Frachter außer Kontrolle

Suche nach Ursache für Brücken-Unglück von Baltimore: Black Box ausgelesen – Schiff meldete Notfall

  • Romina Kunze
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  • Julian Mayr
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Ein Frachtschiff kollidierte mit einem Pfeiler einer Brücke in Baltimore und brachte diese zum Einsturz. Experten mutmaßen über die Ursache des falschen Kurses.

Update vom 28. März, 6.25 Uhr: Jetzt wurde die Black Box der „Dali“ ausgelesen. Und die Daten zeigen: Das Schiff hat per Funk Alarm geschlagen und um Hilfe eines Schleppers gebeten, wenige Minuten, bevor es in die Key Bridge krachte. Die Aufzeichnungen bestätigen auch, dass die Crew einen Stromausfall gemeldet hat.

Die Auswertungen präsentierten Bundesbeamte am Mittwoch auf einer Pressekonferenz. Zu diesem Zeitpunkt war der Einsatz in Baltimore bereits zu einer reinen Bergungsmission deklariert worden. Für diejenigen Menschen, die noch immer im kalten Wasser vermisst werden, gibt es keine Überlebenschancen mehr. Am Mittwoch bargen Rettungsteams zwei Leichen.

Aktueller Stand der Ermittlungen zum Baltimore-Unglück: Jennifer Homendy (Mitte), Vorsitzende des National Transportation Safety Board (NTSB), spricht auf einer Pressekonferenz mit dem leitenden Ermittler Marcel Muise (links) und NTSB-Mitglied Alvin Brown (rechts).

Verunreinigter Diesel die Ursache für das Schiffsunglück in Baltimore?

Update vom 27. März, 9.40 Uhr: Die Suche nach der Ursache für die fatale Kollision eines Frachtschiffs mit einer Brücke in Baltimore läuft weiter. Wie das Wall Street Journal schreibt, könnte verunreinigter Diesel zum Kontrollverlust über den Frachter geführt haben.

Die Maschinen des Schiffs hätten kurz vor dem Zusammenstoß „gehustet“ und plötzlich „gestoppt“, wie ein Crew-Mitglied gegenüber der US-Zeitung sagte. „Die elektronischen Systeme sind heruntergefahren und wir haben die Fähigkeit zu lenken verloren“, erklärte die Person weiter.

Die Key Bridge in Baltimore stürzte nach der Kollision mit der „Dali“ ein.

Der Frachter wurde bei seinem Halt im Hafen von Baltimore mit Treibstoff befüllt, ehe beim Verlassen des Hafens zu der Kollision kam. Eine offizielle Bestätigung für eine mögliche Ursache gibt es bislang noch nicht. Aktuell könne noch keine Ermittlung auf dem Schiff erfolgen, das noch immer zwischen dem Brückenpfeiler eingeklemmt ist.

Suche nach Ursache für Brücken-Unglück von Baltimore – Geheimdienst-Report publik geworden

Erstmeldung vom 26. März, 15.27 Uhr: Baltimore – Langsam nähert sich das riesige Frachtschiff der Francis Scott Key Bridge in Baltimore (USA). Doch anstatt zwischen den Pfeilern zu fahren, nimmt das Containerschiff unter singapurischer Flagge Kurs auf eine der Stützen. Videoaufnahmen zeigen, wie die Brücke binnen kurzer Zeit nach der Kollision mit dem Schiff in sich zusammenklappt. Wie konnte es zum Zusammenstoß kommen? Experten äußern sich zu möglichen Ursachen des Unglücks.

Brückeneinsturz in den USA: Bilder zeigen verheerendes Ausmaß in Baltimore

Die Karte zeigt, wo das Containerschiff „Dali“ die Brücke in Baltimore (USA) rammte (26.03.2024).
Die Karte zeigt, wo das Containerschiff „Dali“ die Brücke in Baltimore (USA) rammte (26.03.2024). © Grafik: A. Zafirlis; Redaktion: D. Loesche/dpa Infografik
Einsatzkräfte der Feuerwehr auf der Suche nach Vermissten nach Brückeneinsturz durch Kollision mit Frachtschiff in Baltimore
file7uq14z2v8cw1kvt5ooxf.jpg © EPA/JIM LO SCALZO
After math Kollision Schiff Dali mit Brücke in Baltimore Francis Scott Key Bridge
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Nach dem Brückeneinsturz in Baltimore waren Einsatzkräfte am Unglücksort zugegen, darunter auch die städtische Feuerwehr.
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Brücke in Baltimore
Nur noch Teile der Francis-Scott-Key-Brücke stehen, nachdem ein Containerschiff in Baltimore mit einem Träger kollidiert ist. © Steve Ruark/AP/dpa
USA Polizei sperrt Zufahrt zur Francis Scott Key Bridge in Baltimore
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Die Francis Scott Key Bridge ist teilweise eingestürzt, nachdem ein Containerschiff sie am gerammt hatte.
Die Francis Scott Key Bridge ist teilweise eingestürzt, nachdem ein Containerschiff sie gerammt hatte. © Francis Scott Key Live Camera/imago
Livestream Kamera zeigt die letzten Sekunden vor dem Einsturz der Francis Scott Key Bridge in Baltimore
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Brücke in Baltimore
Blick auf die Francis Scott Key Bridge in Baltimore (Archivbild). © Patrick Semansky/AP/dpa

