Sie greift die Risikofaktoren an

Abnehmspritze gegen Demenz? Hoffnung für Alzheimer-Patienten durch Studie

  • Christoph Gschoßmann
    VonChristoph Gschoßmann
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Alzheimer und Übergewicht sind oft miteinander verbunden. Eine neue Studie behauptet, dass die Abnehmspritze mit dem Wirkstoff Semaglutid beides bekämpfen kann.

Cleveland – Kann eine Abnehmspritze auch als Mittel gegen Demenz wirken? Wissenschaftler haben entdeckt, dass Semaglutid, im Vergleich zu sieben anderen Diabetes-Medikamenten, dazu beitragen könnte, das Risiko von Alzheimer bei Menschen mit Typ-2-Diabetes zu reduzieren. Semaglutid, zuletzt von einer Expertin als riskant eingestuft, ist der aktive Bestandteil in den Diabetes-Medikamenten Ozempic, Rybelsus und Wegovy, wobei das letztere auch zur Gewichtsreduktion verschrieben wird.

Die Forschungsergebnisse der Case Western Reserve University in Cleveland, Ohio, wurden kürzlich in Alzheimer’s & Dementia: The Journal of the Alzheimer’s Association veröffentlicht.

Vergleich von Semaglutid mit sieben anderen Alzheimer-Medikamenten

Es ist bekannt, dass Menschen mit Typ-2-Diabetes ein erhöhtes Risiko haben, an Alzheimer zu erkranken. Alzheimer ist eine Form von Demenz, die das Gedächtnis und das Verhalten einer Person beeinträchtigt und für die es derzeit keine Heilung gibt. Wissenschaftler vermuten, dass dies auf einige der zugrunde liegenden Probleme im Zusammenhang mit Typ-2-Diabetes zurückzuführen ist – wie Fettleibigkeit, Herzerkrankungen und Bluthochdruck – die eine Person anfällig für Alzheimer machen können. Darüber hinaus kann Diabetes die Blutgefäße im Gehirn schädigen, was das Demenzrisiko einer Person weiter erhöhen kann.

Demenz im Alter vorbeugen: Zehn Tipps, mit denen Sie täglich Ihr Risiko senken können

