wollen? Töte ich sie alle? Wie kriege ich sie dazu, aufzugeben, Steve? Ich bin froh, wenn ich nicht alle töten muss.‘“

Das osteuropäische Nachhrichtenportal nexta TV kommentiert auf X: Die USA haben nun mehr pro-russische Narrative als Russland selbst. Das Interview sei „schockierend“, weil es in vielen Punkten Unwissenheit Witkoffs enthüllt. Außerdem habe Witkoff erwähnt, dass Putin für Trump „als Freund“ nach dem Attentatsversuch auf Trump gebetet habe. Widerspruch oder Einordnung kommt von Witkoff auch an dem Punkt nicht, an dem der rechtsextreme Moderator Carlson dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj die politische Legitimität abspricht. (kat)