Um Ihnen ein besseres Nutzererlebnis zu bieten, verwenden wir Cookies.
Durch Nutzung unserer Dienste stimmen Sie unserer Verwendung von Cookies zu.
Weitere Informationen
Alice Weidel und Elon Musk live auf X: Hohe Strafe könnte nach Interview drohen
Alle Autoren
schließen
Sonja Thomaser
Paula Völkner
Stephanie Munk
Elon Musk und Alice Weidel am Donnerstag live auf X: das Interview wird von der EU sorgfältig überwacht, Forderungen nach strengeren Regeln nehmen zu.
Update vom Freitag, 10. Januar, 19.00 Uhr: Die Europäische Kommission weist Äußerungen von AfD-Chefin Alice Weidel zur Überwachung der Plattform X durch mehr als hundert EU-Mitarbeiter zurück. „Das ist falsch“, sagte ein Sprecher der Brüsseler Behörde. Es gehe nicht darum, den Inhalt des Livestreams zu überwachen oder darauf zu reagieren. „In diesem Zusammenhang sprechen wir von zwei oder drei Mitarbeitern, die die Systeme rund um den Livestream in ihrer beruflichen Funktion überwachen.“ Zu den Systemen würden etwa der Algorithmus oder Empfehlungssysteme einer Plattform gehören.
Weidel sprach von „Zensur der freien Rede“
Weidel hatte im Talk mit dem US-Milliardär Elon Musk auf dessen Plattform X gesagt, dass 150 Bürokraten der Europäischen Union das Gespräch anhören würden, „um dieses lächerliche Gesetz über digitale Dienste durchzusetzen“. Das sei nichts anderes als eine Zensur der freien Rede.
Insgesamt gibt es laut Kommission rund 150 Mitarbeiter, die sich mit allen Aspekten der Durchsetzung des Gesetzes über digitale Dienste beschäftigten. Diese Mitarbeiter würden aktiv an der Überwachung der Einhaltung des DSA durch die Plattformen und an den verschiedenen laufenden Verfahren arbeiten.
Alice Weidel und Elon Musk im Live-Interview auf X
Erstmeldung: Brüssel/Berlin – Der reichste Mann der Welt, Elon Musk, bietet der AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel am 9. Januar eine beispiellose Plattform: Auf seinem Social-Media-Dienst X wird Musk ein Interview mit Weidel führen und die weltweit rund 240 Millionen Nutzerinnen und Nutzer können live dabei sein.
Dass Musk kein neutraler Interviewpartner für Weidel ist, ist klar: Kurz vor der Bundestagswahl gab er bereits eine Empfehlung zur Wahl der AfD auf, beleidigte gleichzeitig Kanzler Olaf Scholz und Bundespräsident Steinmeier. Und am Tag vor dem Live-Interview auf X rief er Alice Weidel in einem X-Post zur möglichen deutschen Kanzlerin aus.
Elon Musk und Alice Weidel live mit Interview auf X: Was sind die Grenzen des deutschen Rechts?
Viele fragen sich: Darf Elon Musk das? Gewarnt wird vor einer unzulässigen Einflussnahme in den Wahlkampf in Deutschland, noch dazu von einem milliardenschweren Mann, der in den USA sitzt und als einer der engsten Vertrauten des künftigen US-Präsidenten Donald Trump seine ganz eigenen Interessen verfolgt.
Medienrechts-Experte Matthias Kettemann von der Universität Innsbruck sagt: Musk darf das. „Niemand kann Musk verbieten, so ein Gespräch zu organisieren“, so der Rechtsexperte gegenüber FR.de von IPPEN.MEDIA. Elon Musk sei „Eigentümer einer mächtigen Kommunikationsplattform, aber eben nicht Inhaber eines Fernsehsenders und auch kein dem deutschen Medienrecht unterworfener Journalist“, erläutert er.
Interview von Musk und Weidel live auf X: Medienrecht greift nicht für Online-Plattformen
In Deutschland gelten zwar strenge Regeln, wie viel Raum Rundfunksender den einzelnen Parteien vor einer Bundestagswahl einräumen dürfen, diese Neutralitätspflichten würden aber nicht für Online-Plattformen gelten. Dies sei so, „weil Online-Plattformen noch immer recht neu sind und das Medienrecht sie nicht so ganz in den Griff bekommt“, so Kettemann.
Allerdings: Das Interview von Musk mit Weidel auf X könnte gegen das Parteiengesetz verstoßen und als illegale Parteispende gelten. Der Bundestag hat angekündigt, dies zu prüfen.
Musk-Interview live auf X mit Alice Weidel: EU hat Mittel, Plattform zu bestrafen
Auch die EU verfügt durchaus über Instrumente, um Musk zwar nicht am Weidel-Interview zu hindern, aber ihn immerhin im Nachhinein dafür zu bestrafen. Deshalb wird ein Team von 150 Personen das Live-Gespräch zwischen Musk und Weidel genauestens verfolgen.