Schiffskollision führt zu Brückeneinsturz in Baltimore: verschiedene Vermutungen über Unfallursache

Während der Rettungseinsatz vor Ort läuft und sich fast im Minutentakt neue Updates zu dem folgenschweren Brückeneinsturz ergeben, gibt es bereits zahlreiche Spekulationen, was für den Zusammenprall des Schiffs mit der Brücke verantwortlich sein könnte. Führte menschliches Fehlverhalten oder ein Versagen der Technik zu dem Unglück? War der ungewöhnliche Kurs des Schiffs in Richtung des Brückenpfeilers vielleicht sogar Absicht? Im Internet kursieren verschiedenste Vermutungen.

Dass es sich um absichtliches Fehlverhalten oder sogar einen Anschlag handle, gilt indes als unwahrscheinlich. Wie der US-Minister für innere Sicherheit, Alejandro Mayorkas, via X mitteilte, gebe es „keine Hinweise darauf, dass es sich um eine vorsätzliche Tat handelt“.

Bei Sky News hält David McFarlane, Experte für Sicherheit im Seeverkehr, ein Versagen der Schiffsmaschinen für plausibel. „Die wahrscheinlichste Ursache ist ein Versagen der Maschinen oder der Ruderanlage, aber das werden wir erst wissen, wenn die Behörden an Bord waren“, ist sich der Experte sicher. Menschlicher Fehler sei laut McFarlane hingegen weniger wahrscheinlich, da mehrere Personen im Dienst gewesen waren und entsprechende Fehler der Crew hätten auffallen müssen.

Mehrmaliger Stromausfall auf Frachtschiff vor dem Aufprall

Auch Videoaufnahmen des Reuters-Journalisten Matthew Keys deuten darauf hin, dass ein technisches Versagen der Auslöser für die Katastrophe gewesen sein dürften. Wie auf X geteilte Bilder zeigen, dürfte kurz vor dem Crash offenbar mehrmals der Strom auf dem Frachtschiff ausgefallen sein. Laut Keys sei dies auch von offizieller Stelle bestätigt worden.

Das Video zeigt, wie die Lichter zweimal flackern – offenbar kurze Stromausfälle. Dann steigen schwarze Rauchschwaden vom Schiff auf. Kurz vor dem Aufprall dürfte die Stromversorgung wieder instand gesetzt worden sein. Doch zu dem Zeitpunkt scheint ein Aufprall bereits unvermeidbar.

In einem Bericht des US-Geheimdiensts CISA (Agentur für Cybersicherheit und Infrastruktursicherheit) heißt es laut dem Sender ABC News, dass das Containerschiff Dali beim Verlassen des Hafens „den Antrieb verlor“ und die Behörden von Maryland von der Besatzung vor einer möglichen Kollision gewarnt wurden.

Unglück laut US-Minister „keine vorsätzliche Tat“ – menschliches Fehlverhalten dennoch nicht auszuschließen

Auch wenn technisches Versagen während der Fahrt letztlich zur Kollision geführt haben könnte: menschliches Versäumnis vor Reisestart könne dennoch eine Rolle gespielt haben: „Bevor ein Schiff ausläuft, müssen wir alle Elemente des Schiffes überprüfen“, zitiert BBC einen in Singapur ansässigen Schifffahrtsexperten, der anonym bleiben möchte. Wenn die Crew die Checkliste für die Abfahrt also abgehandelt habe, dann sei offensichtlich etwas übersehen worden, so der Experte.

Brückeneinsturz nicht erster Zwischenfall mit Frachtschiff - Letzte Untersuchung offenbarte keine Mängel

Wie CNN berichtete, soll das Frachtschiff „Dali“ bereits 2016 in einen Unfall im Hafen von Antwerpen in Belgien verwickelt gewesen sein. Dies bestätigte dem US-Sender auf Nachfrage auch die Hafenbehörde. Damals kamen offenbar keine Menschen zu Schaden, lediglich Teile des Rumpfes sollen beschädigt worden sein.

Letztmals inspiziert worden sei die „Dali“ laut CNN am 9. September 2023. Damals seien von der US-Küstenwache keine Mängel festgestellt worden. Nur wenige Monate zuvor hatten jedoch chilenische Behörden dem Schiff jedoch unter anderem Mängel bei Haupt- und Hilfsantrieb attestiert, berichtet der US-Sender.

Während erst weitere Untersuchungen ein vollständiges Bild des Unfallhergangs zeichnen werden können, wird in Baltimore derzeit eifrig nach Überlebenden des Brückeneinsturzes gesucht. Die Zeit für Vermisste drängt jedoch, im kalten Wasser des Patapsco River können diese nur wenige Stunden überleben.

Rubriklistenbild: © Jerry Jackson/Imago