Analyse

Brandenburg-Wahl: Klatsche für die CDU – „Es gibt keinen Merz-Effekt“

  • Andreas Schmid
    VonAndreas Schmid
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Die CDU in Brandenburg steht vor einem historischen Tiefpunkt. Ist Friedrich Merz mit seiner Kanzlerkandidatur der Grund dafür? Politikanalysten bewerten das Wahlergebnis.

Die Christdemokraten in Brandenburg scheinen auf das schlechteste Ergebnis in einer ostdeutschen Landtagswahl zuzusteuern. Nach ersten Prognosen erzielen sie bei der Wahl in Brandenburg weniger als zwölf Prozent. Dies geschieht kurz nachdem Friedrich Merz seine Kanzlerkandidatur verkündet hat.

Nach der ersten Prognose im ZDF bezeichnete CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann das Ergebnis als eine „bittere Niederlage, da ist nichts dran schönzureden“. Doch wer trägt die Verantwortung für dieses schlechte Abschneiden?

Der Politikwissenschaftler Dr. Martin Gross sieht Merz nicht als Schuldigen. „Am Ende war das eine Landtagswahl. Bundespolitik oder die Ernennung von Friedrich Merz haben da keine große Rolle gespielt“, äußert sich Gross im Gespräch mit IPPEN.MEDIA. Gross, Privatdozent und Akademischer Rat am Geschwister-Scholl-Institut für Politikwissenschaft an der LMU München, ist der Meinung: „Es gibt keinen Merz-Effekt, weder positiv noch negativ.“

Auch Jürgen Falter, Politikwissenschaftler an der Uni Mainz, kann keinen „Merz-Effekt“ feststellen. „Es war nicht unbedingt ein Fehlstart für Friedrich Merz. Aber es hat sich gezeigt, dass seine Nominierung als Kanzlerkandidat der CDU bei der Brandenburgwahl keine größere Rolle gespielt hat. Es war ein sehr polarisierender Wahlkampf, der klar auf die Frage zugespitzt war: SPD oder AfD? Darunter hat die CDU gelitten.“ Falter betont, dass die Bundes-CDU und Merz keinen Einfluss auf die Landtagswahl hatten.

Und auch der Potsdamer Politikwissenschaftler Werner Krause urteilt im Gespräch mit IPPEN.MEDIA klar: Die CDU habe nicht von einem Merz-Effekt profitieren können – gleiches gelte gleichwohl für die SPD und einen etwaigen „Scholz-Effekt“.

Brandenburg-Wahl: „Ich würde das Ergebnis weniger Friedrich Merz anlasten als tatsächlich Michael Kretschmer“

Gross von der LMU sieht das schlechte Abschneiden auch als Folge eines schwachen Wahlkampfs der Landes-CDU. „Es war kein guter Wahlkampf mit einem Spitzenkandidaten, den erst kein Mensch kannte und der dann plötzlich doch sehr bekannt und wurde, als er alkoholisiert auf dem E-Roller erwischt wurde.“ CDU-Spitzenkandidat Jan Redmann wurde im Wahlkampf mit 1,3 Promille auf einem E-Scooter von der Polizei gestoppt.

Gross sah es als vorhersehbar an, dass die CDU in Brandenburg kein herausragendes Ergebnis erzielen würde. Dies liegt jedoch nicht an Merz, so der Experte. „Ich würde das Ergebnis weniger Friedrich Merz anlasten als tatsächlich Michael Kretschmer.“ Sachsens CDU-Ministerpräsident Kretschmann hatte kurz vor der Wahl seine Unterstützung für SPD-Spitzenkandidat Dietmar Woidke bekanntgegeben. „Dass man dazu aufruft, eine andere Partei zu wählen, führt bei anderen Parteimitgliedern normalerweise zu einem Parteiausschlussverfahren“, sagt Gross. „Ich glaube nicht, dass das innerhalb der CDU kritiklos hingenommen wird.“

Die Landtagswahlen im Osten gelten in Berlin als letzter großer Stimmungstest vor der Bundestagswahl 2025. Bei der Landtagswahl in Sachsen konnte die CDU die AfD überholen. In Thüringen landete sie zwar deutlich hinter den Rechtspopulisten, wird aber wahrscheinlich mit Mario Voigt den Ministerpräsidenten stellen. In Brandenburg ist das ausgeschlossen. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass die CDU weiterhin in der Regierungsverantwortung bleibt. Dies geschieht zusammen mit der SPD, die laut ersten Ergebnissen vor der AfD den Wahlsieg erringt.

Es könnte sogar zu einer Großen Koalition aus SPD und CDU kommen. Als mögliche Dreierkoalition gilt die Fortsetzung der „Kenia-Koalition“ aus SPD, CDU und Grünen (sofern die Grünen in den Landtag einziehen) sowie ein Bündnis aus SPD, CDU und BSW. Das kürzlich neu gegründete „Bündnis Sahra Wagenknecht“ erzielte bei seiner ersten Brandenburg-Wahl mehr als zwölf Prozent und liegt damit wahrscheinlich vor der CDU.

Rubriklistenbild: © picture alliance/dpa | Fabian Sommer