„Parteiverbot nicht zulässig“

„Ein für alle Mal klären“: AfD-Abgeordneter will Verbotsverfahren gegen seine Partei

  • Nils Thomas Hinsberger
    VonNils Thomas Hinsberger
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Die Forderungen nach einem Verbot der AfD werden immer lauter. Jetzt sprach sich ein AfD-Politiker für ein Verbotsverfahren aus – aber mit einem anderen Ziel.

Hannover – In Deutschland entbrannte eine Diskussion über ein Verbot der AfD, nachdem einige Mitglieder der Partei an einem geheimen Treffen mit Rechtsextremen teilgenommen hatten. Dort wurde unter anderem über Pläne gesprochen, wie man Millionen von Menschen aus Deutschland ausweisen könnte. Kritiker werfen der AfD vor, sie stehe nicht auf dem Boden des Grundgesetzes. Den Rufen nach einem Verbotsverfahren hat sich nun aber auch ausgerechnet ein Mitglied der AfD angeschlossen.

Denn Klaus Wichmann, parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Fraktion im niedersächsischen Landtag, hofft, dass die Debatte so ein Ende finden könnte. „Für uns als AfD wäre es gut, wenn diese Frage ein für alle Mal geklärt wäre“, sagte Wichmann gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung.

AfD-Politiker über Verbotsverfahren – „Parteiverbot ist nicht zulässig“

Die Entscheidung über ein Verbot der AfD wird vom Bundeserfassungsgericht getroffen. Wichmann zeigt sich bei einem eventuellen Verfahren siegessicher. „Ich bin mir zu 100 Prozent sicher, dass die Richter zu dem Ergebnis kommen würden, dass ein Verbotsverfahren gegen die AfD nicht zulässig wäre“, sagte Wichmann.

Unliebsame Aufmerksamkeit für die AfD. Nach den Enthüllungen über ein Treffen mit Neonazis sieht sich die Partei massiver Kritik ausgesetzt. Sogar ein Parteiverbot steht im Raum.

Auch wenn ein komplettes Verbot der AfD nicht gelingen würde, könnte das kürzlich gefällte Urteil gegen die Partei die Heimat (ehemals NPD) als Grundlage für rechtliche Schritte dienen. So schlagen es beispielsweise SPD und Grüne vor. Am vergangenen Dienstag (23. Januar) wurde der rechtsradikalen Partei die Finanzierung auf sechs Jahre entzogen. Ein umfassendes Verbotsverfahren gegen die NPD scheiterte 2017. Die beiden Parteien aus der Ampel-Koalition würden darin einen Hebel sehen, der AfD ebenfalls die Gelder zu streichen.

Ob die AfD im Falle eines Verbotsverfahrens ein ähnliches Urteil erwarten kann, ist jedoch ungewiss. Die NPD wurde vor allem aufgrund ihrer geringen Größe nicht verboten. Die knapp 6000 Mitglieder hätten laut den Richterinnen und Richtern des Verfassungsgerichts keine wirkliche Gefahr dargestellt. Der Partei sei es nur in seltenen Fällen gelungen, die Fünf-Prozent-Hürde zu überschreiten, argumentierte das Gericht. Die AfD konnte auf kommunaler Ebene bereits erste Ämter besetzen und erreicht auf Bundesebene Umfragewerte über 20 Prozent. Außerdem kann die AfD etwa 40.000 Mitglieder vorweisen. Folgt man der Argumentation des Verfassungsgerichts, wären die Bedingungen für ein Verbot zumindest formal gegeben.

Petition forderte Entzug der Grundrechte für AfD-Rechtsaußen Höcke?

Während die einen ein Verbot der gesamten AfD fordern, zielen andere auch auf einzelne Mitglieder in der Partei. Dem Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke, der laut Gerichtsurteil offiziell als Faschist bezeichnet werden darf, wollen einige die Grundrechte entziehen. Eine entsprechende Petition auf der Internetseite von Campact haben bereits über eine halbe Million Menschen unterschrieben.

Zehntausende Menschen gegen Rechts: Die Bilder von den Demonstrationen am Sonntag

Tausende Menschen demonstrieren für Demokratie vor dem Reichstagsgebäude.
Berlin: Tausende Menschen demonstrieren für Demokratie vor dem Reichstagsgebäude.  © Kay Nietfeld/dpa
Teilnehmer verlassen die Demonstration gegen Rechts in München über die Leopoldstraße.
München: Teilnehmer verlassen die Demonstration gegen Rechts über die Leopoldstraße. © Sven Hoppe/dpa
Leipzig: Teilnehmer einer Kundgebung versammeln sich auf dem Marktplatz. In Leipzig hatten sich am Sonntag bei einer Demonstration gegen Rassismus, Faschismus, die AfD und für Demokratie nach ersten Polizeiangaben mehr als Zehntausend Menschen versammelt.
Leipzig: Teilnehmer einer Kundgebung versammeln sich auf dem Marktplatz. In Leipzig hatten sich am Sonntag bei einer Demonstration gegen Rassismus, Faschismus, die AfD und für Demokratie nach ersten Polizeiangaben mehr als Zehntausend Menschen versammelt. © Sebastian Willnow/dpa
Köln: Demonstrierende stehen vor der Bühne auf der Deutzer Werft (Luftaufnahme mit einer Drohne).
Köln: Demonstrierende stehen vor der Bühne auf der Deutzer Werft (Luftaufnahme mit einer Drohne). © Sascha Thelen/dpa
Berlin: Tausende Menschen demonstrieren für Demokratie vor dem Reichstagsgebäude.
Berlin: Tausende Menschen demonstrieren für Demokratie vor dem Reichstagsgebäude. © Carsten Koall/dpa
Offenbach: Zahlreiche Menschen versammeln sich zu einer Kundgebung gegen Rechtsextremismus auf dem Platz vor der Stadthalle.
Offenbach: Zahlreiche Menschen versammeln sich zu einer Kundgebung gegen Rechtsextremismus auf dem Platz vor der Stadthalle. © Andreas Arnold/dpa

Unterstützung erhält die Forderung jetzt von Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD). Er rate dazu, mit dem Antrag auf Grundrechtsverwirkung gegen Höcke vorzugehen. Auch ein Parteiverbot halte der Innenminister für denkbar. Gegenüber Zeit Online sagte Maier: „Wir müssen zwar mit politischen Argumenten die Inhalte der AfD zerlegen, aber gleichzeitig dürfen die demokratischen Parteien die beiden mächtigen Werkzeuge des Rechtsstaats, den Grundrechtsentzug nach Artikel 18 und ein Parteienverbot, nicht ausschließen.“ (nhi)

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