Zwei Männer, die Kaffee trinken.
Kaffelieberhaber unter Ihnen wird es freuen: ein bis zwei Tassen des Wachmacher-Getränks können nachweislich das Risko einer Demenz senken. Zu viel Kaffeegenuss von über vier bis fünf Tassen hat hingegen einen gegenteiligen Effekt. „Es kommt auf die Ausgewogenheit an, daher ist mäßiger Kaffeekonsum in Ordnung, aber zu viel ist wahrscheinlich nicht zu empfehlen“, erklärt Dr. Kelsey R. Sewell vom Advent Health Research Institute in Orlando zu den neuesten Studienergebnissen, die am 30. Juli auf der „Alzheimer‘s Association International Conference (AAIC) 2024“ vorgestellt wurden. © Francesco Buttitta/Imago
Heidelbeeren in der Hand
Neben dem Kaffee zum Frühstück kann auch eine Handvoll Beeren (maximal 100 Gramm pro Tag) das Gehirn schützen. Dunkle Beeren wie Heidelbeeren und Schwarze Johannisbeeren sind nicht nur dank ihrer Polyphenole so gesund. Auch ihr hoher Anteil an Vitamin C reduziert nachweislich die Plaquebildung in den Gefäßen, was als Risikofaktor für Demenz gilt.  © Zoonar.com/Lev Kropotov/Imago
Omega-3-Fettsäuren in Zucht- und Wildlachs verhindern die Bildung von Blutgerinnseln und verhindern Arterienverkalkung.
Zum Mittag- oder Abendessen sollten Sie regelmäßig auf gesunde Fettsäuren setzen, die beispielsweise in Fisch und Olivenöl enthalten sind. Genießen Sie dazu bestimmte Gemüsesorten, insbesondere Zucchini und Auberginen, die reich an Stigmasterol sind und zellschützende Wirkung im Gehirn übernehmen. Eine gesunde Ernährung mit vorzugsweise mehrfach ungesättigten Fettsäuren wirkt sich zudem positiv auf die Cholesterinwerte aus. © foodandmore/Imago
Paar joggt
Für wen es am Morgen zu anstrengend ist, kann das Joggen oder Spazierengehen auf den Nachmittag oder frühen Abend verlegen. Schon 30 Minuten Bewegung und moderates Training pro Tag fördern die Durchblutung und unterstützen die Gehirnfunktion, was das Risiko für Demenz reduziert. © Moof/Imago
Frau am Computer unter Stress mit Kopfschmerzen
Steht ein Mensch unter häufiger Belastung und fühlt sich permanent gestresst, steigt der Blutdruck an. Dauerhaft erhöhter Blutdruck kann zu chronischen Durchblutungsstörungen im Gehirn führen und das Risiko für eine vaskuläre Demenz erhöhen. Chronischer Stress lässt zudem den Cortisolspiegel ansteigen, was das Gehirn schädigen kann. Bauen Sie rechtzeitig Stress ab und schützen das Gehirn, indem Sie sich regelmäßig Pausen gönnen und durch Entspannungstechniken wie Meditation, Yoga oder Atemübungen ergänzen. © AndreyPopov/Imago
Mann mit Kaffee beim Telefonieren
Stressfreie Pausen können Sie für einen Austausch mit Kollegen oder ein Gespräch mit der Familie sowie Freunden nutzen. Soziale Interaktionen sind für die Gesunderhaltung des Gehirns wichtig. Täglicher Kontakt zu Mitmenschen kann nicht nur die positive Stimmung erhalten, sondern fördert auch die kognitiven Fähigkeiten. Ein Mangel an sozialem Austausch kann laut einer Langzeitstudie der Fudan Universität in China mit der Zeit zu einem Abbau der grauen Hirnsubstanz führen und die Wahrscheinlichkeit einer späteren Demenzerkrankung um ca. 26 Prozent erhöhen. © X Resolution/IMAGO
Alzheimer disease AD, Asian elderly woman playing sudoku puzzle game to practice brain training for dementia prevention.
Wer seine freie Zeit lieber anders als mit Gesprächen füllen möchte, sollte öfters Bücher lesen, neue Fähigkeiten erlernen – das kann auch ein Musikinstrument sein – oder einfach Kreuzworträtsel sowie Sudoku lösen. Alle Aktivitäten, die Ihre geistige Flexibilität fördern, können das Demenzrisiko senken. © IMAGO
Frau hört über Kopfhörer Musik
Der wohlverdiente Feierabend darf dann auch ruhig öfters mit Musik eingeläutet werden! Diese fördert und verbessert kognitive Fähigkeiten. Doch Vorsicht: die Lautstärke sollten Sie eher gemäßigt wählen, um Hörverlust vorzubeugen. Schwerhörigkeit gilt als ein entscheidender Risikofaktor für Demenz, wenn sie nicht behandelt wird. Mediziner gehen davon aus, dass ein Hörverlust vermutlich zu Schäden im Gehirn führen kann. Wer bereits Schwierigkeiten mit dem Hören hat, sollte sich frühestmöglich mit einem Hörgerät behandeln lassen, um das Risiko einer Demenz zu senken. © adamgregor/Imago
Mann und Frau stoßen mit Alkohol an
Nach einem anstrengenden Tag gönnen sich so manche zur Entspannung gerne ein Glas Wein oder Bier. Regelmäßiger und hoher Alkoholkonsum kann jedoch eine frühe Demenz auslösen, wie die „Ärztezeitung“ berichtet. Alkoholmissbrauch ist einer französischen Studie zufolge mit 32 Millionen Personendaten eine entscheidende Ursache für eine früh beginnende Demenz vor dem 65. Lebensjahr, insbesondere bei Männern. © William Perugini/Imago
Paar schläft im Bett
Achten Sie zudem auf ausreichend erholsamen Schlaf von mindestens sieben bis acht Stunden, denn Schlafmangel kann die Bildung von schädlichen Proteinablagerungen im Gehirn fördern, die wiederum mit Alzheimer in Verbindung stehen. © Monkey Business 2/Imago

