Krieg in Israel
Kämpfe eskalieren: Angst vor Krieg zwischen Israel und der Hisbollah wächst
- VonKilian Beckschließen
Israelische Amtsträger warnen die Hisbollah vor einem Krieg. Deren Führer drohte bereits damit. Noch wirkt die Abschreckung der USA.
Tel Aviv – Klare Warnung aus Tel Aviv: Sollte die internationale Gemeinschaft die islamistische Hisbollah-Miliz nicht von der israelisch-libanesischen Grenze „entfernt“ halten, so werde Israel das „selbst übernehmen“, sagte der israelische Kriegskabinettsminister Benny Gantz laut dem britischen Guardian. Gantz im Lichte von immer heftiger werdenden Scharmützeln zwischen der Hisbollah und dem israelischen Militär. Anscheinend hängt die Geduld der israelischen Führung am seidenen Faden. Armeesprecher Daniel Hagari warnte am Montag (18. Dezember) vor einem Krieg, in den die Hisbollah als „Stellvertreter des Irans“ den Libanon hineinziehe. Droht der Krieg in Israel jetzt zu einem Flächenbrand zu werden?
Hisbollah-Führer Nasrallah drohte mit „Ausweitung“ des Krieges
Seit dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober herrscht weltweit die Sorge, dass die Hisbollah sich am Angriff auf Israel beteiligt. Der Führer der Hisbollah, Hassan Nasrallah schwieg lange, Anfang November, äußerte er sich dann doch. Damals drohte er Israel mit einer „Ausweitung“ des Krieges. Seitdem sind die Kämpfe im Grenzgebiet laut dem Guardian intensiver geworden. Vier israelische und 14 libanesische Zivilisten seien in den letzten Wochen getötet worden. Zudem seien drei Journalisten bei israelischen Angriffen gestorben. In einer Umfrage des Israel Democracy Institutes, die Mitte November erhoben wurde, sprachen sich 52 Prozent der Befragten für eine zweite Front im Norden aus.
Experte sieht Gefahr durch Netanjahu
Nahost-Experte Andreas Böhm von der Universität St. Gallen sah im Interview mit fr.de von IPPEN.MEDIA die Verantwortung für eine mögliche Eskalation hauptsächlich bei Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Es sei sein „Ziel, im Amt zu bleiben, auch wenn dies bedeutet, dass der Konflikt länger anhält oder gar eskaliert“, sagte Böhm Mitte November. Netanjahu kämpft in diesem Krieg auch ums politische Überleben, eine Mehrheit der Israelis hielt ihn bereits Anfang Dezember für „ungeeignet“ für sein Amt. Böhm betonte, dass das riesige Raketenarsenal der Hisbollah eine gewisse Abschreckungswirkung auf Netanjahu habe. Auf der anderen Seite der Grenze regiert nominell der libanesische Nadschib Miqati, der den Libanesen „nicht zusichern“ könne, dass die Hisbollah weiterhin „rational und überlegt“ handeln werde.
Aktuell seien die Hisbollah und der Iran „noch abgeschreckt“, sagte Emile Hokayem, von der Denkfabrik International Institute for Strategic Studies, dem Guardian. Doch sollte Israel die Hisbollah groß angelegt bekämpfen, so werde die es „als existentiellen Krieg begreifen“ und es werde „die Hölle losbrechen“.
1,5 Millionen Vertriebene im Libanonkrieg 2006
Die schiitisch-islamistische Hisbollah-Miliz ist eng mit dem Mullah-Regime in Teheran verbunden, besonders in ihrem Hass auf Israel. Im Süden des Libanons gilt sie als Staat im Staat mit weitgehenden Einfluss. Ihr politischer Arm sitzt im libanesischen Parlament. Praktisch übt sie in vielen Bereichen mehr politische Macht aus, als der libanesische Zentralstaat. Israel führte zuletzt 2006 Krieg gegen die Hisbollah. Damals entführten die Islamisten zwei israelische Soldaten, um Gefangene freizupressen. Daraufhin begann Israel einen Krieg, wegen des eine halbe Million Israelis und eine Million Libanesen vertrieben wurden. Beide Zahlen sind zeitgenössische Regierungsangaben.
Bilder zeigen, wie der Krieg in Israel das Land verändert




Noch wirkt die US-Abschreckung durch Flugzeugträger
Der Krieg endete mit einer Ausweitung des Mandates der UN-Blauhelmtruppe UNIFIL im Libanon. Die besteht aus gut 11.000 Soldaten aus mehr als drei Dutzend Nationen. Sie sind hauptsächlich im Südlibanon stationiert. Ihr Auftrag ist die Waffenstillstandslinie an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon zu überwachen. Laut Bundeswehrangaben sind gerade etwa 300 deutsche Soldaten vor Ort. In die Kämpfe direkt eingreifen, kann und wird die UNIFIL nicht, das wäre gegen ihr Mandat. Um Stabilität durch Abschreckung an der Nordgrenze Israels zu schaffen, entsandte die US-Marine bereits kurz nach Kriegsbeginn eine Trägerkampfgruppe vor die Küste der beiden Länder. Noch wirkt das. (kb)
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