Debatte um Parteiverbot

Verfassungsrichter warnt vor einem Verbot der AfD

  • Nils Thomas Hinsberger
    VonNils Thomas Hinsberger
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Seit 68 Jahren wurde in Deutschland keine Partei mehr verboten. Doch die Forderungen nach einem AfD-Verbot werden immer lauter – keine gute Idee, wie ein Verfassungsrichter findet.

Karlsruhe – Es ist noch gar nicht so lange her. Vor etwa drei Monaten waren die Straßen der Bundesrepublik gefüllt von Menschen, die sich gegen Rechtsextremismus und für ein Verbot der AfD einsetzten. Grund war ein geheimes Treffen in Potsdam zwischen mehreren Rechtsextremisten und einzelnen Mitgliedern der AfD. Dabei soll es auch um die „Deportation“ deutscher Staatsbürger mit Migrationshintergrund gegangen sein, wie eine Recherche von Correctiv offenlegte.

Um die in Teilen rechtsextreme Partei ist es seitdem nicht ruhiger geworden. Die beiden Spitzenkandidaten für die Europawahl, Maximilian Krah und Petr Bystron, stehen unter Verdacht, Kontakte zum Kreml-nahen Medium „Voice of Europe“ unterhalten zu haben. Bystron soll sogar Geld angenommen haben. Außerdem wird ein Mitarbeiter Krahs verdächtigt, für den chinesischen Geheimdienst spioniert zu haben. Und wäre das alles nicht genug, hat das Oberverwaltungsgericht in Münster die AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall bestätigt – all das hat eine neue Debatte über ein mögliches AfD-Verbot losgetreten.

Parteien fordern AfD-Verbot – Bundesverfassungsgericht mahnt zur Zurückhaltung

Der sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz hat angekündigt, so schnell wie möglich einen Verbotsantrag gegen die AfD zu stellen. „Mein Wunsch ist es, dass wir den Verbotsantrag noch vor der parlamentarischen Sommerpause einbringen“, sagte er gegenüber Zeit Online. Er gehe davon aus, dass man der Partei nur noch gerichtlich entgegentreten könne, vor allem im Osten Deutschlands. „Die AfD ist eine große Bedrohung“, so Wanderwitz.

Der Europawahl-Spitzenkandidat Maximilian Krah (l.) auf der Bühne mit den AfD-Bundesvorsitzenden Tino Chrupalla und Alice Weidel.

Die Grünen hatten sich bereits vor der Überprüfung der AfD durch das Oberverwaltungsgericht für ein Verbotsverfahren ausgesprochen. Die „Remigrations-Pläne“ oder „dass einige Abgeordnete aus Russland finanziert werden“ sollen, seien für Till Steffen, Bundestagsabgeordneter der Grünen, genug Gründe für ein Verfahren, sagte er T-Online.

Doch ganz so einfach sei das mit dem Parteienverbot nicht, bemerkt der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Stephan Habarth, im Gespräch mit der Zeit. „Es darf keine politische Auffassung einfach mundtot gemacht werden, weil sie den Herrschenden nicht passt“, so der Verfassungsrichter. Ein Parteiverbot sei immer „das letzte Mittel, zu dem gegriffen werden kann“.

„Ohne Parteiverbot zurechtgekommen“ – Verfassungsrichter zu möglichem AfD-Verbot

In der Bundesrepublik Deutschland wurden bislang lediglich zwei Parteien verboten. Laut Bundesinnenministerium betraf das die Sozialistische Reichspartei (SRP) und die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD). Seit dem Jahr 1956 hat das Bundesverfassungsgericht damit keine weitere Partei mehr verboten.

