Besuch in Peking

„Verletzt unsere Sicherheitsinteressen“: Baerbock kritisiert Chinas Unterstützung für Russland

Annalena Baerbock hat in Peking ihren chinesischen Amtskollegen davor gewarnt, Russland weiter zu unterstützen. Der fordert die Außenministerin auf, ihre „Wahrnehmung zu korrigieren“.

Während Bundeskanzler Olaf Scholz am Montag überraschend in Kiew eintraf, besuchte seine Außenministerin einen Ort, den man durchaus als Nebenschauplatz des Ukraine-Kriegs bezeichnen kann: In Peking kam Annalena Baerbock mit ihrem chinesischen Amtskollegen Wang Yi zusammen, zu „intensiven“ Gesprächen auch über Chinas Rolle im russischen Angriffskrieg.

China dürfe „Konflikte, die unserer aller Sicherheit bedrohen, nicht mit Unterstützung noch weiter befeuern“, sagte Baerbock nach dem Treffen mit Wang. „Drohnen aus chinesischen Fabriken und nordkoreanischen Truppen, die den Frieden mitten in Europa angreifen, verletzen unsere europäischen Kern-Sicherheitsinteressen.“ Dass Nordkoreaner im Ukraine-Krieg kämpften, sei zudem nicht im chinesischen Interesse, so Baerbock vor Journalisten. „Der russische Präsident zerstört nicht nur unsere europäische Friedensordnung über seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine, sondern zieht jetzt über Nordkorea auch Asien mit hinein.“

Baerbock in China: Peking unterstützt Russland im Ukraine-Krieg

Die chinesische Regierung gilt als einer der engsten Verbündeten des Kreml und unterstützt Russland diplomatisch und wirtschaftlich, aber auch mit der Lieferung von Gütern, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können. Ohne China, so Experten, könnte Moskau seinen brutalen Angriffskrieg nicht in der Intensität führen, wie es das seit bald drei Jahren tut.

Außenministerin Baerbock hat am Montag mit ihrem chinesischen Amtskollegen Wang Yi auch über Chinas Rolle im Ukraine-Krieg gesprochen.

Peking sieht das naturgemäß völlig anders. So erklärte Wang laut chinesischen Staatsmedien in dem Gespräch mit Baerbock, Deutschland müsse seine „Wahrnehmung korrigieren“: „China ist eine Kraft des Friedens, des Wachstums und der Stabilität in der Welt“, behauptete der Außenminister.

Auch die vor Kurzem eingeführten Ausgleichszölle der EU auf chinesische E-Auto-Importe waren in Peking Thema. Deutschland hatte sich bei der Abstimmung über die Zölle zwar enthalten, vor allem die Grünen hatten aber für eine Zustimmung geworben. Die EU wirft der chinesischen Regierung vor, ihre Autobauer mit unfairen Subventionen in Milliardenhöhe zu unterstützen, um ihnen einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Bereits vor Abflug hatte Baerbock erklärt, Deutschland werde es „nicht dulden, wenn andere zum Schaden deutscher und europäischer Industrie die internationalen Spielregeln verletzen“, etwa „durch staatlich subventionierte Überproduktion“. In Peking konterte Wang nun, „die hohen Ausgleichszölle der EU auf chinesische Elektroautos verstoßen gegen die Grundsätze des fairen Wettbewerbs und des freien Handels“.

Nach Ampel-Aus reist eine angeschlagene Baerbock nach China

Bei ihrem letzten Peking-Besuch war Baerbock noch derart selbstbewusst aufgetreten, dass sie sich von ihrem Gegenüber vor der versammelten Presse vorwerfen lassen musste, als „Lehrmeisterin aus dem Westen“ aufzutreten. Nun kam Baerbock als Mitglied einer in Auflösung begriffenen Bundesregierung nach Peking. In zwei Wochen wird Olaf Scholz im Bundestag die Vertrauensfrage stellen, Ende Februar finden aller Voraussicht nach Neuwahlen statt. Baerbocks Grüne stehen in den Umfragen derzeit bei rund zwölf Prozent, die Wahrscheinlichkeit, dass die Außenministerin in ein paar Monaten noch im Amt ist, ist gering. Keine guten Voraussetzungen also, um den Machthabern in Peking auf Augenhöhe zu begegnen.

Auch in China hat man den Bruch der Ampel-Koalition genau beobachtet. Von Häme war in der offiziellen Berichterstattung zwar wenig zu spüren, obwohl Pekings Propagandamaschinerie sonst keine Gelegenheit auslässt, das Volk auf die vermeintlichen Mängel von westlichen Demokratien hinzuweisen. Man darf aber davon ausgehen, dass man in Peking froh darüber war, es mit einer Außenministerin auf Abruf zu tun zu haben. Peking betrachtet die Grünen als treibende Kraft hinter der China-kritischen Politik der Ampel-Regierung. Auch dürfte man in Peking mitbekommen haben, dass Baerbock ihren letzten China-Besuch vor anderthalb Jahren als „zum Teil mehr als schockierend“ bezeichnet hatte.

Dass freilich auch eine Autokratie wie die chinesische vor politischen Erdbeben nicht gefeit ist, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass Baerbock in Peking nun einem anderen Außenminister gegenübersaß als noch bei ihrem letzten China-Besuch. Im April 2023 war sie noch mit Wang Yis Vorgänger Qin Gang zusammengekommen. Der verschwand wenige Wochen später aus der Öffentlichkeit, wurde schließlich ohne Angaben von Gründen aus dem Amt entfernt – und seitdem nicht mehr gesehen. (sh)

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