Kurz nach Verhandlung

Nawalny sagt Putin aus der Haft den Kampf an: „Menschen gegen Krieg aufbringen“

  • Stefan Schmid
    VonStefan Schmid
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Nach einer Gerichtsverhandlung kündigt der inhaftierte Alexej Nawalny einen harten Wahlkampf gegenüber Russlands Präsident Putin an.

Moskau/Melechowo - Obwohl Putin-Gegner Alexej Nawalny bereits seit über zwei Jahren in Haft sitzt, wird dieser nicht müde, sich weiterhin politisch klar gegen den russischen Präsidenten und dessen System zu positionieren. Nach der Verhandlung eines weiteren gegen ihn laufenden Prozesses, wendet sich Nawalny an die Öffentlichkeit, der er einen Wahlkampf gegen die Politik Wladimir Putins und den „Apparat des Kriegs“ ankündigt.

Erneuter Prozess gegen Nawalny – Anklage in sieben Punkten

Gerichtstermine stellen für den russischen Oppositionsführer Alexej Nawalny beinahe schon eine traurige Routine dar. Nachdem er bereits in Haft gesessen hatte, wurde er im März 2022 zu neun weiteren Jahren Gefängnis verurteilt. Nun ist ein weiterer Prozess, zum Großteil unter Ausschluss der Öffentlichkeit, gegen den 47-Jährigen im Gange. Über den von seinen Anwälten betreuten Twitter-Account vergleicht er die Sammlung der Verhandlungen gegen ihn mit trivialeren Leidenschaften: „Manche Menschen sammeln Briefmarken. […] Ich habe eine wachsende Sammlung von erstaunlichen Gerichtsverhandlungen.“

Im aktuell laufenden, im Straflager von Melechowo abgehaltenen Prozess werden Nawalny sieben Anklagepunkte zur Last gelegt. Darunter die Finanzierung von Extremismus, die Gründung einer extremistischen Organisation sowie die Verharmlosung des Nazismus. Nawalny weist dies Vorwürfe von sich, könnte im Falle einer Verurteilung jedoch bis zu 30 weiteren Jahren Haft verurteilt werden.

Nur ein Teil des aktuellen Prozesses gegen Alexej Nawalny wurde in einen Presseraum übertragen, die restliche Anhörung ging unter Ausschluss der Öffentlichkeit vonstatten.

Nawalny kündigt Kampf gegen „den Apparat des Kriegs, der Korruption und der Dummheit“ an

Alexej Nawalny nutzt die durch einen erneuten Prozess erzeugte internationale Aufmerksamkeit jetzt, um den Beginn eines neuen Projektes einzuleiten. Kurz nach der Anhörung am Montag, 19. Juni, wurde auf seiner Website eine im Kontext der anstehenden Präsidentenwahlen 2024 stehende Kampagne angekündigt.

In der Mitteilung positioniert sich der inhaftierte Oppositionelle klar gegen den Angriffskrieg auf die Ukraine und verspricht dabei „einen langen, hartnäckigen, anstrengenden, aber grundlegend wichtigen Wahlkampf, in dem wir die Menschen gegen den Krieg aufbringen werden.“ Es sei weiterhin wichtig, sich gegen „den Apparat des Kriegs, der Korruption und der Dummheit“ unter der Führung von Wladimir Putin entgegenzustellen.

Alexey Nawalny ist zu einer Verhandlung am 24. Mai über einen Bildschirm zugeschaltet.

Wahlkampf gegen Putin auch aus dem Gefängnis mit höchstmöglicher Qualität

In der über seine Anwälte publizierten Mitteilung verspricht Nawalny einen Wahlkampf, der „nach den Gesetzen und Strategien qualitativ hochwertiger Wahlkampagnen“ geführt werden wird. Man wolle „einen Wahlkampf gegen den Krieg führen. Und gegen Putin.“ Als Zielgruppe seines Projektes will Nawalny nicht nur zivile Kräfte mobilisieren, sondern auch „hunderttausende von Soldaten ansprechen, die mit eigenen Augen gesehen haben, wie das Putin-Regime wirklich ist.“

Während Wladimir Putin sich bezüglich einer weiteren Kandidatur für die im nächsten Jahr angesetzte Präsidentenwahl bedeckt hält, zeigt sich ein Nawalny-Vertrauter im FR-Interview zuversichtlich, was die freie Zukunft Russlands anbelangt. (sch)

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