Synagoge Berlin Brunnenstraße
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Die Synagoge in der Berliner Brunnenstraße wurde in der Nacht zum Mittwoch zum Ziel eines Brandanschlages.

Brandanschlag auf Synagoge in Berlin

Immer mehr antisemitische Gewalt in Deutschland durch Israel-Krieg – „Werden Neukölln zu Gaza machen“

  • VonKilian Beck
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Antisemitische Gewalttaten nehmen zu. Im Bundestag sind sich die Parteien einig, es muss gehandelt werden. Doch wie?

Berlin – Ein versuchter Brandanschlag auf eine Synagoge, hunderte Festnahmen und brennende Barrikaden bei einer verbotenen antiisraelischen Demonstration in Neukölln. Davidstern-Markierungen an Wohnhäusern von Berliner Jüdinnen und Juden sorgen für Angst in der jüdischen Gemeinschaft. Antisemitische Gewalt in Deutschland nimmt nach dem Angriff der islamistischen Terrororganisation Hamas auf Israel zu. Vergangene Woche, rief die Hamas zum „Tag des Zorns“ einem globalen antisemitischen Pogrom auf. Wie man dagegen halten könnte, diskutierten am Mittwoch die Parteien im Bundestag.

Scholz: Anschläge gegen jüdische Einrichtungen und Angriff auf Synagogen „niemals hinnehmen“

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte: „Es ist ganz klar, dass wir nicht hinnehmen werden und niemals hinnehmen werden, wenn gegen jüdische Einrichtungen Anschläge verübt werden“. Alexander Hoffmann (CSU) sagte im Parlament, es sei „abscheulich“, wenn der Hamas-Terror bejubelt, und Wohnhäuser von Juden „mit dem Davidstern gebrandmarkt werden“. Wenn Terroristen morden, sei es „Zeit für Haltung“, nicht für ein „ja, aber“, sagte Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) und betonte: „Nichts bietet eine Rechtfertigung für diese Attacken“.  

Nach Angriffen auf Synagoge: Grüne stellen Zusammenarbeit mit manchen Islamverbänden in Frage

Martin Hess (AfD) sprach von „widerwärtigen islamistischen Judenhass“, der sich Bahn breche. Lamya Kaddor (Grüne) bezeichnete die Glorifizierung des Hamas-Terrors und die Gewalt gegen Jüdinnen und Juden als „unerhörte Schande“. Sie begrüßte die Verurteilung des Terrors durch einige Islam-Verbände. Bei denen, die sich nicht klar, von Gewalt und Antisemitismus distanzierten, stellte sie infrage, ob die Zusammenarbeit „wie bisher weiterlaufen kann“.

Brandanschlag auf Synagoge in Berlin: Jüdische Gemeinde warnt vor Gewalt

Im Fall des versuchten Brandanschlags auf die Synagoge in der Berliner Brunnenstraße ermittelt inzwischen die Generalstaatsanwaltschaft. Nach dem, was bisher bekannt ist, sollen zwei Vermummte Brandsätze auf die Kahal Adass Jisroel Synagoge geworfen haben. Nach Angaben von Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) kamen die Tatverdächtigen wegen des Wachschutzes nicht so nah heran, dass sie das Gebäude hätten treffen können. Die Jüdische Gemeinde hofft auf Solidarität der Berliner. „85 Jahre nach der Reichspogromnacht sollen in Deutschlands Hauptstadt Synagogen wieder brennen“, warnte der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Gideon Joffe.

Molotowcocktails, Palästina-Demo und Anschläge: „Drastische“ Zunahme antisemitischer Vorfälle seit Beginn des Israel-Krieges

Bundesweit nahmen antisemitische Vorfälle seit dem blutigen Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober drastisch zu. Allein die Berliner Polizei registrierte mehr als 360 Straftaten im Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg. In 121 Fällen handele es sich um Gewaltdelikte. Zudem seien 110 Sachbeschädigungen seit dem 7. Oktober erfasst worden.

Telegram-Aufruf zu Palästina-Demo: „Wir werden Neukölln zu Gaza machen“

Auf der Neuköllner Sonnenallee kam es in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag zu einer erneuten Eskalation der Pro-Palästina-Demos. Aus der verbotenen Demonstration heraus flogen Pyrotechnik und Steine auf Polizisten. Laut Polizeiangaben kam es zu 174 Festnahmen und 65 verletzten Beamten. Wie der „Tagesspiegel“ berichtet, kam es vorher in einer einschlägigen Telegram-Gruppe zum Aufruf: „Wir werden Neukölln zu Gaza machen“. Ein dpa-Reporter schilderte brennende Autos, Barrikaden und Autoreifen sowie Stein-, Flaschen- und Pyrotechnikwürfe.

Erneut eskalierte in der Nacht zum Donnerstag eine Pro-Palästina-Demonstration in Berlin-Neukölln

Nach Ausschreitungen bei Palästina-Demo: CSU fordert Staatsbürgerschafts-Aberkennung

CSU-Politiker Hoffmann forderte, Asylstatus und Bleiberecht an ein „Bekenntnis zum Existenzrecht Israels“ zu koppeln. Außerdem war sein Vorschlag, zu ermöglichen, die Staatsbürgerschaft derer einzuziehen, die durch „antisemitische Haltungen“ auffielen. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Innenministerium Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD) kündigte unterdessen an, „alle rechtlichen Möglichkeiten“ zur Ausweisung von Hamas-Unterstützern zu nutzen. Außerdem setze man auf Versammlungsverbote und „hartes Durchgreifen“ der Polizei.

„Wir dürfen diese Menschen nicht sehenden Auges einer sehr wahrscheinlichen Menschenrechtsverletzung aussetzen“

Migrationsrechts-Professorin Anuscheh Farahat zum Spiegel

In Artikel 16 Absatz 1 des Grundgesetzes steht klar und deutlich: „Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden.“ Die Völker- und Migrationsrechts-Professorin Anuscheh Farahat erklärte kürzlich im Spiegel, dass auch Abschiebungen von Menschen, die Sympathie mit der Hamas bekundeten, kaum möglich seien dürften. Erstens brauche es „eine aktive Unterstützung“, beispielsweise durch Spenden, um einen Aufenthaltstitel einzuziehen. Zweitens sei relativ klar, dass man nicht in die Palästinensischen Gebiete abschieben könne: „Wir dürfen diese Menschen nicht sehenden Auges einer sehr wahrscheinlichen Menschenrechtsverletzung aussetzen“, sagte Farahat.