80.000 Hessen protestieren gegen Rechts

Mehr als 1000 Menschen demonstrieren in Offenbach gegen rechts und die AfD.
Mehr als 1000 Menschen demonstrieren in Offenbach gegen rechts und die AfD. © Max Schäfer
Mehr als 1000 Menschen demonstrieren in Offenbach gegen rechts und die AfD.
Mehr als 1000 Menschen demonstrieren in Offenbach gegen rechts und die AfD. © Christian Reinartz
Mehr als 1000 Menschen demonstrieren in Offenbach gegen rechts und die AfD.
Mehr als 1000 Menschen demonstrieren in Offenbach gegen rechts und die AfD. © Christian Reinartz
Mehr als 1000 Menschen demonstrieren in Offenbach gegen rechts und die AfD.
Mehr als 1000 Menschen demonstrieren in Offenbach gegen rechts und die AfD. © Christian Reinartz
Mehr als 1000 Menschen demonstrieren in Offenbach gegen rechts und die AfD.
Mehr als 1000 Menschen demonstrieren in Offenbach gegen rechts und die AfD. © Max Schäfer
Mehr als 1000 Menschen demonstrieren in Offenbach gegen rechts und die AfD.
Mehr als 1000 Menschen demonstrieren in Offenbach gegen rechts und die AfD. © Christian Reinartz
In Frankfurt kamen so viele Demonstranten, dass der Römerberg schon vor Beginn der Kundgebung gefüllt war.
In Frankfurt kamen so viele Demonstranten, dass der Römerberg schon vor Beginn der Kundgebung voll war. © Dennis Pfeiffer-Goldmann
„Rassisten sind keine Alternative“, heißt es auf einem Schild bei der Demo gegen Rechts in Frankfurt.
„Rassisten sind keine Alternative“, heißt es auf einem Schild bei der Demo gegen Rechts in Frankfurt.  © Dennis Pfeiffer-Goldmann
Römer, Paulsplatz und die umliegenden Straßen waren gefüllt von Demonstranten bei Demo gegen Rechts in Frankfurt.
Römer, Paulsplatz und die umliegenden Straßen waren gefüllt von Demonstranten bei Demo gegen Rechts in Frankfurt.  © Koala Kollektiv
Ein Schild bei der Demonstration in Frankfurt gegen Rechts.
Ein Schild bei der Demonstration in Frankfurt gegen Rechts. © Dennis Pfeiffer-Goldmann
Tausende Menschen haben sich bereits zur Demo gegen Rechts auf dem Frankfurter Römerberg versammelt.
Tausende Menschen haben sich bereits zur Demo gegen Rechts auf dem Frankfurter Römerberg versammelt. © Boris Roessler/dpa
Tausende Menschen haben sich bereits zur Demo gegen Rechts auf dem Frankfurter Römerberg versammelt.
Tausende Menschen haben sich bereits zur Demo gegen Rechts auf dem Frankfurter Römerberg versammelt. © Andreas Arnold/dpa
Ein Schild bei der Demonstration in Frankfurt gegen Rechts.
Ein Schild bei der Demonstration in Frankfurt gegen Rechts. © Dennis Pfeiffer-Goldmann
Blick auf die Demo in Kassel
Blick auf die Demo in Kassel.  © Matthias Lohr
15.000 Menschen haben in Kassel gegen Rechts demonstriert.
15.000 Menschen haben in Kassel gegen Rechts demonstriert. © Hagemann/Lohr/Weyh/Hein/Klement
15.000 Menschen haben in Kassel gegen Rechts demonstriert.
15.000 Menschen haben in Kassel gegen Rechts demonstriert. © Hagemann/Lohr/Weyh/Hein/Klement
15.000 Menschen haben in Kassel gegen Rechts demonstriert.
15.000 Menschen haben in Kassel gegen Rechts demonstriert. © Hagemann/Lohr/Weyh/Hein/Klement
15.000 Menschen haben in Kassel gegen Rechts demonstriert.
15.000 Menschen haben in Kassel gegen Rechts demonstriert. © Hagemann/Lohr/Weyh/Hein/Klement
15.000 Menschen haben in Kassel gegen Rechts demonstriert.
15.000 Menschen haben in Kassel gegen Rechts demonstriert. © Hagemann/Lohr/Weyh/Hein/Klement
Rund 12.000 Menschen demonstrieren aktuell in der Gießener Innenstadt gegen Rechtsextremismus, Faschismus und die AfD
Rund 12.000 Menschen demonstrieren aktuell in der Gießener Innenstadt gegen Rechtsextremismus, Faschismus und die AfD. © Marc Schäfer

„Insofern sind wir jedenfalls seit Ende der Fünfzigerjahre doch recht gut ohne den Ausspruch von Parteiverboten zurechtgekommen“, sagte Harbarth dazu. Er erkenne aber die „präventive Wirkung“ eines solchen Instruments an. Weil einzelne Parteien in Deutschland wesentlich stärker seien als in anderen Ländern, gehe hier von verfassungsfeindlichen Parteien auch ein höheres „Bedrohungspotential“ aus.

AfD mit Verfassung „nicht vereinbar“ – Verbot aber trotzdem keine gute Idee?

„Ethnischer Nationalismus“ würde sich in bestimmten Äußerungen von AfD-Mitgliedern widerspiegeln, sagt Rechtsextremismus-Experte Steffen Kailitz der taz. Damit bewege sich nicht mehr auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Ein sofortiges Parteiverbot halte er aber nicht für den richtigen Weg. Kailitz plädiert zunächst für einen Stopp der staatlichen Parteifinanzierung. Denn es sei „paradox“, einerseits Projekte gegen Rechtsextremismus zu fördern und andererseits „eine bald als gesichert rechtsextrem eingestufte Partei“ zu finanzieren.

Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD), halte von einem Verbotsverfahren jedoch gar nichts, wie er der Süddeutschen Zeitung im Januar mitteilte. Die Aussichten auf Erfolg seien zu gering. „Wenn wir eine Partei verbieten, die und nicht passt, die in Umfragen aber stabil vorne liegt, dann führt das zu einer noch größeren Solidarisierung mit ihr“, zitiert das Redaktionsnetzwerk Deutschland den Ostbeauftragten. (nhi)

Rubriklistenbild: © Carsten Koall/dpa

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