In der Studie untersuchten die Forscher die Krankheitsverläufe von etwa einer Million Menschen mit Typ-2-Diabetes in den USA über einen Zeitraum von drei Jahren, bei denen zuvor keine Alzheimer-Diagnose gestellt worden war. Sie verglichen das Auftreten von Alzheimer bei Semaglutid und sieben anderen Diabetes-Medikamenten: Insulin, Metformin, Dipeptidyl-Peptidase-4-Hemmer (DPP-4i), Natrium-Glucose-Cotransporter-2-Hemmer (SGLT2i), Sulfonylharnstoffe (SUs), Thiazolidindione (TZDs) und andere Glucagon-ähnliche Peptidrezeptor-Agonisten (GLP-1RA).

Semaglutid bekämpft Risikofaktoren von Alzheimer

„Semaglutid ist eine neue Generation von GLP-1RA zur Behandlung von Typ-2-Diabetes mellitus und Fettleibigkeit“, sagte Dr. Rong Xu, Professorin für Biomedizinische Informatik und Direktorin des Center for AI in Drug Discovery an der School of Medicine der Universität und Hauptautorin der Studie gegenüber Medical News Today. „Präklinische Beweise deuten darauf hin, dass Semaglutid vor Neurodegeneration und Neuroinflammation schützt. Darüber hinaus behandelt Semaglutid Fettleibigkeit, Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Rauchen und Alkoholkonsum, die alle Risikofaktoren für die Alzheimer-Krankheit sind“.

Das Medikament Ozempic basiert auf dem Wirkstoff Semaglutid und wird zur Kontrolle von Diabetes Typ 2 eingesetzt.

Das Medikament soll direkt oder indirekt auf veränderbare Risikofaktoren, Neurodegeneration und Neuroinflammation einwirken. Die Ergebnisse sind beeindruckend: Es gibt ein 40 bis 70 Prozent geringeres Alzheimer-Risiko durch Semaglutid, im Vergleich zu den anderen sieben Medikamenten. Dies gilt unabhängig vom Adepositas-Status, der Altersgruppe oder dem Geschlecht.

Alzheimer-Bekämpfung durch Semaglutid: „Vielversprechende Beweise“

Xu sagte: „Unsere Studie liefert vielversprechende Beweise aus der Praxis, die darauf hindeuten, dass Semaglutid bei der Vorbeugung oder Verlangsamung der Entwicklung von Alzheimer von Vorteil ist.“ Sie glaubt, dass Semaglutid „eine spannende Möglichkeit darstellt, Alzheimer vorzubeugen, zu verzögern und zu behandeln. Allerdings sind klinische Studien erforderlich, um die Wirkung zu bestätigen.“

Auch Verna Porter, Leiterin der Abteilung für Demenz, Alzheimer und neurokognitive Störungen am Pacific Neuroscience Institute des Providence Saint John’s Health Center in Santa Monica, Kalifornien, äußerte vorsichtigen Optimismus über die Ergebnisse. „Die mit Semaglutid verbundene signifikante Verringerung der Alzheimer-Inzidenz ist vielversprechend, insbesondere bei einer Hochrisikopopulation wie Patienten mit Typ-2-Diabetes mellitus“, sagte sie gegenüber Medical News Today. Sie sprach von einer wachsenden Zahl von Beweisen, die darauf hindeuten, „dass GLP-1-Rezeptoragonisten neuroprotektive Eigenschaften haben könnten, die Patienten über die Blutzuckerkontrolle hinaus zugutekommen könnten.“ Sie betonte ebenfalls die Notwendigkeit weiterer Forschung. (cgsc)

Rubriklistenbild: © Rolf Vennenbernd/dpa

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