SpaceX-Satelliten stören
„Schlimmster Alptraum“ – Wie die „Starlink“-Satelliten von Elon Musk die Forschung stören
VonTanja Bannerschließen
Die Forschung ist schockiert von der zweiten Generation der „Starlink“-Satelliten: Ihre starke Strahlung stört empfindliche Radioteleskope. Wird eine Lösung gefunden?
Dwingeloo – Schon als die ersten „Starlink“-Satelliten von SpaceX in den Jahren 2019 und 2020 starteten, war es manchen Beobachtern klar: Das wird noch Ärger geben. Das Problem damals war in erster Linie die Helligkeit der Satelliten – sie waren sehr auffällig am Himmel zu sehen. Das störte nicht nur Himmelsbeobachter, sondern vor allem auch die Astronomie-Branche, die auf einen möglichst dunklen Himmel angewiesen ist.
An diesem Problem arbeitet SpaceX seither gemeinsam mit der Astronomie-Community. Doch nun macht ein Forschungsteam auf ein weiteres Problem aufmerksam, das vor allem die neue Generation der „Starlink“-Satelliten mit sich bringt. Gemeint sind die „Starlink“-Satelliten der Generation „V2-Mini“. Diese würden bis zu 32-mal hellere unbeabsichtigte Radiowellen aussenden als die Satelliten der vorherigen Generation, hat das Forschungsteam unter der Leitung von Cees Bassa herausgefunden.
„Starlink“-Satelliten senden unbeabsichtige elektromagnetische Strahlung aus
Um zu dieser Erkenntnis zu kommen, hat das Team das LOFAR-Radioteleskop genutzt und zwei Stunden lang Radiofrequenzen über und unter dem UKW-Band beobachtet. Dabei stellte das Team fest: Sowohl die „Starlinks“ der ersten als auch der zweiten Generation senden unbeabsichtigte elektromagnetische Strahlung aus. „Unsere Beobachtungen zeigen, dass die zweite Generation der ‚Starlink‘-Satelliten stärkere Emissionen über eine größere Anzahl von Frequenzen aussenden als die Satelliten der ersten Generation“, erklärt Bassa vom niederländischen Institut für Radioastronomie (ASTRON) in einer Mitteilung.
Für Astronomen ist das ein gewaltiges Problem, wie der Experte erklärt: „Im Vergleich zu den schwächsten astrophysikalischen Quellen, die wir mit LOFAR beobachten, ist die unbeabsichtigte elektromagnetische Strahlung von ‚Starlink‘-Satelliten zehn Millionen Mal heller. Dieser Unterschied ist vergleichbar mit den schwächsten, mit bloßem Auge sichtbaren Sternen und der Helligkeit des Vollmondes“, betont Bassa.
Strahlung der „Starlink“-Satelliten ist ein Problem für die Astronomie
Für den Wissenschaftler sind die Emissionen der „Starlink“-Satelliten „der schlimmste Alptraum“, wie er dem Magazin Science verriet. „Es ist etwas deprimierend, wie schnell es so schlimm geworden ist.“ Der Forscher fürchtet, dass das Problem noch schlimmer werden wird: „Da SpaceX jede Woche etwa 40 Starlink-Satelliten der zweiten Generation startet, verschärft sich dieses Problem zunehmend.“ Die Studie wurde im Fachjournal Astronomy & Astrophysics veröffentlicht.
Forscher mahnen eine Regulierung des Weltraums an, um weiter empfindliche Wissenschaften wie Radioastronomie betreiben zu können. „Die Menschheit nähert sich eindeutig einem Wendepunkt, an dem wir Maßnahmen ergreifen müssen, um unseren Himmel als Fenster zur Erforschung des Universums von der Erde aus zu erhalten“, sagt Federico Di Vruno, der an der Studie mitgearbeitet hat. Er ist sich sicher: „Satellitenunternehmen haben kein Interesse daran, diese unbeabsichtigte Strahlung zu erzeugen. Daher sollte die Minimierung dieser Strahlung auch eine Priorität in ihrer nachhaltigen Raumfahrtpolitik sein.“
Knapp 6400 „Starlink“-Satelliten kreisen im Erdorbit
Seit dem Start des „Starlink“-Projekts im Jahr 2019 umkreisen knapp 6400 der Satelliten die Erde und sorgen für schnelles Internet aus dem Weltall. Davon gehören bereits mehr als 2000 Satelliten zur zweiten Generation – und jede Woche werden es mehr, auch wenn SpaceX regelmäßig Satelliten durch einen gezielten Absturz entsorgt. Doch auch die verglühenden Satelliten können problematisch sein, wie eine Forscherin warnt.
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Auch andere Firmen haben große Satellitenkonstellationen in Planung oder haben bereits mit dem Betrieb begonnen. Der Satellit „BlueWalker3“ etwa stört durch seine Helligkeit, aber auch seine Strahlung. Bis zum Ende des Jahrzehnts könnte die Zahl der Satelliten im Erdorbit die 100.000er Marke überschreiten.
Problem mit „Starlink“-Satelliten wird immer akuter
Für die Forschung wird das Problem daher immer akuter. Die „Starlinks“ sind derzeit in der Mehrheit, SpaceX ist der größte Satellitenbetreiber der Welt. Di Vruno betont daher: „‚Starlink‘ ist nicht der einzige große Akteur im niedrigen Erdorbit, aber sie haben die Chance, hier den Standard zu setzen.“
Wie das Magazin Science berichtet, kennt SpaceX die neuesten Studienergebnisse bereits und will seine eigenen Tests durchführen. Anschließend sollen sich Forscher und SpaceX-Ingenieure zusammensetzen und ihre Ergebnisse vergleichen. „Wir freuen uns, zu helfen“, erklärt Phil Diamond vom geplanten SKA-Observatorium, der nicht an der Studie beteiligt war. „Hoffentlich kann es korrigiert werden“. (tab)
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