Weniger geht es dabei um Inhaltliches, sondern um Technisches: Die EU will kontrollieren, mit welchem Algorithmus X den Livestream mit Musk und Weidel an seine mehr als 100 Millionen Nutzerinnen und Nutzer in der EU verbreitet, heißt es in einem Bericht des US-Magazins Politico.
Verschafft Elon Musk Alice Weidel mit Live-Interview einen Vorteil vor der Bundestagswahl?
Im Fokus stehe, ob Musk mit dem Live-Interview Alice Weidel einen unfairen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Kandidierenden vor der Bundestagswahl in Deutschland verschafft. Der Algorithmus könnte einerseits so manipuliert sein, dass Inhalte, die Musk selbst veröffentlicht – wie das Weidel-Interview – prominenter ausgespielt werden als andere. Oder er könnte so gestaltet sein, dass er Alice Weidel eine größere Reichweite auf X verschafft als Kandidaten wie Friedrich Merz, Olaf Scholz oder Robert Habeck. „Dies würde als unfairer Vorteil gelten und könnte als Verstoß gegen das EU-Social-Media-Recht gelten“, heißt es bei Politico.
Denn: Innerhalb der EU gibt es Regeln für Online-Plattformen wie X. Aufgeschrieben sind sie im Social-Media-Gesetz der EU und im Digital Services Act. Die EU verfügt demnach über „weitreichende Befugnisse“, um zu kontrollieren, ob Musk diese Regeln im Fall des Livestreams mit Weidel befolgt. Sie kann Büros von X durchsuchen, interne Korrespondenz einsehen und Zugriff auf den Algorithmus zur Verbreiterung des Weidel-Interviews verlangen.
Elon Musk: Erst US-Schattenpräsident – und jetzt Trump-Gegenspieler?
Musk könnte nach Weidel-Interview auf X zu Geldstrafe verdonnert werden
Strafen für Musk werde es nicht sofort geben, falls er gegen EU-Regeln verstößt, heißt es. Doch während des Live-Interviews mit Weidel würden eventuell Beweise gesammelt, um ein laufendes Verfahren der EU gegen X zu untermauern. Die Europäische Gemeinschaft beschuldigte Elon Musk im Juli 2024 offiziell, EU-Regeln auf X nicht eingehalten zu haben. Eine Entscheidung der EU-Kommission dazu soll bald kommen.
Sollte die Kommission Musk für sein Verhalten auf X bestrafen, wäre das eine Premiere in der Anwendung des Digital Services Act. Musk könnte dann zum Beispiel dazu verdonnert werden, sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes von X als Strafe zu zahlen.
Auch Rechtswissenschaftler Kettemann sieht gegenüber IPPEN.MEDIA in EU-Verordnungen den Weg, um Musks Einflussnahme in die deutsche Politik einzudämmen. Seit 2024 seien Transparenz und Targeting politischer Werbung auf Online-Plattformen wie X klaren Regeln unterworfen.
Ist Live-Interview von Elon Musk und Alice Weidel eine illegale Parteispende?
Einen weiteren Ansatzpunkt, gegen Musk und sein Live-Interview mit Alice Weidel vorzugehen, sieht die Organisation Lobby Control, die sich gegen Einflussahme auf Politik einsetzt. „Bei dem geplanten Gespräch zwischen Elon Musk und Alice Weidel könnte es sich sogar um eine illegale Parteispende handeln“, schreibt Aurel Eschmann von Lobby Control in einer Pressemitteilung.
Musk habe klar das Ziel ausgegeben, die AfD vor der Bundestagswahl zu stärken. Dafür setze er seine mächtige Onlineplattform X ein. Lobby Control vermutet, dass Musk seinen Einfluss auf den X-Algorithmus nutzen wird, um Alice Weidel und dem Livestream mehr Aufmerksamkeit zu schaffen als anderen X-Usern. „Insofern kann man hier durchaus von politischer Werbung sprechen, denn die Plattform X verkauft eine solche Reichweite normalerweise für sehr viel Geld“, so der Verein. Wahlwerbung durch Dritte würden aber seit 2024 als Parteispende gelten, und Parteispenden aus dem Nicht-EU-Ausland seien verboten. Da Musk und X in den USA sitzen, würde also ein Verstoß vorliegen.
Interview von Elon Musk mit Alice Weidel: Bundestag leitet Prüfung ein
Die Bundestagsverwaltung hat tatsächlich inzwischen eine Prüfung eingeleitet, ob es sich bei dem Musk-Weile-Interview um eine illegale Parteispende handeln könnte. Es werde „derzeit eine Sachverhaltsklärung durchgeführt“, sagte ein Bundestagssprecher der Nachrichtenagentur AFP.
Lobby Control fordert insgesamt „ein deutlich härteres Vorgehen gegen die politisch einseitige Social-Media-Plattform X“ in Europa. Denn es gehe bei Maßnahme gegen das Live-Gespräch mit Weidel „um die Rettung unserer demokratischen Öffentlichkeit vor der Einflussnahme durch einen US-Techmilliardär.“ (Paula Völkner/Stephanie Munk)